
Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man eine ganze Reihe von Witzen machen, die auf das 49-Euro-Ticket, das Bahnfahren und den verspäteten Starttermin im April anspielen. Das wäre nicht unbedingt originell, läge aber auf der Hand. Nur angesichts der weitgehend ergebnislosen Verkehrsministerkonferenz ist die Lage dafür zu ernst. Denn immer deutlicher wird: viele Pläne aus dem Herbst zum 49 Euro Ticket entpuppen sich als überambitioniert und unterfinanziert.
Länger als geplant hatten die Verkehrsminister der Länder getagt, Bundesverkehrsminister Volker Wissing von der FDP wie immer Gast dabei – ohne Stimmrecht, aber natürlich mit Recht zur Mitsprache.
Einer der zähen Diskussionspunkte: Wer kommt dafür auf, wenn das 49-Euro-Ticket teurer wird als die bereit gestellten drei Milliarden Euro, die je zur Hälfte von Bund und Ländern getragen werden? Stichwort ist die Nachschusspflicht.
Die Länder boten an, die Hälfte möglicher Mehrkosten zu tragen. Doch der Bundesminister reagierte schmallippig, alle finanziellen Fragen seien doch Anfang November durch Ministerpräsidenten und Kanzler geklärt worden. Dort heißt es knapp, man werde 2024 über die Entwicklung der Regionalisierungsmittel und damit über die Zuschüsse vom Bund an die Länder sprechen.
Je länger die Debatte um das Nachfolge-Modell für das 9-Euro-Ticket dauert, desto mehr verdichtet sich der Eindruck, dass hier eine große Chance zur nachhaltigen Stärkung des Nahverkehrs vertan wird. Denn FDP-Verkehrsminister Volker Wissing und FDP-Finanzminister Christian Lindner wollen bei diesem Projekt nur so viel Geld locker machen, dass es gerade mal für Minimallösungen reicht. Heißt konkret: Abbestellungen von Bus- und Bahnlinien sind für die nächsten ein bis zwei Jahre erst mal vom Tisch, für eine zu Recht eingeforderte Ausbauoffensive, gerade auch abseits der Ballungszentren, fehlen die Mittel. Damit wird ein Ziel aus dem Koalitionsvertrag absehbar konterkariert, nämlich die Fahrgastzahlen im ÖPNV deutlich zu steigern. Ja, es ist richtig, auch die Länder sind hier in der Verantwortung, organisatorisch, finanziell, aber der Bund vergibt hier eine Chance, Impulse zu setzen. Gerade in einer Zeit, in der anderweitig Milliardenbeträge bewegt werden. Und noch dazu bei einem Thema, in dem sich viele Kernanliegen der Liberalen bündeln ließen: Digitalisierung, Klimaschutz ohne Verbote und die Verschlankung von bürokratischen Tarifstrukturen.
Ganze zweimal hatte die FDP den Begriff ÖPNV in ihrem Bundestagswahlprogramm stehen, einmal im Bezug auf das Verhältnis zu Taxi- und Fahrdienstleistern und einmal zur Verbesserung der Luftqualität in Städten. Im Ringen um das 49-Euro-Ticket wird man den Eindruck nicht los, dass die Liberalen hier fremdeln.


Nadine Lindner, Jahrgang 1980, studierte Politikwissenschaft, Afrikanistik und Journalistik in Leipzig und Lissabon. Nach Stationen beim Ausbildungssender der Universität Leipzig mephisto 97.6, der "FAZ" und dem MDR folgte ein Volontariat beim Deutschlandradio. Von 2013 bis 2015 war sie Landeskorrespondentin im Studio Sachsen. Heute arbeitet sie als freie Korrespondentin im Hauptstadtstudio und ist für die AfD sowie für die Verkehrspolitik zuständig.