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Kongress Kiel
"Datenschutz wird von der Politik nicht umgesetzt"

Von Stefan Römermann | 26.08.2014
    Nein, komplett überrascht haben Thilo Weichert die Enthüllungen von Edward Snowden nicht. Als Landesdatenschutzbeauftragter von Schleswig-Holstein hat er schon lange vor möglicher Massenüberwachung im Internet gewarnt. Und dass der amerikanische Geheimdienst NSA auch hierzulande im großen Stil Telefon- und Internet-Daten absaugt, hatten Datenschützer schon länger vermutet. Dank der Dokumente von Snowden lassen sich diese jetzt auch klar belegen, sagt Weichert.
    "Insofern haben wir jetzt einfach bessere Argumente, mehr Fakten, um eben unsere Forderungen nach Digitalen Grundrechtschutz und nach IT-Sicherheit stellen und durchsetzen zu können."
    Doch wirklich optimistisch klingt Weichert nicht. Denn an der politischen Situation habe sich trotz allem nicht viel geändert.
    "Und das insofern, als eben Datenschutz zwar in aller Munde ist - aber nicht in der Politik umgesetzt wird." (lacht)
    Auch Hamburgs Landesdatenschutzbeauftragter Johannes Casper kritisiert, die Bundesregierung setze statt auf mehr Datenschutz sogar auf mehr Überwachung:
    "Wenn ich denn dann höre, dass etwa 300 Millionen Euro etwa für das Ausspähen von Sozialen Netzwerken bereit gestellt werden sollen. Dass das Bundesamt für Verfassungsschutz eben im Zuge des IT-Sicherheitsgesetzes zig neue Mitarbeiter bekommen soll...."
    ... dann zeigt das für den Hamburger Datenschützer ganz klar, dass die Politik die Zeichen der Zeit nicht wirklich erkannt hat. Die Datenschutz-Behörden dagegen sollen mit einer eher lächerlichen Personalausstattung Millionen Unternehmen und Behörden in Deutschland kontrollieren. In Hamburg seien es gerade einmal 14,4 Stellen in der Datenschutzaufsicht.
    "Also für rund 160.000 Unternehmen in Hamburg. Plus die großen Player Google, Facebook, AOL, Xing, die wir hier ja auch angesiedelt haben und die gesamte Behördenlandschaft Hamburgs, die eben auch überprüft werden soll. Mit 14 Leuten... 14,4 Leuten kommen sie da nicht sehr weit."
    Regelmäßige Kontrollen in Unternehmen auf mögliche Verstöße gegen Datenschutzvorschriften sind deshalb nicht zu machen, nur bei konkreten Verdachtsfällen. Auch nach den ersten Enthüllungen im NSA-Skandal haben Caspar und sein Kollegen reagiert und bei den deutschen Büros von großen Firmen wie Google angefragt, was diese von den Ausspähaktionen wissen, erzählt Caspar.
    "Hier wurde eben ganz deutlich, dass die Unternehmen entweder Angst hatten etwas zu sagen, weil sie eben die Konsequenzen verspürt haben, oder bewusst eben auf Aussagen, die konkreter waren verzichtet haben."
    Denn nach US-Recht müssen Telekommunikations- und Internet-Firmen im Zweifelsfall mit den Geheimdiensten zusammenarbeiten. Doch gleichzeitig sind sie zur Verschwiegenheit über die Details verpflichtet. Spätestens hier stoßen die deutschen Datenschützer deshalb an ihre Grenzen.
    Mehr denn je setzen sie deshalb in Zukunft auf den sogenannten "Selbstdatenschutz". Verbraucher sollen selbst entscheiden können, wer Zugriff auf ihre Daten hat. Neben Aufklärung spielen dabei vor allem Verschlüsselungs- und Anonymisierungstechniken eine wichtige Rolle. Gerade die Verschlüsselung von E-Mails sei aber immer noch viel zu kompliziert, sind sich praktisch alle Experten einig. Deshalb fördert das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, verschiedene Projekte um Verschlüsselung einfacher zu machen, erklärt der stellvertretende Behördenchef Andreas Könen.
    "Dass eben eine entsprechende Infrastruktur da ist, mit der ich reibungslos mit vielen Personen kommunizieren kann. Wir führen Gespräche vor allem mit Forschungsinstituten, die eben neue Möglichkeiten für uns freischaufeln. Und wir reden auch mit den Herstellern und Anbietern solcher Produkte, dass eine wirkliche Marktdurchdringung und ein wirkliches Marktangebot zur Verfügung steht."
    Hundertprozentige Sicherheit bietet allerdings auch gute Verschlüsselungstechnik nicht. Doch zumindest kann macht sie es für Angreifer erheblich schwerer und teurer, Internetverbindungen auszuforschen.