Freitag, 29. März 2024

Archiv


Klingeln in der Angstkasse

Es wird als Angstkasse bezeichnet, wenn Banken Geld bei der Europäischen Zentralbank bunkern - allein am Wochenende waren es fast 821 Milliarden Euro. Wenn damit geliehenes Geld wieder an die EZB zurückfließt, verfehlt die "Dicke Bertha" ihre Wirkung. Aber ganz so einfach ist es nicht.

Von Michael Braun | 05.03.2012
    Sie holen sich das Geld von der EZB, zahlen ein Prozent Zinsen, und dann wissen sie nicht wohin damit, legen es für nur 0,25 Prozent Guthabenzins wieder bei der EZB an, nehmen also Verluste in Kauf. So sieht es auf den ersten Blick aus. In der Tat haben sich die Banken das billige Geld der Europäischen Zentralbank vorige Woche erst einmal gesichert. Nicht jede wusste damit sofort etwas anzufangen. Doch Gerüchte, die Liquidität von Stand heute: 820,8 Milliarden Euro, sei Vorsorge für die Folgen einer bevorstehenden Bankpleite, diese Gerüchte werden kaum mehr wahrgenommen am Markt. Sie werden nicht mehr geglaubt. Das heißt nicht, dass alles in Ordnung sei. Der Interbankenmarkt bleibe schwer gestört, erklärt Professor Horst Löchel von der Frankfurt School of Finance and Management:

    "Normalerweise ist es eben so: Eine Bank hat zu viel Geld, eine andere hat zu wenig. Und dieser Markt zwischen den Banken ist zusammengebrochen. Das sehen wir da dran, dass sehr viele Banken sehr viel Geld bei der Europäischen Zentralbank parken und eben nicht an andere Banken ausleihen, weil die Unsicherheit so groß ist: Wie stabil ist diese Bank, der ich mein Geld gebe?"

    Doch ganz ohne Wirkung bleibt die Kreditpolitik der EZB nicht. Denn wer Geld von der EZB nehme, müsse nicht identisch sein mit dem, der es dort anlege. Dazwischen könne durchaus was passieren, erklären Geldhändler: Banken, die Geld von der EZB genommen hätten, könnten es als Kredit an Unternehmen ausgeben. Oder sie könnten auslaufende Bankanleihen ablösen, weil neue Bankanleihen niemand mehr kaufen wolle. Oder sie könnten Staatsanleihen aus Italien, Spanien oder anderen Risikoländern kaufen, um eben das für ein Prozent hereingekommene Geld mit Gewinn anzulegen. Es könnte dann der Verkäufer dieser Anleihen sein, der die Einnahmen einstweilen bei der EZB parkt. Dass zwischen Kreditaufnahme bei der EZB und Geldanlage ebendort, etwas passiere, zeige sich zum Beispiel an den Renditen italienischer Staatsanleihen. Die sind seit Jahresanfang von gut sieben auf knapp fünf Prozent heute gesunken. Und das dürfte, ganz im Sinne der EZB, den Reformprozess in Italien stützen.