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Kochboxen
Hellofresh geht an die Börse

Halloumi-Auberginen-Burger oder Flammkuchen mit Pancetta: Das gibt es in dieser Woche bei einigen Hellofresh-Kunden. Das Berliner Unternehmen verschickt Kochboxen – Rezepte mit Zutaten, die genau für zwei oder vier Portionen reichen. Seit heute ist der Kochbox-Lieferant auch an der Börse. Taugt das Modell nachhaltig?

Von Mischa Ehrhardt | 02.11.2017
    Frankfurter Buchmesse 2017 in Frankfurt am Main, meinbild Aussteller HelloFresh *** Frankfurt Book Fair 2017 in Frankfurt at Main Exhibitors
    Frisch an der Börse mit frischem in der Kiste: HelloFresh (imago stock&people)
    Es war ein etwas beschwerlicher Weg auf das Börsenparkett für das Start-Up HelloFresh. Vor zwei Jahren versuchte sich das Unternehmen für über 2,5 Milliarden Euro zu verkaufen. Heute waren es – immerhin könnte man wohlwollend auch sagen – 1,7 Milliarden Euro, die das Unternehmen auf die Waagschale brachte. Der erste Kurs lag über dem Ausgabepreis der Aktien, als der Unternehmenschef die Börsenglocke läutete. Ausgelassene Gesichter der Mitarbeiter des Berliner Unternehmens auf dem Börsenparkett in Frankfurt – und auch Gründer und Chef des Unternehmens, Dominik Richter, zeigte sich zufrieden:
    "Super zufrieden. Wir sind vor weniger als sechs Jahren gestartet, jetzt an der Börse zu sein und jetzt nach den anstrengenden Wochen auf dem Parkett zu stehen, das ist ein tolles Gefühl."
    Und dieses Gefühl ist angemessen angesichts der Tatsache, dass der erste Kurs für die Aktien bei 10,60 Euro lag. Denn für 10,25 Euro waren die Papiere an Investoren gegangen - der Kurs ist also zum Debüt leicht gestiegen und damit der Börsengang im zweiten Anlauf gelungen. Oliver Roth, Aktienstratege im Handelshaus Oddo Seydler:
    "Beim jetzigen Börsengang hat man sich von Seiten des Managements neu orientiert und hat gesehen, was möglich ist. Man ist dann auf die Investoren zugegangen - und das hat geklappt. Das ist sowohl für Investoren vernünftig als auch für das Management."
    Verdoppelte Kundenzahl, hellwache Konkurrenz
    HelloFresh hat sich vor allem auf hungrige und gestresste Großstädter eingestellt. Anders als bei üblichen Essenslieferdiensten bestellen die Kunden bei HelloFresh keine fertigen Mahlzeiten, sondern deren Einzelteile – die Rezepte werden aber gleich mitgeliefert. Das ist so gesehen eine Mischung aus gesundem, selbst gekochtem Essen und dem Wunsch, das Ganze möglichst schnell und unkompliziert auf den Tisch zu bekommen. Nach Angaben des Unternehmens hat sich die Kundenzahl seit vergangenem Jahr auf 1,3 Millionen fast verdoppelt. Allerdings veröffentlicht das Unternehmen die genaue Entwicklung der Kundenzahlen nicht. Und auch die Konkurrenz schläft nicht.
    "Wir haben gesehen, dass Amazon in Amerika Wholefood, eine Lebensmittelhandelskette gekauft hat, die frische Sachen anbietet," meint Stefan Scharfetter, Aktienhändler bei der Baader Bank.
    "Und jetzt braucht man nur eins und eins zusammenzuzählen: dass Amazon auch in diese Lücke stoßen wird, und das nicht nur in Amerika, sondern sicherlich auch hier in Deutschland und die Aldis, Lidls und Rewes werden sich dieses Geschäft auch nicht durch die Lappen gehen lassen wollen."
    Es bestehen also für Anleger durchaus Risiken – Hellofresh zählt für die meisten Börsenprofis als Risikoinvestition. Umso mehr, als der Konzern aus dem Hause Rocket Internet stammt, einer Startup-Schmiede, der es höflich gesagt an Transparenz mangelt. Das mögliche Risiko im Falle HelloFresh konnte man in den vergangenen Monaten übrigens bei einem amerikanischen Konkurrenten studieren: Das Unternehmen Blue Apron hat wegen sinkender Kundenzahlen und drohender Konkurrenz durch den Online-Giganten Amazon seit dem Börsengang im Juni rund die Hälfte seines Börsenwertes eingebüßt.