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Konferenz in Paris
Hilfe für verfolgte Minderheiten

Viele Christen müssen vor dem Terror des IS fliehen. Wie kann man diesen und anderen Minderheiten helfen? Wie lassen sich die Verbrechen juristisch verfolgen? Und wie kann man die betroffenen Staaten beim Kampf gegen den Terrorismus unterstützen? Darüber beraten Vertreter von 60 Staaten mit der UNESCO und internationalen Hilfsorganisationen auf einer Konferenz in Paris.

Von Ursula Welter | 08.09.2015
    François Hollande spricht an einem Rednerpult vor einem Mikro
    Frankreichs Staatspräsident Hollande rief dazu auf, den vom IS-Terror betroffenen Ländern mehr zu helfen. (FRANCOIS MORI / POOL / AFP)
    Am 15. August läuteten in Frankreich vielerorts die Glocken, auch die von Notre Dame in Paris, die Welt sollte aufmerksam gemacht werden auf die Not der verfolgten Christen im Vorderen Orient.
    Der Terror der IS-Milizen treibt die Menschen in die Flucht, viele gehen in die angelsächsischen Staaten, manche nach Frankreich, das sich historisch als Schutznation der Christen des Vorderen Orients versteht. Elish Yako, Franko-Iraker, leitet in Paris die Organisation A.E.M.O.:
    "Wir sind eine Minderheit mit Wurzeln im Irak, 3.000 Jahre vor Christi Geburt."
    "Mit dem Eintreffen der IS-Milizen, Daesh auf Arabisch, stieg der massive Exodus der Christen aus dem Irak an".
    Frankreich gewährt seit dem vergangenen Jahr eine besondere Form des Asyls, erklärt Yako, das die bedrohten und verfolgten Familien vor Ort, in den Konsulaten, erhalten können:
    "Frankreich ist das einzige europäische Land, das den Christen vor Ort Visa ausstellt."
    Etwa 2.000 solcher Spezialvisa für bedrohte Christen aus dem Irak, aber auch für die Gruppe der Jesiden in Kurdistan, hat Frankreich bereits ausgestellt. Elish Yako wünschte sich, dass auch Deutschland privilegierte Visa dieser Art ausstellen würde:
    "Das wäre sehr gut, wenn Deutschland dieselbe Geste machte."
    Auf seinem Handy treffen täglich Nachrichten ein, "helft uns", er hat Tränen in den Augen, als er die Mail einer Familie zeigt, die Bilder von ihren Kindern mitgeschickt hat.
    Als am 15. August aber die Kirchenglocken läuteten, da machten nicht alle Gemeinden mit. Manche Bischöfe, so schildert der Chef der Hilfsorganisation, dessen Muttersprache Chaldäisch ist, die Sprache Christus, wollten nicht, dass die Familien gehen, damit die christlichen Gemeinden im Nahen Osten nicht weiter ausbluten. "Aber" , sagt Yako: "Rückkehr hieße Tod oder zum Islam konvertieren."
    Opfer fühlt sich selbst in Deutschland nicht sicher
    Hilfe zur Rückkehr der Christen und der bedrohten Minderheit will aber auch die Internationale Konferenz in Paris heute organisieren. Rund 60 Staaten sind vertreten, viele Hilfsorganisationen, die Flüchtlingswerke der Vereinten Nationen, die UNESCO. Es geht um einen konkreten Aktionsplan, der erstens Hilfe für die betroffenen Staaten im Kampf gegen den islamistischen Terror vorsieht, zweitens die juristische Verfolgung der Verbrechen gegen die Menschlichkeit fordert, und um einen Hilfsfonds, um den Minderheiten die Rückkehr in ihre Heimat und den Wiederaufbau ihrer Kirchen und Gebetsräume zu finanzieren.
    "Wenn wir nicht noch mehr helfen", sagte Staatspräsident Hollande zur Eröffnung der Konferenz "auch den Nachbarstaaten des Irak und Syriens, dann wird sich der Exodus fortsetzen, der vor unseren Augen abläuft."
    Nach seiner Eröffnungsrede sprach der französische Staatspräsident auch mit der jungen Jesidin, die in die Hände der IS-Milizen gefallen, vom Tod bedroht war, aber fliehen konnte und die ihren Leidensweg unlängst in einem Buch dokumentiert hat. Ihren wahren Namen nennt die Frau nicht, zu gefährlich. Seit zwei Monaten lebt sie in Deutschland, aber selbst da fühlt sie sich vom islamistischen Terror bedroht. Gegenüber "Radio France" schilderte die Frau:
    "Wir haben auch in Deutschland Angst, denn die IS-Terroristen, als sie uns noch gefangen hielten, haben uns eingebläut: Egal wo Ihr seid, wir haben überall unsere Leute, sie sind immer da!"