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Kommt das Ende der Mitte-Rechts-Koalition?

"Napalm-Wahlkampf", "politische Krebszellen", "Penthouse-Sozialisten": Ausdrücke, die in diesen Tagen aus den Mündern österreichischer Politiker zu hören sind. Das Land erlebt zur Zeit einen ungewöhnlich harten Wahlkampf. Österreich steht am kommenden Sonntag vor einer Richtungswahl.

Von Martin Haidinger | 28.09.2006
    Die Wahlen zum Nationalrat, der Bundeskammer des Parlaments, werden erweisen, ob Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) mit seiner christdemokratischen Volkspartei jenen Kurs fortsetzen kann, den er vor sechs Jahren in Koalition mit Jörg Haiders FPÖ eingeschlagen hat und der schon einmal vom Wähler verlängert wurde. Er besteht im Wesentlichen aus Finanzreformen, die das Wirtschaftswachstum begünstigen und den Standort Österreich in Europa festigen, das aber um den Preis von Sparkursen im Sozial-, Medizin- und Bildungsbereich. Auch die von Finanzminister Karl-Heinz Grasser versprochenen Steuerentlastungen sind großteils ausgeblieben.
    Das und vieles andere bekrittelt Schüssels Herausforderer Alfred Gusenbauer, der Chef der sozialdemokratischen SPÖ. Die Show stahl im in der letzten Woche des Wahlkampfs aber ausgerechnet ein Regierungsmitglied. Justizministerin Karin Gastinger verkündete am Montag ihren Austritt aus Jörg Haiders FPÖ-Abspaltung BZÖ, dem mit der ÖVP koalierenden "Bündnis Zukunft Österreich". Sie wolle nicht in einer ausländerfeindlichen Partei tätig sein, sagt sie. BZÖ-Obmann und Spitzenkandidat Peter Westenthaler hatte unter dem Motto "Ausländeranteil minus 30 Prozent" gesagt, man solle 300.000 Ausländer aus Österreich abschieben und einen vollkommenen Zuwanderungsstopp verhängen. Gastingers Parteiaustritt ist ein schwerer Schlag für das BZÖ, das laut Umfragen gerade einmal bei drei bis vier Prozent der Stimmen und damit jenseits des Einzugs ins Parlament liegt, denn die Justizministerin, die nun parteifrei im Amt bleibt, war mit liberalen Ideen weithin gut angekommen - ein Aushängeschild der maroden Regierungspartei BZÖ.

    Peter Westenthaler, der Stein des Anstoßes, scheint das vordergründig ruhig aufzunehmen. Der sonst so angriffslustige Westenthaler, einst "Jörg Haiders Mann fürs Grobe" genannt, gibt nach Gastingers Parteiaustritt eher den Gekränkten:

    "Man macht das nicht, dass man vor einer Wahl seine politische Heimat verlässt, die einen ja die Möglichkeit gegeben hat überhaupt das Ministeramt zu führen."

    Am Zug ist Kanzler Schüssel: Der hält nun die Justizministerin genauso im Amt, wie seinerzeit den damals von der FPÖ geschiedenen Finanzminister Karl-Heinz Grasser.
    Nicht die einzige Kuriosität in einem chaotischen Wahlkampf. Noch nie waren so viele Parteien chancenreich im Rennen. Abgesehen von Außenseitern wie dem EU-Rebellen Hans Peter Martin mit seiner Namensliste und der Kommunistischen Partei stehen Schwarz, Rot, Grün, FPÖ und BZÖ bundesweit auf dem Stimmzettel. Beschimpfungen und wechselseitige Klagen sind an der Tagesordnung. Aktionskünstler narren verwirrte Spitzenkandidaten mit fingierten Briefen zur angeblich drohenden Islamisierung Österreichs. Doch daneben kennt dieser Wahlkampf auch Sachprobleme.

    Die Themen des großen Herausforderers, der SPÖ, sind vor allem sozialpolitische: Sie will eine Reform des Pflegesystems und die Studiengebühren an den Universitäten abschaffen.

