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Komödiant und Schurke

Als spindeldürrer "Otto Normalverbraucher" begann nach dem Zweiten Weltkrieg die Karriere des Schauspielers Gert Fröbe. Mit dem Wirtschaftswunder nahm sein Leibesumfang zu. Nunmehr schwergewichtig wurde der Mime dank seines Könnens international zu einem gefragten Star. Heute vor 100 Jahren wurde Fröbe in Sachsen geboren.

Von Hartmut Goege | 25.02.2013
    "Die Möwen sehen alle aus als ob sie Emma hießen. Sie tragen einen weißen Flaus und sind mit Schrot zu schießen. Ich schieße keine Möwe tot. Ich lass sie lieber leben und füttre sie mit Roggenbrot ..."

    Sie haben ihn seit Ende des Zweiten Weltkriegs begleitet. Wenn Gert Fröbe auf der Bühne die Gedichte seines Lieblingsautors Christian Morgenstern rezitierte, lag ihm das Publikum zu Füßen.

    Fröbe, am 25. Februar 1913 in Planitz bei Zwickau als Sohn eines Lederwarenhändlers geboren, hatte schon früh viele Talente. Er trat als Stehgeiger auf, lernte jonglieren und bestritt seinen Lebensunterhalt durch den Verkauf selbstgemalter Postkarten:

    "Aber der ursprüngliche Drang war immer der zur Schauspielerei. Den hatte ich eigentlich schon mit fünf Jahren als ich zum ersten Mal den Zirkus Sarrasani besucht hatte. Und habe da kleine Clowns gesehen. Und da dachte ich, das ist doch nun die Erfüllung: Clown. Ich wollte eigentlich nur Clown werden."

    Als er in Dresden eine Lehre als Bühnenmaler begann, nahm er nebenher bei Erich Ponto Schauspielunterricht. Über Engagements in Wuppertal und Frankfurt landete Fröbe schließlich am Volkstheater in Wien, wo er erste Kontakte zum Film knüpfte, aber bei Kriegsbeginn zur Infanterie eingezogen wurde. Nach 1945 schlug er sich als Porträt- und Landschaftsmaler durch, ehe man ihn schließlich als Pantomimen, Kabarettisten und Morgenstern-Interpreten entdeckte. Seine erste Hauptrolle im Film verdankte Fröbe 1948 wohl seiner spindeldürren Erscheinung.

    "Normalverbraucher ... Es werden die Sorgen sein, Herr Doktor" - "Dann machen Sie sich mal frei." - Aber das war's ja eben, von den Sorgen konnte sich keiner frei machen."

    Als hilfloser Kriegsheimkehrer spielte er in der "Berliner Ballade" Otto, den Normalverbraucher, der von Tortenbergen träumt. Der Begriff wurde zum Synonym des deutschen Durchschnittskonsumenten, stand doch Normalverbraucher nach 1945 auf den Lebensmittel-Zuteilungskärtchen. Mit dem aufkommenden Wirtschaftswunder nahm auch Fröbes Leibesumfang zu.

    "Böswillige Zungen aus der Branche behaupteten sogar, ich hätte mich angefressen, um das schwere Fach spielen zu können."

    Dank seines nun gewichtigen Erscheinungsbildes wurde Fröbe sowohl für skrupellose Wirtschaftsbosse und brutale Bösewichte besetzt wie auch für Menschenschinder und tyrannische Patriarchen. Seinen Durchbruch aber hatte er als psychopathischer Kindermörder in dem düsteren Dürrenmatt-Drama "Es geschah am helllichten Tag":

    "Grüß dich! Bist du ein Zauberer?" - "Ja, ein großer Zauberer." - "Lieber, lieber Zauberer, zaubere noch mehr!" - "Nicht heute! Vielleicht morgen? Wirst du bestimmt wiederkommen?"

    Dieser Film sollte sechs Jahre später das Sprungbrett für seine internationale Karriere werden.

    "Als ich in London den Produzenten Broccoli und Saltzman gegenüber saß, die mich für 'Goldfinger' engagieren wollten, habe ich natürlich gefragt, ja, wie kommen Sie eigentlich auf mich, und da hat man gesagt, ja wir haben vor Jahren Sie als Kindermörder gesehen. Den Mann wollen wir uns merken, den setzen wir mal groß ein."

    Aus dem Film "Goldfinger": "Erwarten Sie von mir, dass ich rede?" - "Nein, Mr. Bond, ich erwarte von Ihnen, dass Sie sterben. Es gibt nichts, was Sie mir erzählen könnten, das ich nicht schon wüsste."

    Für viele Bondfans ist Goldfinger der beste Bösewicht aller 007-Filme. Undurchdringlich und bedrohlich. Doch auch Fröbes komödiantisches Talent kam endlich zum Tragen. 1965 bewies er sein wandlungsreiches schauspielerisches Können als Preußen-Knallcharge Oberst von Hollstein in der englischen Produktion "Die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten":

    "Ich wusste gar nicht, dass Sie fliegen können!" - "Es gibt nichts, was ein deutscher Offizier nicht kann."

    Gert Fröbe wirkte in mehr als 120 Filmen mit, sei es als Bösewicht, schwergewichtiger Charaktermime oder Komiker. Er starb 1988 in München.

    "Oh Mensch, du wirst nie nebenbei der Möwe Flug erreichen. Sofern du Emma heißest, sei zufrieden ihr zu gleichen ..."