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Silke Burmester
Preisverleihungen wie im 20. Jahrhundert

Selten für ihre Arbeit gewürdigt und auch in Reporterteams unterrepräsentiert - "Offensichtlich möchten Männer im Journalismus nicht mit Frauen zusammenarbeiten", findet unsere Kolumnistin Silke Burmester. Dabei könnten Männer doch sein wie sie wollen, auch wenn sie die Frauen mehr anerkennen.

Von Silke Burmester | 04.01.2018
    Gruppe Journalisten auf der Bühne bei der Verleihung
    Verleihung Deutscher Reporter-Preis - fast ohne Journalistinnen (Deutschlandradio / Daniel Wolcke)
    Hallo, liebe Hörerinnen und Hörer dieser kleinen Kolumne!
    Da bin ich wieder - der erste Einsatz in diesem Jahr.
    Zum Ende des letzten hat es ja noch mal ordentlich gerumpelt in der Medienschatulle.
    Die Auszeichnungen des Reporter-Preises wurden vergeben, und beim Blick auf die Anzahl der Frauen unter den Auszuzeichnenden - vier von 34 - wurde sichtbar: Irgendetwas stimmt hier nicht.
    Bzw. im System muss etwas schief laufen, wenn Frauen kaum Ehre zu teil wird. Ein ähnliches Ergebnis hatte etwa zuvor der Helmut-Schmidt-Preis geliefert. Dort waren von 14 ausgezeichneten Journalisten ganze zwei weiblich.
    Reporter-Teams meistens ohne Frauen
    Bei anderen Preisen sieht es nicht viel besser aus. Das regt auf. Vor allem Frauen. Und, die lieben Kolleginnen und Kollegen können sich sicher sein: Da wird sich dieses Jahr etwas tun. Viele von uns Journalistinnen haben die Schnauze voll. Wir wollen, dass über die strukturellen Ursachen geredet wird: Wer sitzt in der Jury? Wessen Blick liegen die Kriterien zugrunde, nach denen Texte bewertet werden? Wieso verringern Journalistinnen, die Mütter sind, ihre Chancen, Journalisten, die Väter sind, aber nicht? Und woran liegt es, dass Frauen vor allem dann ausgezeichnet werden, wenn sie über Männer schreiben?
    Noch etwas anderes aber wird bei diesen Preisverleihungen deutlich. Durch die neu gegründeten Investigativressorts, durch die Kooperationen, die Verlage und auch Sender in Punkto Recherche eingegangen sind, werden immer häufiger Teams ausgezeichnet.
    Wobei eben nicht "Personen" als Team zusammengefasst werden, sondern Männer. Beim Reporter-Preis etwa standen vier Teams auf dem Siegertreppchen. Insgesamt 19 Menschen. Eine einzige Gruppe hatte eine Frau dabei.
    Männer verderben es sich mit Frauen
    Beim Helmut-Schmidt-Preis waren es drei Arbeitsgruppen mit insgesamt 13 Leuten, eine einzige hatte Frauen darunter.
    Ich meine, wir reden über das Jahr 2017. Also nicht 1917, sondern 2017. 2017 und offensichtlich möchten Männer im Journalismus nicht mit Frauen zusammen arbeiten. In Deutschland. Nicht in Saudi-Arabien.
    Da muss man sich doch ernsthaft fragen, was haben die für ein Problem? Mit denen muss doch irgendetwas nicht stimmen. Da muss doch etwas sein, auf Grund dessen sie Angst haben, sich ins Aus zu bringen. Es sich zu verderben. Mit den Frauen. Denn darum geht es ja am Ende immer. Um die Partnerwahl. Hormone, Liebe, das ganze Gedöns.
    Appell an die Männer
    Was also, Kollegen, ist mit Euch los? Riecht ihr schlecht? Habt Ihr Euren Geschlechtstrieb nicht unter Kontrolle, wenn wir mit Euch Daten auswerten? Ruft Eure Mutter ständig auf dem Handy an? Warum in Gottes Namen, wollt Ihr so sehr unter Euch bleiben, dass Ihr auf unsere Fähigkeiten verzichtet? Den Umstand etwa, dass Frauen in vielen Situationen die besseren Türöffner sind, die geeigneteren Gesprächspartner oder vielleicht besser Auto fahren, als viele von Euch es tun?
    Ist es wirklich Eure Angst, dass wir Euch unattraktiv finden könnten, wenn wir mitbekämen, dass Ihr Fußballergebnisse im Kopf habt, über Grillsoßen redet und bei "E.T." weint? Keine Sorge, liebe Herren, das interessiert uns nicht die Bohne. Heult, schwatzt, furzt, wie Männer es tun, wenn sie sich wohl fühlen. Nur macht das bitte in Eurer Freizeit. Mit Euren Kindern, beim Zelten, am Grill, beim Friseur. Wenn wir über Journalismus reden, geht es um die Aufgaben die ihm innewohnen. Und wir Frauen möchten nichts mehr, als endlich unsere Arbeit machen.