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Konjunkturabschwung
Deutsche Banken sollen Kapitalpuffer aufbauen

Damit die Banken in wirtschaftlich schlechteren Zeiten nicht in Schieflage kommen und eventuell auch die Kreditvergabe einschränken müssen, sollen sie jetzt zusätzlich Geld zurücklegen. Diese neue Risikovorsorge der Finanzaufsicht Bafin wird bei den Banken aber kritisch gesehen.

Von Mischa Ehrhardt | 28.05.2019
Das Gebäude der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, kurz BaFin, in Bonn
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht , kurz BaFin, in Bonn (picture alliance /dpa /Rolf Vennenbernd)
"Gute Zeiten, Schlechte Zeiten", so lautet das Hintergrundmotto der nun getroffenen Maßnahme zur Bankenregulierung. In konjunkturell guten Zeiten sollen die Banken zusätzliche Kapitalpuffer schaffen, die sie in schlechten Zeiten nutzen können. Damit wollen die Aufseher verhindern, dass Banken in wirtschaftlich schlechten Zeiten ihre Kreditvergabe einschränken müssen. Denn das würde die Wirtschaft in einem konjunkturellen Abschwung zusätzlich belasten. Felix Hufeld, Chef der Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin, deutete das Problem aus seiner Sicht bereits vor wenigen Wochen bei der Jahresbilanz seiner Behörde an.
"Der Finanzaufseher in mir warnt: Wer Investitionen oder Kreditvergaben privilegiert, ohne auf die Risiken zu achten, legt den Grundstein für die nächste Krise."
Heißgelaufener Immobilienmarkt
Vor allem am Immobilienmarkt sehen Beobachter mittlerweile Zeichen einer Überhitzung, die sich im konjunkturellen Abschwung als Problem herausstellen könnte. Fabian Lindner, Konjunktur- und Finanzmarktexperte der Hans-Böckler-Stiftung, findet die Maßnahme deswegen grundsätzlich sinnvoll.
"Das ist sozusagen präventiv die Möglichkeit, einfach jetzt schon, wo die Zeit einigermaßen gut ist, höhere Anforderungen an das Eigenkapital zu stellen. Man spart, wenn es gut läuft, und wenn man dann in der Not ist, dann hat man. Und von daher ist das eine gute Maßnahme."
Zu der Maßnahme passt jedenfalls, dass die Banken der Eurozone ihre Kreditvergabe jüngst ausgeweitet haben. Das hat heute die Europäische Zentralbank bekanntgegeben. Mit einer Steigerung von Firmenkrediten um knapp vier Prozent ist im April das bislang stärkste Wachstum in diesem Jahr erreicht worden.
Ungünstiger Zeitpunkt für Kapitalpuffer
Die Banken dagegen sehen die neue Risikovorsorge kritisch: Die Kapitalpuffer kämen zur Unzeit; ernsthafte Risiken für die Finanzstabilität seien derzeit nicht zu erkennen. Die Banken stünden durch die schärfere Regulierung stabiler da als vor der Finanzkrise vor zehn Jahren, und die Kreditnachfrage in Deutschland entwickle sich durchschnittlich. Hinzu käme das Problem, dass die aktuelle konjunkturelle Lage fragil sei - auch angesichts der vorhandenen Risiken. Kerstin Altendorf, Sprecherin für die deutsche Kreditwirtschaft:
"Wir haben einen Ausgang der Europawahl mit Mehrheitsverhältnissen, die die Kommissionsbildung nicht einfacher machen wird. Wir haben einen Ausgang der Europawahl, der den harten Brexit wahrscheinlicher macht. Wir haben den eskalierenden Handelsstreit zwischen USA und China. In dieser unsicheren Lage könnte es sein, dass der `antizyklische Puffer´ konjunkturell sogar prozyklisch wirkt."
Sprich: Die Puffer könnten einen möglichen Abschwung verstärken. Die Regulierer verlangen ab Juli von den Banken einen Kapitalpuffer von einem Viertel Prozent zusätzlich zu den bestehenden Sicherheiten. Damit müssen die Finanzinstitute laut Berechnungen der Bundesbank zusätzlich rund 5,3 Milliarden Euro mehr zurücklegen. Ob die Maßnahme nun zur richtigen Zeit oder zur Unzeit kommt, wird man wohl erst später beurteilen können, meint Fabian Lindner.
"Ich denke jetzt, vielleicht etwas rückblickend, dass man vielleicht schon vor zwei Jahren so etwas hätte einführen können. Wichtig ist aber auch, dass man einfach so ein relativ neues Instrument, was da die Aufsicht hat, das man das auch mal einsetzt. Und jetzt ist die Hoffnung, dass das noch zur rechten Zeit ist."