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Konstanzer Konzil
Das Ende der Kirchenspaltung

Vier Jahre lang stand Konstanz ab 1414 im Zentrum der Weltgeschichte und das Konzil der Bischöfe vor großen Problemen. Die Geistlichen mussten sich mit drei konkurrierenden Päpsten auseinandersetzen und die Spaltung der katholischen Kirche überwinden.

Von Anna Gann | 05.11.2014
    Der tschechische Reformator Jan Hus vor dem Konstanzer Konzil
    Der tschechische Reformator Jan Hus wurde vom Konstanzer Konzil zum Tode verurteilt und ist bis heute eine schwere Hypothek für die katholische Kirche. (dpa / picture alliance)
    Mit einem feierlichen Gottesdienst im Konstanzer Münster wurde am 5. November 1414 das Konstanzer Konzil eröffnet. Es war die bis dahin größte Bischofsversammlung in der Geschichte des westlichen Christentums, und sie rückte die Bodenseestadt für vier Jahre ins Zentrum der Weltgeschichte. In der Bistumschronik ist vermerkt:
    "Alle Völker der Erde schickten zu diesem Konzil ihre Gesandten, und von überall her versammelten sich Kardinäle, Patriarchen, Äbte und sonstige Prälaten, neben Fürsten und Edlen."
    Das Konzil war auf Initiative des römisch-deutschen Königs Sigismund zusammengekommen. Sigismund verstand sich traditionell als "Schutzherr der römischen Kirche" und sah es als seine Aufgabe, das heute so genannte "Große Abendländische Schisma" zu überwinden. Diese Kirchenspaltung war 1378 entstanden. Ein Teil der Kardinäle hatte damals die Rechtmäßigkeit des römischen Papstes angezweifelt und ein zweites Kirchenoberhaupt mit Sitz im französischen Avignon gewählt. Das Konzil von Pisa bestimmte 1409 einen weiteren Nachfolger auf dem Stuhl des Apostels Petrus, ohne dass es die beiden übrigen zur Abdankung bewegen konnte. Karin Stober, Kunsthistorikerin und Leiterin der Landesausstellung über das Konstanzer Konzil, beschreibt die gravierenden Auswirkungen der Kirchenspaltung.
    "Hinter jedem Papst stand eine so genannte Obödienz, so etwas wie eine Gefolgschaft, die sich natürlich aus geistlichen, aber auch aus weltlichen Machthabern zusammensetzte. Es entstanden dadurch über das gesamte christliche Abendland hinweg zunächst zwei, später drei kirchliche Machtblöcke, die zwar nicht deckungsgleich mit den weltlichen Machtblöcken waren, die sich aber trotz allem auf der geopolitischen Karte des Abendlandes abbilden."
    Papst wurde Konzil unterworfen
    Der Nachfolger des in Pisa gewählten Papstes, Baldassare Cossa, erwartete nun von der Konstanzer Bischofsversammlung, dass sie ihn als rechtmäßiges Kirchenoberhaupt bestätigt und die beidenübrigen Päpsteabsetzt. Doch die Konzilsväter forderten den Rücktritt aller drei Päpste, damit die Kircheneinheit wieder hergestellt werde. Cossa, dessen unlauterer Lebenswandel in der Kritik stand, floh in einer Nacht- und Nebelaktion aus Konstanz. König Sigismund drängte auf ein Weiterarbeiten des nunmehr papstlosen Konzils, das schließlich nach heftigen Auseinandersetzungen im Dekret "Haec Sancta" feststellte:
    "Diese heilige Konstanzer Synode [...] repräsentiert die katholische Kirche und hat ihre Gewalt unmittelbar von Christus; jeder, gleich welchen Standes und welcher Würde, und sei es auch der päpstlichen, ist ihr zu gehorchen verpflichtet."
    Das Konzil ist Träger der höchsten kirchlichen Gewalt, der Papst ist ihm unterworfen: Diese konziliare Idee war schon vor der Konstanzer Bischofsversammlung entstanden. Nun wurde sie konkret formuliert und durchgesetzt.
    Überwindung der Spaltung
    Die Einheit sahen kirchliche und staatliche Machthaber auch durch den böhmischen Priester Jan Hus bedroht.Unter anderem lief sein Bild einer armen Kirche auf eine scharfe Kritik am Lebenswandel vieler Kleriker hinaus. Weil seine Forderung nach Reformen zahlreiche Anhänger fand und in Böhmen für Unruhe sorgte, wurde er nach Konstanz zitiert. Obwohl König Sigismund ihm freies Geleit zusicherte, verurteilte ihn das Konzil zum Tode auf dem Scheiterhaufen. Der Fall Hus ist bis heute eine schwere Hypothek für die Kirche, wie Papst Johannes Paul II. 1999 vor internationalen Historikern zum Ausdruck brachte:
    "Heute [...] fühle ich mich verpflichtet, mein tiefes Bedauern auszusprechen für den grausamen Tod von Jan Hus und für die daraus folgende Wunde, Quelle von Konflikten und Spaltungen, die in den Geist und die Herzen des böhmischen Volkes gerissen wurde."
    Die Kirchenspaltung wurde vom Konzil am 11. November 1417 mit der einstimmigen Wahl eines neuen Papstes überwunden. Zuvor hatte es zwei Päpste abgesetzt, der dritte war zurückgetreten. In der Kirche erhielt das Papsttum schließlich die Oberhand zurück. Die Frage, ob und inwieweit ein Konzil dennoch über ihm stehe, brach indes immer wieder auf und führt auch heute noch zu Streit in der katholischen Kirche.