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Kontrolle von Fahrverboten
Ratlose Kommunen, skeptische Polizisten

Was Köln, Stuttgart und Berlin droht, gilt in Hamburg schon: Fahrverbote für ältere Dieselautos. Doch lassen sich diese überhaupt kontrollieren? Verkehrsexperten sagen ja, das Beispiel Hamburg aber zeigt: Es ist schwierig.

Von Axel Schröder | 16.11.2018
    Hamburg: Ein Fahrverbotsschild für Fahrzeuge mit Diesel-Motor bis Euro 5 steht an der Stresemannstraße.
    In Hamburg gelten schon Fahrverbote für Diesel, nur an der Durchsetzung hakt es (dpa / picture-alliance)
    Die Stadtverwaltungen wurden von den jüngsten Gerichtsurteilen zu den Fahrverboten offenbar kalt erwischt. Konkrete Pläne für die Umsetzung der Urteile gibt es derzeit noch nicht. In Bonn, erklärt Sprecher Marc Hoffmann, werde man aber schon sehr bald in großer Runde darüber beraten, wie die Durchfahrtverbote umgesetzt werden könnten:
    "Aus diesem Grund haben wir verwaltungsintern jetzt eine Taskforce eingerichtet, die schon nächste Woche das erste Mal tagen wird. Da sind alle Fachbereiche der Stadtverwaltungen dann zusammen. Darüber hinaus auch die Stadtwerke Bonn und die Polizei."
    Ohne die Polizei könnten die Durchfahrverbote nicht durchgesetzt werden. Die städtischen Angestellten seien nur berechtigt, den ruhenden Verkehr, also parkende Autos zu kontrollieren. Aber ohne einen Blick in die Fahrzeugpapiere lässt sich nicht feststellen, welche Abgasnorm ein Fahrzeug erfüllt.
    Fahrverbote in Hamburg - "Allmählich entwickeln die Kollegen einen Blick dafür"
    Welche Autos von den Durchfahrtverboten betroffen sein werden, ist von Stadt zu Stadt anders geregelt. In Bonn sind nur die Reuterstraße und der Belderberg betroffen, in Köln die gesamte Umweltzone, in Stuttgart das gesamte Stadtgebiet. Offen ist auch, wie die Ausweichverkehre umgelenkt werden können und ob sich auf diesen Strecken dann die Grenzwerte für Stickstoffdioxid einhalten lassen.
    In Hamburg, wo an zwei besonders belasteten Straßenzügen schon seit Anfang Juni Durchfahrtverbote für besonders schmutzige Diesel gelten, ist man schon weiter. Dort gab es seitdem drei Großkontrollen der Polizei, bei denen vor allem Lkw aus dem fließenden Verkehr gezogen wurden. Anders sei eine Kontrolle nicht möglich, erklärte dabei Polizeidirektor Andreas Nieberding:
    "Von außen kann man das bei einem Lkw überhaupt nicht erkennen. Wir gucken natürlich drauf, teilweise auch auf’s Alter, weil je älter die Fahrzeuge sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die nicht die entsprechende Diesel-Schadstoffnorm haben. So allmählich entwickeln die Kollegen auch einen Blick dafür, welcher vielleicht in Frage kommt. Dann nehmen wir sie von der Stresemannstraße hier auf’s Heiligengeistfeld, um die Einschränkungen für alle anderen Verkehrsteilnehmer möglichst gering zu halten und dann überprüfen wir das halt hier."
    Polizeigewerkschaften haben Zweifel an Durchsetzbarkeit
    Die Hamburger Gewerkschaft der Polizei kritisiert die Großkontrollen. Dafür reiche das Personal nicht aus. Die gleichen Bedenken hat auch die GdP in Nordrhein-Westfalen. Auch sei es praktisch unmöglich, die Einhaltung der Fahrverbote auf der ebenfalls betroffenen Autobahn 40 bei Essen zu kontrollieren. Der Sprecher des Verkehrsclubs Deutschland - VCD - Gerd Lottsiepen sieht das anders. So könnten an den Autobahnbrücken, an denen schon heute die Technik zur Kontrolle der Lkw-Maut installiert ist, auch die Kennzeichen von Pkw gescannt werden.
    "Das Kraftfahrtbundesamt hat ja die Daten alle gesammelt. Die wissen genau, welchen Schadstoffgrenzwert ihr Fahrzeug einhält oder nicht. Und wenn da ein Auto durchrauscht mit einem Nummernschild, das zu einem Auto passt, also einem Euro-3-Diesel zum Beispiel, dann ist klar: dieses Auto hätte dort nicht fahren dürfen."
    Erst in den nächsten Wochen und Monaten wird klar werden, wie die Kommunen die Fahrverbote umsetzen, wie sie sie kontrollieren und wie Verstöße geahndet werden. In Hamburg fallen bei Verstößen von Pkw-Fahrern 25 Euro, bei Lkw 75 Euro Strafe an. In der Hansestadt sind die Behörden aber zuversichtlich: in den kommenden Jahren würden immer weniger Fahrzeuge mit hohem Schadstoffausstoß auf den Straßen unterwegs sein und die Stickstoffdioxidbelastung würde zurückgehen. Dann würden die Fahrverbote wieder aufgehoben.