
Nun geht das Rennen also in seine letzte Runde – doch im Grunde ist es schon gelaufen. Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, heißt Britanniens nächste Premierministerin Liz Truss. Ihr Konkurrent Rishi Sunak liegt in der Gunst der Tory-Basis weit abgeschlagen hinter ihr, und Tag für Tag verliert er weiter Stimmen. Das liegt an Fehlern, die er im Wahlkampf macht, aber mehr noch an den Treffern, die seine Konkurrentin bei den Parteimitgliedern landet.
Das sind rund 160.000 Briten, etwa 0,3 Prozent der Gesamtbevölkerung. Nach allem, was wir wissen, sind sie überwiegend älter, männlicher, weißer und wohlhabender als die britische Wählerschaft insgesamt, und natürlich sind sie stahlharte Brexiteers.
Dieser Klientel präsentiert sich die Außenministerin, die 2016 gegen den Brexit war, jedoch längst als ultraorthodoxe Verfechterin des EU-Austritts, bis in die Details ihrer Garderobe hinein als Wiedergängerin von Margaret Thatcher: klar, entschieden, immer zum Durchgreifen bereit.
Effektive Tiefschläge gegen Sunak
Dieser Parteibasis bietet Truss einfache Lösungen für komplexe Probleme an, allem voran Steuersenkungen in der schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten. Den Rest erledigt ihr stetig wachsendes Unterstützerteam mit Schlägen unter die Gürtellinie.
Zuletzt postete Kulturministerin Nadine Dorries ein Foto von Sunak als Brutus, wie der zurückgetretene Schatzkanzler Boris Johnson als Cäsar den Dolch in den Rücken stößt. Truss' Freunde zeichnen Sunak buchstäblich als Verräter, außerdem thematisieren sie die teuren Anzüge des superreichen Ex-Bankers und sein geschliffenes Auftreten. Damit stellen sie den Konkurrenten als Mitglied einer abgehobenen, internationalen Elite dar – so etwas kommt im populistischen Zeitalter ja meist gut an.
Und Rishi Sunak hat all dem wenig entgegenzusetzen. Er wirkt weniger zupackend als Truss, er redet weniger konkret als sie, es fällt ihm schwerer, sein Publikum zu packen. Weil er moderater auftritt, gilt Sunak auch als liberaler. Ob ihm das Pluspunkte einbringt?
Politisch stehen beide ganz weit rechts
Wer ihm deshalb die Daumen drückt, sollte jedenfalls gewarnt sein. Stilistisch mag es einen Unterschied machen, ob Liz Truss gewinnt oder Rishi Sunak. Doch politisch passt kaum ein Blatt zwischen sie. Beide kommen vom ganz rechten Flügel ihrer Partei, beide möchten Boris Johnsons Politik im Wesentlichen fortsetzen.
Nur die Steuern wollte Sunak mitten in der galoppierenden Inflation nicht so schnell senken. Aber wer will das schon hören? Am Wochenende ist er angesichts immer schlechterer Umfragewerte von seiner Position abgerückt.
Dieser U-Turn wird Sunak Glaubwürdigkeit kosten und deshalb wohl weitere Stimmen an der Parteibasis. Das Rennen geht in die letzte Runde – doch im Grunde ist es schon gelaufen.