    Nach einer Umfrage meinen 60 Prozent der Österreicher, ihr Lebensstandard stagniere, und 54 Prozent, also über die Hälfte der Befragten, geben an, es gehe ihnen schlechter als vor sechs Jahren, als die Mitte-Rechts-Koalition aus ÖVP und FPÖ ihr Amt angetreten hat. Kanzler Schüssel wehrt sich gegen die Bezeichnung seiner Bundesregierung als eine Regierung der sozialen Kälte. Die Armutsgefährdungsquote in Österreich sinke ständig, sagt Schüssel:

    "Wir exportieren täglich etwa Güter im Wert von 300 Millionen Euro in die ganze Welt. Wir schaffen täglich 200 neue Arbeitsplätze und da ist Österreich, glaube ich, unter den europäischen Ländern ganz vorne. Die Sozialquote ist gestiegen. Wir geben heuer sieben Milliarden Euro mehr für die älteren Menschen, für ihre Pensionen aus und die Verantwortung für die Generationen, für die Umwelt, für Natur, für das reine Wasser, das wird in Österreich, glaube ich, sehr gut gelebt. Mein Eindruck ist, dass natürlich auch Manches mit herüberspielt von der deutschen Diskussion. Dort haben sie etwa nach sieben Jahren Rot-Grün sieben Jahre lang überhaupt keine Pensionsanpassung mehr. In Österreich ist das automatisch per Gesetz geregelt. In Deutschland gibt es meiner Meinung nach schockierende Aussagen von Spitzenmanagern, die gleichzeitig Rekordgewinne verkünden und sagen, dass sie sieben-, achttausend Arbeitsplätze kündigen. Das ist nicht Österreich und meine Aufgabe wäre es und ist es und wird es hoffentlich auch sein, dass ich diese Balance weiter halte - mit ganzer Kraft und voller Leidenschaft."

    Die Pflege alter Menschen und ihre faktische Unfinanzierbarkeit für Privatpersonen wurde zu einem zentralen Politthema. Eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung schwerkranker Pflegebedürftiger in den eigenen vier Wänden kann sich praktisch niemand leisten - illegales Pflegepersonal beherrscht den Markt. Ganz generell will die SPÖ das in allen Fugen krachende öffentliche Gesundheitssystem nicht mehr mit lohnabhängigen Beiträgen finanzieren, sondern über Steuern, sagt SPÖ-Chef und Kanzlerkandidat Alfred Gusenbauer:

    "Denn unser Problem besteht doch darin, dass die Löhne und Gehälter, im Bezug auf das gesamte Volkseinkommen immer geringer werden. Das heißt,%e von diesem Volkseinkommen machen eigentlich immer weniger aus, während auf der anderen Seite die Kosten für das Gesundheitssystem steigen und steigen müssen, weil wir ja eine bessere medizinische Versorgung haben wollen. Während eine Steuerfinanzierung hat den Vorteil, dass die Entwicklung der Steuereinnahmen sehr parallel mit der Wirtschaftentwicklung mitgeht und daher eine solidere Finanzierungsgrundlage für das Gesundheitssystem darstellt."

    Für Kanzler Schüssel und die ÖVP eine unannehmbare Forderung:

    "Das ist eine Mittelstandssteuer, unter Anführungszeichen, nämlich die Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage für die Krankenversicherung. Und damit wäre jede Steuerentlastung natürlich für den Mittelstand weg und das kann ich nicht akzeptieren. Eine Totalumstellung? Da müsste zuerst einmal gesagt werden und welche Steuer genau soll dann dafür eingehoben werden? Da liegt kein einziger Vorschlag vor. Ich denke mir, dass das österreichische Gesundheitssystem, sowohl was die Beiträge betrifft, die ja viel günstiger sind, als etwa in Deutschland, als auch die Leistungen, wir haben Spitzenleistungen in der Medizin, wir haben da wirklich etwas anzubieten und ich finde, man sollte dieses Gesundheitssystem nicht krank reden. Ganz im Gegenteil: behutsam weiterentwickeln."

    Ein weiteres Thema: Der umstrittene, gerade in Gang befindliche, Ankauf von teuren Kampfflugzeugen der Marke "Eurofighter" für das österreichische Bundesheer. Die Regierung argumentiert mit dem zu schützenden österreichischen Luftraum, regierungsnahe Experten - wenn auch bisweilen hinter vorgehaltener Hand- mit der Einbindung des neutralen Österreich in ein künftiges europäisches Verteidigungssystem.

