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Korruptionsskandal in Malaysia
Ex-Premier Najib Razak droht Haft

25 Millionen Euro Bargeld im Haus, 681 Millionen Dollar auf dem Privatkonto - in Malaysia steht der Ex-Premier Najib Razak vor Gericht. Im Falle eines Schuldspruchs drohen Razak bis zu 20 Jahre Haft. Aber der Ex-Premierminister gibt sich gelassen.

Von Albrecht Breitschuh | 14.07.2018
    Malaysias Regierungschef Najib Razak
    "Ich hatte nie Pläne, das Land zu verlassen", sagt der wegen Korruption angeklagte Ex-Premier Najib Razak. Nach der verlorenen Wahl hatte er angekündigt, erst einmal Urlaub machen zu wollen. (dpa/picture-alliance/Fazry Ismail)
    Wäre es nicht ein so spezieller Ort gewesen, hätte man sagen können: alles wie immer. Der Premierminister Malaysias Najib Razak nimmt mal wieder ein Bad. Und zwar das in der Menge, wie er es oft zu nehmen pflegte, seit er 2009 Premierminister wurde. Zuvor hatte er mehrere Ministerämter inne, war zudem der jüngste je gewählte Abgeordnete Malaysias. Ein Vollblutpolitiker, dessen Vater schon erster Mann im Staate war.
    Der Wahlkampf hatte nur ein Thema: Korruption
    Anfang Juli war Razak aber nicht mehr Premierminister des Landes, und der Ort, an dem seine Ankunft geradezu chaotische Zustände auslöste, war das Oberste Gericht Malaysia. Kurz zuvor war er verhaftet worden. Es geht um Korruption in einem Ausmaß, mit dem Najib einen Spitzenplatz in der Liste derer einnehmen würde, die Politik vor allem als hemmungslose Selbstbereicherung und damit Ausplünderung anderer ansehen. Es geht um Milliarden. Vor Gericht machte Razak nicht den Eindruck, als plage ihn ein schlechtes Gewissen:
    "Sie wissen, dass die neue Regierung Vorwürfe gegen mich erhebt, dass sie gegen mich ermitteln will. Das ist der Preis dafür, dass ich diesem Land und seinen Bewohnern 42 Jahre lang gedient habe, aber ich bin gerne bereit ihn zu bezahlen. Ich bin von meiner Unschuld überzeugt, hoffe nur auf einen fairen Prozess und sehe in ihm eine goldene Gelegenheit, meine Unschuld zu beweisen."
    Der malaysische Politiker Mahathir Mohamad
    Mahathir bin Mohamad (92) war schon einmal Premierminister von Malaysia und hatte sich trotz seines hohen Alters nochmals zur Wahl gestellt (AFP/ Manan Vatsyayana)
    Die neue Regierung Malaysias ist seit Anfang Mai im Amt, der Wahlkampf hatte nur ein Thema: Korruption. Najibs Nachfolger ist Mahathir bin Mohamad. Nicht irgendein Herausforderer, denn Mahathir war schon in den 80er- und 90er-Jahren Regierungschef und darf mittlerweile die Bezeichnung "Elder Statesmen" völlig zu Recht tragen. Er ist 92 Jahre alt, wirkt aber alles andere als gebrechlich und hat sich vor allem ein Ziel gesetzt - die Ära Razak aufzuarbeiten, der sich für unantastbar hielt, die Opposition unterdrückte und das Land in seinem Sinn kontrollierte:
    "Es geht ja nicht nur um meinen Vorgänger allein, fast alle Ministerien waren daran beteiligt. Sie funktionierten nicht so, wie es ein Ministerium sollte. Sie alle haben Najib geholfen, an der Macht zu bleiben. Wir müssen also die Leute loswerden, die nicht dem Land gedient haben, sondern nur der früheren Regierung."
    Fondsgründer und praktischerweise zugleich Finanzminister
    2009, also kurz nach seiner Wahl zum Premierminister, gründete Najib Razak den Fonds 1MDB, dessen Aufsichtsrat er auch vorstand. Der Fonds nährte sich vor allem von Staatsgeldern, auf die Najib Zugriff hatte, weil er praktischerweise auch Finanzminister war. Bei Spekulationen setzte der Fonds rund elf Milliarden US-Dollar in den Sand, außerdem ergaben Untersuchungen, dass 681 Millionen Dollar aus dem Fonds auf das Privatkonto des damaligen Ministerpräsidenten flossen. Ohne sein Wissen, wie er gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters behauptet:
    "Ich hatte überhaupt keine Ahnung, welches Geld auch immer da überwiesen worden ist. Wenn das so gewesen wäre, hätte ich das auch nicht geduldet. Ich manage nicht die Konten. Was ich weiß ist, dass die Konten Geld aus mehreren Quellen haben, darüber können wir reden. Alles, was ich weiß ist, dass das Geld aus Saudi-Arabien kommt, von König Abdullah."
    25 Millionen Euro Bargeld bei Hausdurchsuchung gefunden
    Es sei ein Geschenk gewesen, und auch seine Frau scheint immer wieder Adressatin von Großzügigkeiten gewesen zu sein. Als kurz nach der Wahl bei einer Durchsuchung im Hause Najibs umgerechnet 25 Millionen Euro Bargeld sichergestellt wurden, stieß die Polizei auch auf eine unüberschaubare Menge an Luxus-Handtaschen, ebenfalls prall gefüllt mit Geld in allen Währungen:
    "Ich will nur Fairness. Obwohl die Sache mit den Handtaschen nicht gut angekommen ist, das ist mir bewusst. Deswegegen möchte ich das hier erklären: Diese riesige Menge an Handtaschen, waren alles Geschenke."
    "Ich hatte nie Pläne, das Land zu verlassen"
    Was sich eben so ansammelt, wenn man an der Seite eines langjährigen Premierministers steht. Es geht um veruntreute Gelder in Höhe von fast vier Milliarden Euro, und als Najib Razak im Mai nach der verlorenen Wahl sagte, er müsse jetzt erst einmal Urlaub machen, hieß das für einige übersetzt: Da will sich einer absetzen, mit dem Privatjet. Schnell wurde der Flughafen in Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur gesperrt, Najib musste bleiben. Nun ist er verhaftet und angeklagt worden.
    "Ich hatte nie Pläne, das Land zu verlassen. Das wäre ein Schuldeingeständnis. Ich kann nicht das Land verlassen, ich bin hier zu Hause, meine Familie ist hier. Ich kann nicht für den Rest meines Lebens auf der Flucht sein."
    Möglicherweise aber für die nächsten 20 Jahre im Gefängnis. Die drohen ihm nämlich, sollte das Gericht ihn für schuldig sprechen.