Dienstag, 16. April 2024

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Kölner Grüngürtel
Adenauers Erbe in Gefahr

Der 1. FC Köln plant zurzeit ein Leistungszentrum und neue Fußballplätze und zwar auf dem Äußeren Grüngürtel in Köln. Die Grünanlage ist die wichtigste Grünfläche der Stadt und umrandet Köln beinahe lückenlos. Gegner des Vorhabens haben sich zu einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen. Aber auch Befürworter sammeln bereits Stimmen für die Erweiterung des Vereins.

Von Vivien Leue | 21.04.2016
    Eine herbstliche Allee am Decksteiner Weiher in Köln.
    Die Kölner sind stolz auf ihren Grüngürtel und die Naturflächen – mitten in der Stadt. (Imago/Manngold)
    Ein Nachmittag am Äußeren Grüngürtel in Köln. An der Ecke Militärringstraße/Gleueler Straße im Südwesten der Stadt liegt eine große Wiese, umrahmt von Waldzügen. Eine einsame Hasenfamilie hüpft über das Grün und Anwohner Friedmund Skorzenski erklärt, dass es diesen Grünzug schon seit mehr als 100 Jahren gibt:
    "Heute sagt man, dass dieser Kölner Grüngürtel in der Welt einmalig ist. Keine andere Stadt hat so etwas, weil er die Stadt so umgibt und von allen Plätzen so erreicht werden kann."
    Tatsächlich legt sich das Grün fast wie ein Gürtel um Köln – wenn auch nicht ganz komplett und mit einigen bebauten Flächen zwischendrin. Aber die Kölner sind stolz auf ihre Naturflächen – mitten in der Stadt.
    Am Grüngürtel liegt auch der andere große Stolz der Stadt: der 1. FC Köln, zurzeit im Mittelfeld der Fußball-Bundesliga, für viele Kölner aber im Herzen immer auf Platz 1. Der 1. FC Köln will jetzt wachsen, ein Leistungszentrum soll entstehen, dazu mehrere neue Fußballplätze. Und genau das bringt dem Traditionsverein nun Ärger – denn die neuen Sportflächen sollen auf der Wiese an der Gleueler Straße entstehen, ein Teil des Grüngürtels würde also bebaut.
    Für viele Anwohner ein Unding – sie haben eine Bürgerinitiative gegründet, um gemeinsam gegen die Pläne zu protestieren. Anwohner Friedmund Skorzenski ist ihr Sprecher: "Wir wollen keine Verdrängung des FC, der FC gehört zu Köln wie wir auch, aber wir wollen, dass die Erweiterungen an einem unempfindlichen Ort stattfinden."
    "Der Grüngürtel ist auch vorgesehen, um Sport zu treiben"
    Für den 1. FC Köln sind andere Standorte aber kein Thema. Sie seien geprüft worden, sagt Geschäftsführer Alexander Wehrle, aber nichts hätte wirklich gepasst. Denn der Verein will Jugend- und Profispieler an einem Standort zusammen trainieren und nicht quer verteilt über die Stadt. Außerdem hänge der FC an seinem Standort:
    "Weil wir hier zuhause sind, hier ist unsere Heimat, im Grüngürtel. Der Grüngürtel ist auch vorgesehen, um Sport zu treiben, insbesondere für den Breitensport. Und wir sind hier schon sehr lange zu Gast und wir wollen unsere Heimat eben auch nicht aufgeben, denn wir sind nach wie vor Begegnungsstätte für viele Fans des 1. FC Köln, für 80.000 Mitglieder und wir wollen uns nicht irgendwo außerhalb Kölns abschotten, wie das vielleicht andere Vereine tun, sondern wir wollen nach wie vor nahbar sein."
    Die Mitglieder der Bürgerinitiative können diese Argumente nicht verstehen. Der Verein könne doch sein Stadion und die bisherigen Plätze behalten, nur die neuen müssten ausgelagert werden. Ein getrenntes Vereinsgelände aber kann sich der 1. Köln nicht vorstellen – der Bundesliga-Verein will die Jugend ganz nah bei den Profis haben, auch, weil sich Talente so noch besser fördern lassen.
    Die Fronten scheinen verhärtet. Viele Bürger haben das Gefühl, für den 1. FC Köln würde in der Stadt alles möglich gemacht. Immerhin steht der Grüngürtel unter Denkmalschutz. Friedmund Skorzenski erzählt, dass der Wunsch nach einer beleuchteten Joggingstrecke am Waldrand von der Stadt abgelehnt wurde, außerdem durfte ein Bolzplatz für die Öffentlichkeit nicht errichtet werden. Und jetzt soll plötzlich für den 1. FC der Grüngürtel weichen, Flutlichtplätze entstehen? Viele Anwohner können das immer noch nicht fassen:
    "Als ich hier vor 11 Jahren hergezogen bin, habe ich auf den Stadtplan geguckt und fand diesen Grüngürtel genau das, was es wertvoll macht für mich mit dem Kind vom Land in die Stadt zu ziehen. Es ist einfach wirklich diese große freie Wiese, das ist nicht Restegrün irgendwo zwischen den Häusern."
    Beide Seiten sammeln Stimmen in Online-Petitionen
    "Und der Grüngürtel ist eben gerade durch die Wiese, Weiher, Bäume und die großen Flächen. Das ist das Wichtige, wenn man die Wiese wegnimmt, fehlt etwas Wichtiges in diesem Konzept."
    "Die ist besonders in den Sommermonaten sehr kühl, kühler als die anderen Plätze. Ich flüchte da immer hin, weil ich in einer sehr schrillen Gegend hier wohne und ich flüchte da immer hin. Das ist sozusagen mein Ausweichquartier für die Sommermonate."
    Mittlerweile haben beide Seiten Online-Petitionen gestartet. Mehr als 11.000 haben schon für die Bürgerinitiative unterschrieben, die große Mehrheit davon lebt auch in Köln. Der FC hat schon mehr als 19.000 digitale Unterschriften gesammelt, davon sind allerdings nur gut 6.000 von Kölnern.
    Beide Petitionen haben aber ohnehin nur Symbolcharakter, letztlich muss die Stadt Köln entscheiden, ob sie weitere Sportflächen am Grüngürtel bewilligt. Die Diskussion um die mögliche Erweiterung des Vereinsgeländes hat die Stimmung zwischen Anwohnern und dem 1. FC Köln aber jetzt schon spürbar getrübt, auch wenn die Mitglieder der Bürgerinitiative bekräftigen:
    "Es hat nichts mit dem FC zu tun, sondern nur mit dem Grüngürtel."
    "Wir wollen dem FC nichts wegnehmen, sondern wir wollen unser Grün, das für die Gesundheit und für die folgenden Generationen wichtig ist, erhalten."