    Abgesehen von allerlei angeblichen Unregelmäßigkeiten beim Ankaufsverfahren und mangelhafter Offenlegung der Kaufverträge, lehnt hingegen SPÖ-Chef Gusenbauer die Kampfflugzeuge ganz prinzipiell ab, und will aus dem Kaufvertrag aussteigen - auch gegen Abschlagszahlungen:

    "Die Neutralität Österreichs wird am besten geschützt durch unsere Neutralitätspolitik, durch die Teilnahme an internationalen Aktionen und durch unser österreichisches Bundesheer am Boden. Was die Neutralität in der Luft betrifft: Wir haben noch eine Reihe von alten Flugzeugen und, ich weise nur darauf hin, wir haben auch den Besuch des amerikanischen Präsidenten Bush, der ja höchste Sicherheitsstufe genießt, ohne irgendwelchen Kriegsflugzeugen organisieren können. Österreich ist in einer neuen Situation in einem vereinten Europa. Uns bedroht ringsherum überhaupt niemand. Was Österreich bedroht ist eine soziale Bedrohung. Nämlich die steigende Arbeitslosigkeit und die steigende Armut und die Zweiklassenmedizin, aber in der Luft bedroht uns niemand."

    Durchsetzen könnte Gusenbauer den Ausstieg aus dem Eurofighter-Vertrag nach der Wahl allerdings nur mit einer rot-grünen Mehrheit. Was dann seiner Meinung nach passieren könnte schildert Conrad Seidl, Innenpolitik-Redakteur der liberalen Wiener Tageszeitung "Der Standard":

    "Rot-Grün würde mit größter Sicherheit versuchen, aus dem Eurofighter-Vertrag herauszukommen und damit die österreichische Wirtschaft auch aus der europäischen Wirtschaft ausklinken. Das wird ja wenig gesehen, dass das Eurofighter-Business für Österreich eine starke Integration auch im Technologiebereich, in der Zulieferungsindustrie, in der Luft- und Raumfahrt bedeutet hat. Und wenn Rot-Grün aussteigen, weil sie gegen diese Militärbeschaffung sind, weil sie in Wirklichkeit Landesverteidigung gar nicht wollen und aus diesen Gründen aussteigen, dann würde das die österreichischen Integration in der europäischen Wirtschaft stark beeinträchtigen."

    Doch nach Rot-Grün sieht es ohnehin nicht aus, denn die SPÖ bleibt wohl zu weit von der 40-Prozent-Marke entfernt. Massiv geschadet hat ihr die Verwicklung der sozialdemokratischen Gewerkschaftsspitze in den vielleicht größten Bankenskandal in Österreich in der Zweiten Republik.

    Die Gewerkschaftsbank BAWAG verhedderte sich dabei tief in Spekulationsgeschäfte, ihr Vorstand stürzte ebenso wie der Gewerkschaftspräsident. Just in diesen Tagen vor der Wahl sollen die Anklageschriften gegen die so genannten "Luxusgenossen" fertig werden, die sich mit dem Geld kleiner Gewerkschafter und einfacher Parteigenossen teure Penthäuser finanziert haben sollen. Der Glaubwürdigkeitsverlust für die SPÖ ist enorm und lässt sich in%en ausdrücken. Der BAWAG-Skandal wird die SPÖ den Wahlsieg kosten, meinen Beobachter. SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer kämpft löwengleich gegen diese Prophezeiungen an:

    "Ich bin der Meinung, es müssen endlich die Prozesse in der Frage der BAWAG durchgeführt werden. Ich bin sehr daran interessiert, dass die empörenden Vorgänge dort restlos aufgeklärt werden. Ich will wissen, wer ist verantwortlich für diese Spekulationen, wer hat unterlassen seine Aufsichtspflichten, wer, auch in der Bundesregierung, hat schon frühzeitig etwas gewusst und nichts unternommen. Ich will völlige Klarheit haben und am Ende sollen die Gerichte Recht sprechen und die, die etwas getan haben, bestrafen, und dann kann die SPÖ etwaige politische Konsequenzen ziehen. Aber ich bin gegen jegliche Art der Vorverurteilung. Die SPÖ ist kein Ersatzgericht."
    Nicht als roten, sondern als rot-schwarzen Skandal bezeichnet der Chef der nunmehr oppositionellen Freiheitlichen Partei FPÖ, Hans Christian Strache, die Vorgänge rund um die Gewerkschaftsbank.

    Die zentrale Forderung der FPÖ ist dagegen nicht neu: sofortiger Einwanderungsstopp, Abschiebung straffällig gewordener Ausländer, fordert Strache, der zwar in Opposition bleiben will, aber trotzdem nach Zustimmung aus anderen Parteien strebt:

    "Dass man keine weitere Zuwanderung vornimmt, dass man nicht den Beitritt der Türkei gegen die Interessen der Österreicher durchsetzt und dass man auch die österreichische Unabhängigkeit und Neutralität und Gentechnologie-Freiheit und Atompolitik-Freiheit sicherstellt. Wer bereit ist, mit uns das auch umzusetzen, mit dem sind wir prinzipiell gesprächsbereit - wir grenzen niemanden aus. Das ist grundsätzlich eine Ansage endlich für die Österreicher etwas umzusetzen und die Österreicher wieder in den Mittelpunkt zu rücken und dafür Sorge zu tragen, dass die Österreicher nicht Menschen zweiter Klasse in der eigenen Heimat werden. Es sind die Probleme der Massenzuwanderung in den letzten Jahren und trotzdem negiert das die ÖVP und die SPÖ."

