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Kontaktlose Technologie
Schneller mit dem Handy bezahlen

Aldi hat seit Dienstag die NFC (Near Field Communication)-Technologie eingeführt. Bezahlt werden kann jetzt einfach durch das Vorhalten des Handys. Durch die Kontaktlos-Technologie könne man Beträge bis 25 Euro ohne PIN bezahlen, sagte Simeon Gentscheff von der Stiftung Warentest in Berlin. Damit verbunden seien aber auch Gefahren.

Simeon Gentscheff im Gespräch mit Jan Tengeler | 11.06.2015
    Ein Handy mit der Nahbereichskommunikationstechnik NFC Near Field Communication wird am 27.11.2012 beim Trendkongress der Bitkom in Berlin mit der App MyWallet der Telekom an ein Bezahlterminal gehalten.
    Bezahlen mit Handy soll in Deutschland einfacher gemacht werden. (dpa / picture-alliance / Michael Kappeler)
    Jan Tengeler: Der IT-Branchenverband Bitkom hat jetzt eine Studie vorgelegt, die zeigt, dass die Deutschen in Sachen kontaktloses Bezahlen noch viele Bedenken haben. Ein Großteil der Befragten würde im Laden Münzen und Scheine bevorzugen. Nur jeder Zehnte benutze auch hin und wieder das Handy. Vielleicht ändert sich das jetzt, denn mit Aldi hat seit Dienstag eine große deutsche Supermarktkette die NFC-Technologie eingeführt. Bei Aldi Nord benötigt man also kein Bargeld mehr; es geht auch mit dem Smartphone. Kurz vor dieser Sendung habe ich mit Simeon Gentscheff von der Stiftung Warentest in Berlin gesprochen und ihn gefragt, wie diese Technologie genau funktioniert.
    Simeon Gentscheff: Die NFC-Technologie, die Near Field Communication, ist eine Kontaktlos-Technologie. Das heißt, man braucht letztendlich nur die Karte, die Kreditkarte, die man gegen ein Terminal hält, mit einem Abstand von zehn Zentimeter maximal, oder das Smartphone kann man auch dagegen halten. Man muss die Karte nicht mehr einführen wie in der Vergangenheit.
    Tengeler: Muss man noch irgendwo eine PIN-Nummer oder ähnliches eingeben?
    Gentscheff: Der vermeintliche Vorteil ist die Beschleunigung des Bezahlprozesses. Der Kunde hält diese Karte oder das Smartphone nur gegen das Terminal und bis 25 Euro muss keine PIN eingegeben werden. Das heißt, die PIN-Eingabe fällt weg. Das soll Zeit ersparen. Über 25 Euro wird ganz gewöhnlich die PIN abgefragt. Inwieweit am Ende Zeit gespart wird, weiß man nicht genau, denn es gibt ja auch Probleme von Seiten der Konsumenten, die vielleicht nicht genau wissen, wo man diese Karte hinhält. Dann muss der Kassierer letztendlich erklären, wohin das gehalten werden muss, und da kann natürlich auch Zeit verloren gehen.
    Kein umfassender Schutz vor fehlerhafter Bezahlung
    Tengeler: Und die Angst, die Befürchtung, die man ja direkt haben könnte, ich brauche keine PIN einzugeben, ich laufe mit meinem Smartphone, ohne dass ich es möchte, an so einer Station vorbei und da werden mal direkt 25 Euro abgebucht aus Versehen. Kann so was passieren?
    Gentscheff: Das sollte im Normalfall nicht passieren. Die entsprechenden Betreiber haben sich da schon was einfallen lassen. Der Abstand ist mit zehn Zentimeter relativ nah. Man kann nicht mit Abständen von 30 bis 50 Zentimetern bezahlen und im Regelfall kommt ein Konsument nicht versehentlich in zehn Zentimeter Nähe des Terminals. Da sollte man schon gefeit sein vor irgendwelchen fehlerhaften Bezahlungen.
    Tengeler: Was muss ich denn machen, damit ich auf meinem Smartphone oder vielleicht auch meiner EC-Karte noch mal diesen Extra-Chip habe? Oder habe ich den jetzt sowieso schon immer ganz normal und ich weiß das vielleicht gar nicht?
    Gentscheff: Bei Kreditkarten ist es so, dass einige schon diese Möglichkeit besitzen. Die sind freigeschaltet, die haben diesen NFC-Code, zum Beispiel die MasterCard mit dem PayPass oder die VisaCard mit dem VPay. Das ist auf einigen Kreditkarten schon verwirklicht. Das heißt, einige Kreditkartenbesitzer können schon kontaktlos bezahlen. Andere können letztendlich ihre Bank fragen, ob sie eine entsprechende Karte bekommen können, wenn sie Interesse haben. Bei Smartphones ist es so, dass einige Smartphones NFC-fähig sind. Die neueren Modelle von Samsung und auch Apple sind NFC-fähig. Einige ältere Modelle beispielsweise nicht. Und wenn das Handy NFC-fähig ist, muss es natürlich noch entsprechend konfiguriert werden. Will heißen, es braucht eine gewisse App, um am Ende bezahlen zu können.
    Tengeler: NFC, Near Field Communication, ist aber ja auch nur eine Technologie auf dem Markt. Wenn ich das richtig verstanden habe, ist die Resonanz auch deshalb so gering, weil es unterschiedliche Technologien gibt. Ist denn NFC das, was sich jetzt durchsetzen wird? Ist das die eine Sache, auf die man sich dann einschießen und verlassen kann?
    Gentscheff: Apple zum Beispiel hat in Amerika gestartet mit der NFC-Technologie. Die hat es standardmäßig in die Handys integriert. In Deutschland kann man auch bei Apple mit NFC bezahlen. Das ist natürlich auch ein großer Spieler. Viele der neueren Anbieter setzen auf diese Technologie. Ob die sich durchsetzen wird, steht auf einem anderen Papier.
    Aldi in NFC-Technologie eingestiegen
    Tengeler: Dazu, dass sie sich durchsetzen wird, kann natürlich beitragen, dass jetzt mit Aldi eine große Supermarktkette dort eingestiegen ist. Man kann jetzt auch mit dieser NFC-Technologie kontaktlos bei Aldi bezahlen. Wird das dieser ganzen Technologie einen Schub geben?
    Gentscheff: Das kann gut sein, dass der Prozess sich etwas beschleunigt, denn bis zu dem heutigen Zeitpunkt sind relativ wenige Bezahlstellen ausgestattet mit dieser NFC-Technologie. Von den rund 500.000 Bezahlstellen in Deutschland sind weniger als zehn Prozent ausgestattet und für das Funktionieren dieser Technologie oder des Bezahlens mit dem Smartphone ist es schon sehr wichtig, dass der Konsument an vielen Stellen kaufen kann. Mit Aldi ist natürlich ein großer Spieler jetzt auch in die Technologie eingestiegen und das heißt, es gibt vielleicht einen gewissen Schub. Die Frage ist jetzt natürlich, zieht Lidl nach, oder ziehen andere Anbieter nach, und wenn viele weitere Anbieter da nachziehen, dann kann es sein, dass es wirklich in naher Zukunft oder in den kommenden Jahren wirklich funktionieren wird und dass viele Konsumenten diese Technologie benutzen.
    Tengeler: Mit dem Handy bezahlen - bei Aldi ist das jetzt möglich. Was von der kontaktlosen Bezahlung zu halten ist, darüber habe ich mit Simeon Gentscheff - er ist der Experte für Zahlungsverkehr bei der Stiftung Warentest in Berlin - gesprochen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.