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Konzentrierte Sonnenenergie

Sonnenkraftwerke im Wüstengürtel der Erde könnten künftig eine wichtige Rolle spielen. Weil Wärme sich recht gut speichern lässt, könnten sie rund um die Uhr Strom liefern - und somit die schwankende Einspeisung von Windrädern und Solarzellen ins Stromnetz kompensieren. Um die Zukunft der Technologie auszuloten, betreibt man in Jülich seit 2009 ein solarthermisches Turmkraftwerk.

Von Ralf Krauter | 12.09.2012
    "Wir machen das jetzt so: Wir fahren nach ganz oben. Direkt auf die Receiver-Ebene. Und dann gehen wir das Kraftwerk von oben runter."

    Professor Bernhard Hoffschmidt ist Ko-Direktor des Instituts für Solarforschung beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR in Köln-Porz. Das Kraftwerk am Stadtrand von Jülich, an dessen Bau er maßgeblich beteiligt war, ist ein 60 Meter hoher rechteckiger Turm. Auf einer Wiese links davon stehen über 2000 bewegliche Spiegel.

    "Diese Anlage ist nicht gebaut worden, damit sie in Deutschland multipliziert werden können. Diese Anlagen sind für den Sonnengürtel konzipiert","

    erklärt der Ingenieur im Aufzug auf dem Weg nach oben. Die computergesteuerten Spiegel am Boden bündeln das Sonnenlicht auf einem 22 Quadratmeter großen Hitzeempfänger an der Spitze des Turmes, dem sogenannte Receiver.

    ""Wir sind jetzt hinter dem Receiver."

    Obwohl das Kraftwerk gerade nicht läuft, ist es hier oben noch warm wie in einer Sauna. Restwärme vom morgendlichen Betrieb. Die konzentrierte Solarstrahlung trifft außen am Turm auf handtellergroße schwarze Strukturen. 1200 sind es insgesamt. Hoffschmidt:

    "Das ist eine Keramik, eine Wabenstruktur, wie man sie auch als Partikelfilter für Dieselmotoren einsetzt. Und die Strahlung fällt in die Kanäle hinein. Und wenn sie darin reflektiert wird, findet sie nicht mehr heraus. Sprich: Nahezu alles wird absorbiert. Der Wirkungsgrad dieses Absorbers liegt deutlich über 80 Prozent."

    Ohne Kühlung würden sich die Wabenstrukturen im Fokus des Spiegelmeeres rasch auf 2000 Grad erhitzen und kaputt gehen. Um das zu verhindern, saugt ein Gebläse Luft hindurch. Sie strömt durch millimeterbreite Kühlkanäle in den schwarzen Absorbern ins Innere des Turmes und wird dabei auf 700 Grad erwärmt.

    "Dann gehen wir eine runter zum Kessel."

    Die heiße Luft aus dem Hitzeempfänger wandert durch Rohre eine Etage tiefer.


    "So jetzt sind wir beim Kessel, also dort, wo wir die erhitzte Luft nehmen, um Wasser zu verdampfen."

    In einem riesigen Stahlkessel entsteht 450 Grad heißer Wasserdampf. Der bringt dann eine 1,5-Megawatt-Turbine auf Touren, die über einen Generator Strom erzeugt. Überschüssige Wärme wird in einem keramischen Hitzespeicher einen Stock tiefer gebunkert.

    Hoffschmidt: "Er besteht aus einem Wabenkörper, jetzt allerdings eine recht kostengünstige Keramik, die da rein gesetzt wird."

    Ist der Wärmespeicher vollgeladen, kann er die Turbine zwei Stunden auf Trab halten. Dazu wird der Spieß einfach umgedreht und kalte Luft hindurch geblasen, die sich dadurch erhitzt. Die Lichter gehen also auch dann nicht aus, wenn Wolken mal kurz die Sonne verdecken. Bei größeren Kraftwerken ähnlicher Bauart, die künftig im Wüstengürtel der Erde entstehen könnten, ließe sich der Speicher bei Bedarf vergrößern. Um die Kosten in Zaum zu halten, experimentieren die DLR-Forscher seit einiger Zeit mit Sand als Wärmespeichermedium - denn den gibt es in Nordafrika praktisch zum Nulltarif. Die Laborversuche waren erfolgreich. Demnächst soll am Solarturm Jülich eine 150-Kilowatt-Pilotanlage entstehen, die zeigt, ob das Konzept, Hitze in riesigen Sandkästen zu bunkern, praxisreif ist. Parallel dazu wollen die DLR-Forscher die computergesteuerten Spiegel verbessern, denn die sind weniger zielsicher als ursprünglich geplant.

    "Jetzt ist einfach die Leistung, die auf den Receiver geht, geringer als geplant. Und das werden wir im Laufe dieses Jahres ändern. Da werden die alle so umgebaut, dass sie nachher besser sind, als das, was wir am Anfang geplant haben."

    In Algerien gibt es Pläne für den Bau eines größeren luftgekühlten Solarturms mit sieben Megawatt Leistung. Entwickelt haben sie die DLR-Forscher gemeinsam mit deutschen Anlagenbauern. Um rund um die Uhr Strom liefern zu können, soll das Kraftwerk allerdings hybrid aufgebaut sein, also mit zusätzlicher Gasbefeuerung, für die Stromerzeugung bei Nacht. Ob und wann es tatsächlich gebaut wird, ist derzeit noch offen.