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Kommentar
Wie die FIFA ihre trübe Vergangenheit zudeckt

Ihn interessiere nur die Zukunft, hat FIFA-Chef Sepp Blatter am Freitag gesagt. Das zeigt, wie er die Nachermittlungen zu den WM-Vergaben an Russland und Katar sieht: als überflüssige Indiskretionen im eigenen Korruptionssumpf. Tatsächlich tut die FIFA alles, um ihre trübe Vergangenheit abzudecken, kommentiert Thomas Kistner.

Von Thomas Kistner | 21.12.2014
    Das Fifa-Logo, daneben die Silhouette einer Person.
    FIFA: Der Fußball-Weltverband kommt nicht aus den Negativschlagzeilen raus. (picture alliance/dpa/Steffen Schmidt)
    Nun ist der nächste renommierte Mitstreiter ausgestiegen und hat die Selbstreform der FIFA als billige Show fürs Publikum entlarvt: Bei seinem Rücktritt bezeichnete Chefermittler Michael Garcia die FIFA als führungsschwach und nicht reformierbar. Garcia trat ab, nachdem die FIFA sein Veto gegen die Beurteilung durch Richter Hans-Joachim Eckert abwies. Der Münchner Eckert als Chef der rechtsprechenden Kammer befand Garcias Ermittlungsbericht als nicht ausreichend, um Russland oder Katar Korruption nachzuweisen. Zugleich weigert er sich strikt, Garcias Report publik zu machen. So, wie es der US-Anwalt gefordert hat.
    Nun ist Störenfried Garcia weg, und Blatter reagiert gerissen wie immer: Plötzlich plädiert seine Exekutive für die Freigabe der Ermittlungsakte. Was transparent klingen soll, ist nur der nächste Winkelzug. Blatter knüpft die Offenlegung ja daran, dass erst "alle Untersuchungen beendet" sein müssen. Das heißt, er kann nun alles selbst steuern - es laufen ja noch viele Ethik-Ermittlungen gegen Einzelpersonen, auch ist der Schweizer Bundesanwalt mit der Sache befasst. Das peinliche Korruptionsthema lässt sich also locker über den Termin hinaus verschieben, der Blatter allein interessiert: Der 29. Mai 2015. Da will er wiedergewählt werden.
    Richter Eckert als Sündenbock
    Zugleich schiebt die FIFA den Schwarzen Peter nun Richter Eckert zu. Den bezeichnete sie bisher stets als Entscheidungsinstanz in der Frage, ob Garcias Report publik gemacht werden darf. Eckert pochte dann stur auf Regel 36 des Ethikcodes, nach welcher der Bericht nicht publiziert werden könne. Auf diese Geheimhaltung muss Eckert jetzt aber weiter pochen, um als unabhängiger Richter glaubwürdig zu bleiben. Gibt er dem Kurswechsel nach, entlarvt er sich als Vollstrecker der Blatterschen Politik. Denn die Regel 36, auf die er sich so vehement bezieht, hat sich ja nicht verändert.
    FIFA-typisches Amüsement liefert daneben ein Gutachten, das Compliance-Chef Domenico Scala zu Eckerts Bewertung des Garcia-Reports anfertigen ließ. Darin bestätigen zwei Experten die Sichtweise des deutschen Richters. Ein Gutachter ist der deutsche Sportjurist Martin Nolte, der zweite ein Züricher Sportrechtler - den die FIFA aber nicht beim Namen nennt. Das ist bizarr: Gibt es da etwas zu verstecken? Kein Wunder, dass die FIFA-Gutachter Eckerts milde Sichtweise teilen. Sie stören sich auch nicht an der absurden Geschichte der russischen WM-Bewerber. Die wollen ihre Kandidatur, Putins Milliardenprojekt, über geliehene Computer gelenkt haben - und die sind nach Rückgabe an den Besitzer leider, leider zerstört worden. Daher gibt es kaum Daten zu den siegreichen Russen. Wer solche Stories glaubt, glaubt auch an den Weihnachtsmann.