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Konstanz der Lichtgeschwindigkeit

Physik. - Es war vermutlich eines der legendärsten Experimente in der Geschichte der Physik. 1887 wollten Albert Michelson und Edward Morley die Wirkung von Äther auf die Geschwindigkeit des Lichts nachweisen. Der Versuch scheiterte, doch nun beleben Düsseldorfer Wissenschaftler das Michelson-Morley-Experiment.

Von Ralf Krauter | 17.03.2005
    Es war vermutlich eines der legendärsten Experimente in der Geschichte der Physik und eines der folgenreichsten, das Albert Michelson und Edward Morley im Juli 1887 in Cleveland, Ohio durchführten. Die beiden waren angetreten mit der Absicht, eine mysteriöse Substanz namens Äther nachzuweisen - ein Medium, in der sich das Licht ausbreiten sollte, wie Schallwellen in der Luft. Die Physiker damals waren überzeugt, dass dieser Äther das ganze Universum ausfüllt und von der Erde auf ihrer Bahn um die Sonne quasi durchpflügt wird - weshalb ein Lichtstrahl der gegen den Ätherwind anläuft, langsamer sein sollte, als einer, der sich senkrecht dazu fortpflanzt. Aber zur allgemeinen Überraschung gab es keinen messbaren Unterschied. Die Theorie vom Äther war angezählt und 1905 gab ihr Albert Einsteins spezielle Relativitätstheorie endgültig den Todesstoß. Ob völlig zurecht, das testen Physiker in Düsseldorf mit einer modernen Variante des Michelson-Morley-Experiments.

    An die klassische Vorstellung vom Äther glauben die Physiker zwar schon lange nicht mehr. Aber eine moderne Variante davon, die in Form eines schwachen elektromagnetischen Feldes das Weltall durchdringt, wäre laut umfassenderer Konzepte, die Relativitäts- und Quantentheorie vereinen sollen, durchaus denkbar. Um sie aufzuspüren testet Stephan Schiller, Professor am Institut für Experimentalphysik der Universität Düsseldorf, in einem seiner Labors gemeinsam mit zwei Kollegen, ob sich Licht tatsächlich - wie von Einstein angenommen - in alle Richtungen gleich schnell fortpflanzt. Das rhythmische Geräusch stammt von einem Kompressor, der über Schläuche mit einem mannshohen Aluminiumkessel verbunden ist.

    "Das ganze Experiment befindet sich in einem Vakuumtank, etwa anderthalb Meter groß und 50 cm im Durchmesser."

    Der silberne Tank steht in der Mitte des Raumes auf einem Drehtisch und ist ein rotierender luftleerer Kühlschrank, dessen Innentemperatur minus 269 Grad Celsius beträgt - dreieinhalb Grad über dem absoluten Nullpunkt. Auf der sich drehenden Plattform sind außerdem zwei Laser und allerhand elektronische Geräte montiert.

    "In diesen Vakuumtank wird das Laserlicht hineingeführt über optische Fasern, welches dann die Resonanzfrequenz der beiden optischen Resonatoren abfragt."

    Ein optischer Resonator besteht aus zwei Spiegeln, zwischen denen ein Lichtstrahl hin- und herläuft. Eine ähnliche Versuchsanordnung also, die auch Michelson und Morley für ihr Experiment gewählt hatten, aber die moderne Variante ist viel kleiner: Gerade einmal drei Zentimeter lang sind die Saphirkristalle mit den hoch reflektierenden Spiegeln in der rotierenden Kühlbox. Das Laserlicht bildet darin eine stehende Welle.

    "Das heißt, es gibt dort Knoten und Bäuche der Schwingungen. Das ist ganz ähnlich zu einem Resonator für akustische Wellen. So was kennt man aus der Musik zum Beispiel."

    Die beiden senkrecht zueinander orientierten Kristalle sind quasi optische Orgelpfeifen. Ihre Resonanzfrequenz hängt wie bei Schallwellen von ihrer Länge und von der Geschwindigkeit ab, mit der sich die Welle darin fortpflanzt. Weil die tief gefrorenen Kristalle ihre Abmessungen kaum ändern, ist der Abstand der beiden Spiegel konstant und die Resonanzfrequenz deshalb ein direktes Maß für die Lichtgeschwindigkeit im Kristall. Sollte diese im Widerspruch zu Einsteins Postulat doch irgendwie von der Richtung abhängen, würde sich das aufgrund der Drehung der Apparatur im Signal zeigen.

    "Wir überlagern die beiden Laserwellen, die auch in den Resonatoren als Stehwellen vorhanden sind. Diese beiden Resonatoren haben eine leicht unterschiedliche Frequenz. Das ergibt dann eine Schwebung, ganz ähnlich wie wenn man zwei Stimmgabeln hat und sie erregt. Die Überlagerung der beiden akustischen Wellen führt zu einer Schwebung, jeder kennt das. Ganz ähnlich kann man das mit Lichtwellen machen."

    Rund 5 Minuten braucht die Apparatur für die maximal mögliche Rotation von 90 Grad. Im Lauf einer Messung wird sie täglich zyklisch viele hundert Male hin- und hergedreht.

    "Wenn die Lichtgeschwindigkeit wirklich konstant ist, ändert sich diese Schwebungsfrequenz während der Rotation der Apparatur nicht. Ansonsten könnte man eine kleine Änderung erwarten. "

    Die Messung ist auf 15 Nachkommastellen genau und damit bis dato die präziseste ihrer Art weltweit. Trotzdem haben die Forscher bislang keine Änderungen gefunden. Das Licht scheint sich also tatsächlich - wie von Einstein postuliert - in alle Raumrichtungen gleich schnell auszubreiten. Weil umfassendere physikalische Konzepte wie die Stringtheorie minimale Abweichungen prinzipiell erlauben, wollen die Wissenschaftler in Zukunft aber noch genauer hinschauen. Und zwar mit einem Experiment im All. Die geplante Satellitenmission Optis soll die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit nochmals um einen Faktor 1000 genauer messen, als die derzeit empfindlichsten Geräte auf der Erde. Weil die Finanzierung noch nicht gesichert ist, steht der Starttermin aber noch in den Sternen.