    An Ausländerwahlkämpfe der alten FPÖ vor der Parteispaltung versucht auch BZÖ-Obmann Peter Westenthaler anzuknüpfen. Immerhin hat ihn der einstige freiheitliche Übervater Jörg Haider zum Spitzenkandidaten gemacht. Das BZÖ sei das freiheitliche Original, sagt Westenthaler - obwohl er seine Gruppierung laut Gerichtsbeschluss nicht mehr "freiheitlich" nennen darf.

    "Wir haben immer, und zwar in den 90er Jahren aus dem Bewusstsein heraus, unsere Zuwanderungspolitik formuliert, dass es enorme Probleme gibt, vor allem in den Städten, in den Ballungsräumen, vor allem auch in Wien und haben daher unsere ausländerpolitischen Forderungen formuliert. Wir haben ein Volksbegehren durchgeführt - das "Österreich zuerst"- Volksbegehren. Alle zehn Punkte dieses Volksbegehrens wurden umgesetzt und das wichtige ist, dass man die Probleme kennt und nicht wegschaut. Weil sonst haben wir ein Problem wie in Frankreichs Vorstädten oder wie in Deutschlands Schulen, dass die Gewalt herrscht und das wollen wir nicht."

    Zum Tenor dieser Politik passt auch die beharrliche Weigerung Jörg Haiders, in jenen Gebieten Kärntens die deutsch-slowenisch gemischtsprachig sind, zweisprachige Ortstafeln zu errichten, wie es der Verfassungsgerichtshof fordert. In Kärnten, dem Bundesland dem er als Landeshauptmann, also Ministerpräsident, vorsteht, will Haider für das BZÖ ein Grundmandat ergattern, ohne das der Einzug ins Parlament wohl nicht gelingen wird.

    Generell tun sich viele Österreicher schwer, die ideologischen Bruchlinien zwischen der FPÖ und dem von ihr abgespaltenen BZÖ zu erkennen. Wo liegen die Unterschiede? Da muss schon ein internationaler Fachmann ran. Der Politologe und Österreich-Spezialist Kurt Richard Luther vom britischen "Keele European Parties Research Unit" meint den Schlüssel für die Spaltung im rapiden Wachstum der vormals kleinen deutschnational-liberalen FPÖ in den 90er Jahren zu finden:

    "Bis 1999 war die Partei eine Partei, die sehr erfolgreich Stimmen maximiert hat und in dieser Situation waren die Leute, die eher die traditionellen ideologischen Werte der Partei für wichtig gehalten haben, die waren bereit, das einfach zu akzeptieren, dass die Partei erfolgreich war. Es waren da Mandate zu verteilen, es war Geld zu verteilen. Ab 1999 beziehungsweise ab dem Regierungseintritt 2000 hat sich die Parteispitze, beziehungsweise die Partei in der Regierung abgehoben von der Organisation als solche. Und natürlich, es kamen dann sehr, sehr viele Wahlverluste wodurch diese Mandate und das Geld und diese Sachen allmählich verloren gegangen sind. Das hat natürlich die internen Konflikte dann wiederbelebt und es gab dann einen immer größeren Konflikt zwischen der Parteibasis einerseits und der Regierungsmannschaft andererseits. Wobei die Rolle Haiders in dieser Zusammensetzung eine zwiespältige war: Die Partei hat zwar ab 2000 die Strategie der Regierungsteilnahme auf die Fahne gehoben, aber das Verhalten war nicht mit dem im Einklang. Öfters hat die Partei versucht, auch innerhalb der Regierung, eine Oppositions- beziehungsweise eine populistische Oppositionspolitik zu betreiben und Haider war Teil beider Gruppen."

    Das im April 2005 gegründete BZÖ bestand vorerst im Wesentlichen aus den FPÖ-Ministern, den meisten Parlamentsabgeordneten, und der Kärntner Landesorganisation, die sich von der FPÖ abkoppelten, sagt Luther.

