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Kontroverse in Israel
Künstler protestieren gegen Loyalitäts-Gesetz

Die israelische Kulturministerin Miri Regev möchte keine Kunst, die sich kritisch mit dem Staat auseinandersetzt. Deswegen soll nur noch Kunst und Kultur gefördert werden, die sich loyal zeigt. Kulturschaffende gehen nun auf die Barrikaden.

Von Tim Aßmann | 20.11.2018
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    Das Israel Kammerorchester Tel Aviv probt (Deutschlandradio / Tim Aßmann)
    Der Pianist Guy Mintus und das Israel Kammerorchester Tel Aviv proben im Süden der Stadt. Das Orchester ist, wie der Großteil des israelischen Kulturbetriebes, abhängig von staatlicher Förderung und die Musiker verfolgen natürlich die Debatte um das geplante Kulturförderungsgesetz. Vor kurzem beteiligte sich das Orchester im Rahmen landesweiter Proteste gegen das Gesetz, mit einer Schweigeminute vor einem Konzert, erzählt der Dirigent und künstlerische Leiter Ariel Zuckermann.
    "Diese Schweigeminute am Anfang des Konzerts - Schweigeminute und Dunkelheit im Saal – war schon als Protest, kleiner Protest, für dieses Gesetz..., das gefährlich ist für die Freiheit."
    Keine Loyalität - kein Geld
    Loyalität in der Kultur. Diesen Titel hat die zuständige Ministerin Miri Regev, dem Gesetz gegeben. Es soll Regevs Kulturministerium ermöglichen, zum Beispiel Theatern, Orchestern, Filmproduktionen oder auch einzelnen Künstlern staatliche Förderung zu entziehen oder gar nicht erst zu gewähren – wenn die Kulturschaffenden aus Sicht der Behörde gegen Regeln verstoßen, die im Gesetz vage formuliert sind. Dort heißt es zum Beispiel: Nicht gefördert werden könne der, der die Prinzipien des Staates in Frage stelle oder in Zweifel ziehe, dass Israel ein jüdischer, demokratischer Staat ist. Ministerin Regev erklärte, das Gesetz basiere auf den Prinzipien von Loyalität und Dankbarkeit dem Staat gegenüber.
    "Es ist ein Gesetz, das die sehr deutliche Linie zwischen Meinungsfreiheit und Hetze ziehen wird. Es ist an der Zeit, dass dieses Gesetz kommt. Es ist an der Zeit, dass die Kultureinrichtungen begreifen: Ja zur Meinungsfreiheit und ja zur Kunstfreiheit aber nein und wieder nein zur Hetze."
    Petition von Kulturschaffenden gegen das Gesetz
    Doch wer definiert, was Hetze ist? Ministerin Regev, die einst Chefzensorin der israelischen Armee war? Hunderte Kulturschaffende im Land haben bereits eine Petition gegen das Gesetz unterschrieben. Auch Staatspräsident Rivlin kritisiert das Vorhaben. Dirigent Ariel Zuckermann sagt.
    "Wenn man das verbietet - die Freiheit, gewisse Komponisten zu spielen oder gewisse Ansagen zu machen, die kritisch sind für Israel, können diese Institute die Zuschüsse vom Staat verlieren oder reduziert bekommen. Das ist schon sehr gefährlich für eine Gesellschaft."
    "Es fängt mit Kultur an, und wo geht es weiter?", fragt Zuckermann. Auch der Jazz-Pianist und Komponist Guy Mintus hält das Gesetz für falsch. Der 27-Jährige ist in Israel geboren und aufgewachsen. Er lebt jetzt meistens in New York und beobachtet das zerrüttete Verhältnis zwischen der politisch eher links orientierten Kulturszene und der zur rechtskonservativen Likud-Partei gehörenden Kulturministerin Regev von Außen.
    "Es müsste nicht so polarisiert zugehen"
    "Sie spielt dieses Spiel und die Anderen spielen es auch. Es braucht Zwei zum Tango. Ich habe die letzten sechs Jahre nicht in Israel gelebt. Von Außen betrachtet, finde ich die Entwicklung unglücklich. Es müsste nicht so polarisiert zugehen."
    Guy Mintus und Ariel Zuckermann hoffen beide nicht, dass das Kulturförderungsgesetz durch das Parlament kommt. In erster Lesung wurde der Entwurf zwar genehmigt, doch nun könnte das umstrittene Gesetz eingefroren werden, weil sich die Regierungskoalition gerade in einer Krise befindet. Ministerin Regev hofft allerdings, dass das Gesetz in einer Woche verabschiedet wird.