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Konsequenzen gefordert
Aufregung nach Betrügereien bei der Pflege

Das Aufsehen wegen der Berichte über einen Abrechnungsbetrug durch russische Pflegedienste ist groß. Rufe nach gesetzlichen Änderungen noch in dieser Legislatur sind laut geworden. Die Politik will jetzt eingreifen.

Von Katharina Hamberger | 18.04.2016
    Eine Frau wird in einem Seniorenheim von einer Pflegerin betreut.
    Eine Frau wird in einem Seniorenheim von einer Pflegerin betreut. (dpa/picture alliance/Jens Kalaene)
    Mit dieser Dimension des Betrugs hätte kein Fachmann gerechnet, meint Karl Lauterbach, Gesundheitsexperte der SPD in der ARD: "Das ist ungewöhnlich. Wir wussten, dass es solche Fälle gibt. Das ist auch vorher schon einmal untersucht und berichtet worden. Aber es war immer die Rede von Einzelfällen oder kleinen Gruppen. Aber diese Dimension, wenn sich das bestätigen sollte, das ist einer der größten Skandale im Gesundheitssystem der letzten Jahrzehnte, wenn es wirklich diese Dimension hat."
    Lauterbach fordert deshalb mehr, bessere und vor allem unangemeldete Kontrollen durch Kranken- und Pflegekassen. Das sollte aus seiner Sicht noch in dieser Legislaturperiode möglich gemacht werden. Auch der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung schließt sich dieser Forderung an. Es gebe einen "ganz klaren Hinweis", dass der Gesetzgeber den Krankenkassen die Möglichkeit geben müsse. Dafür sei eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, dass es auch bei häuslicher Krankenpflege ein unangemeldetes Prüfrecht gebe. Nur so habe man überhaupt eine Chance, solche Machenschaften aufzudecken und zu unterbinden, sagte GKV-Vorstand Gernot Kiefer dem Bayerischen Rundfunk und der Welt am Sonntag.
    Gesetzesänderungen sollen Betrug vorbeugen
    Das Bundesgesundheitsministerium betonte heute die zahlreichen Änderungen in dieser Legislatur, die Betrug vorbeugen sollen: "Gleichzeitig muss natürlich auch geprüft werden, wo eventuelle Lücken bei der Qualitätskontrolle im Bereich der häuslichen Krankenpflege geschlossen werden könnten, um Patienten und ihre Angehörigen künftig besser vor solchem kriminellen Handeln zu schützen. Wir werden das weitere Vorgehen mit den Bundesländern im Rahmen der Gesundheitsministerkonferenz besprechen. Und gleichzeitig laufen auch Gespräche mit dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen, der kassenärztlichen Bundesvereinigung der deutschen Krankenhausgesellschaft sowie dem medizinischen Dienst der Krankenkassen", sagte ein Sprecher des Ministeriums.
    Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer, CSU, sieht darüber hinaus die Notwendigkeit, die Sicherheitsbehörden besser auszustatten. Insbesondere was die gesetzliche Grundlage dafür anbelange, unangemeldet auch Kontrollen bei den ambulanten Pflegediensten vornehmen zu können, sagte Mayer dem Bayerischen Rundfunk und der Welt am Sonntag.
    Die beiden Medien hatten am Wochenende darüber berichtet, dass das Bundeskriminalamt davon ausgeht, dass vor allem russische Pflegedienste die Sozialkassen mit falsch abgerechneten Leistungen betrügten. Der Schaden könnte Schätzungen zufolge eine Milliarde Euro pro Jahr betragen.