    Aber wer steht inhaltlich jetzt wofür? Beobachter meinen im BZÖ eine eher wirtschaftsliberale Partei, in der FPÖ tendenziell eine Arbeiterpartei, zu erblicken. Nicht so Kurt Richard Luther:

    "Im Grunde genommen sind beide auf Stimmenfang und ich glaube, den Unterschied zwischen einerseits einer marktorientierten Gruppe und andererseits einer eher national-sozial orientierten Gruppe, das trifft meines Erachtens nicht zu. Im Grunde genommen geht es darum, dass die beiden wirklich wieder reinwollen ins Parlament."

    Beide forcieren jedenfalls das Migrantenthema, das so genannte Ausländerproblem. Das ist auch ein Wahlkampfgegenstand der Grünen, aber natürlich aus einem anderen Blickwinkel: Sie wollen die Zuwanderung nicht drosseln und lehnen auch Zwangsintegrationsmaßnahmen ab.

    Die Grünen sind die einzige wahlwerbende Parlamentspartei, die offen steuerliche Belastungen verspricht, vor allem für Autofahrer, und auch eine erhöhte Energieabgabe, sagt Bundessprecher Alexander van der Bellen:
    "Zum Beispiel Diesel ja, aber gleichzeitig Senkung der Lohnsteuer beziehungsweise der Lohnsummensteuer bei Unternehmen, so dass man netto nicht mehr zahlt als bevor."

    Trotzdem sehen sich die Grünen nicht als Belastungspartei:

    "Wenn wir eine vernünftige Bildungspolitik machen, dann sinken die Ausgaben für private Nachhilfe, die derzeit sage und schreibe 150 Millionen Euro im Jahr ausmachen. Das ist eine Entlastungspolitik. Wenn wir etwas mehr zu reden haben als bisher, dann sinkt die Belastung für die Klein- und Kleinstunternehmer/unternehmerinnen, es sind viele Unternehmerinnen dabei, durch Maßnahmen im Bereich der Einkommenssteuer, beziehungsweise der Sozialversicherungsabgaben."

    Die österreichischen Grünen sind die zweitstärkste grüne Partei in Europa - vorausgesetzt sie bekommen tatsächlich wieder um die zehn Prozent der Stimmen, wie ihnen alle Umfragen zumessen.

    Ob das inhaltlich wie numerisch für eine Regierungsbeteiligung reichen wird ist freilich fraglich.
    Rot-Grün wird sich mehrheitsmäßig nicht rechnen, und ein schwarz-grünes Experiment will erst einmal gewagt sein. Mit der FPÖ, die in Opposition bleiben will, möchte ohnehin niemand koalieren und der Einzug des BZÖ ins Parlament ist ungewiss. Die meisten Beobachter gehen von einer Großen Koalition aus ÖVP und SPÖ aus, obwohl, viele meinen, dass Wolfgang Schüssels Widerwillen vor dieser Variante übermächtig sei. Stimmt nicht sagt der Journalist Conrad Seidl vom "Standard":

    "Schüssel kann alles. Schüssel hat die Freiheit, dass er, wenn er die entsprechende Stärke hat, was vorausgesetzt ist, dass er stark vor der SPÖ liegt, dann kann er selbstverständlich mit verschiedenen Sozialdemokraten etwas vereinbaren, weil er dann andere Gegenüber hat. Es wird in einer großen Koalition mit der SPÖ Alfred Gusenbauer und die derzeitige SPÖ-Führung nicht mehr am Ruder sein. Umgekehrt: Wenn eine große Koalition unter SPÖ-Führung, die nicht sehr wahrscheinlich aber vielleicht auch möglich ist, wer weiß denn, wie es sich in den letzten Tagen vielleicht noch sich ergibt, dass die SPÖ vorne liegt. In dem Fall wird Wolfgang Schüssel nicht da sein und Alfred Gusenbauer kann alles. Also, da muss man sehen: eine große Koalition mit derzeitigen Akteuren an der Spitze wird nicht sein, weil auf einer Seite ein anderer Akteur stehen wird."

    Einer, der 20 Jahre lang die österreichische Politik und nicht nur sie auf Trab gehalten hat wird hingegen bald nicht mehr viel können, meint Conrad Seidl:

    "Es hat sich jedenfalls gezeigt, dass Jörg Haider bei den Wahlveranstaltungen die das BZÖ außerhalb von Klagenfurt, außerhalb von Kärnten gemacht hat, keinen Zulauf mehr produzieren kann. Tatsächlich könnte es sein, dass Jörg Haider langsam sich Richtung Pension bewegen muss."