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Korruptionsskandal
Ministerrücktritte in der Türkei

Seit mehr als zwei Wochen erschüttert ein Korruptionsskandal die Türkei. Nach den Rücktritten des Innen- und des Wirtschaftsministers hat jetzt auch der Umweltminister sein Amt niedergelegt. In Regierungskreisen spricht man von einem "dreckigen Komplott".

25.12.2013
    Mit seinem Rücktrittsgesuch bei Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan will Wirtschaftsminister Zafer Caglayan nach eigenen Aussagen helfen, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Gleichzeitig hält er die Korruptionsermittlung für einen "dreckigen Komplott gegen unsere Regierung, unsere Partei und unser Land".
    Ins Visier der Ermittlungen geraten ist auch der Sohn von Umwelt- und Stadtentwicklungsminister Erdogan Bayraktar. Dieser hat nun als dritter Minister sein Amt niedergelegt. Vorwürfe soll es außerdem gegen EU-Minister Egemen Bagis geben.
    Vom Korruptionsskandal unmittelbar betroffen sind momentan 24 Verdächtige, gegen die bereits ein Strafverfahren läuft. Dazu gehören auch die beiden Söhne der Minister, die nun ihre Rücktrittsgesuche eingereicht haben, sowie der Direktor der staatlichen Halkbank, Süleyman Aslan. Die Festgenommenen sollen einem kriminellen Ring angehört haben, der die Bestechung von Politikern organisierte, um illegale Goldgeschäft der Halkbank mit dem Iran zu vertuschen.
    Der türkische Ministerpräsident spricht von Verschwörung
    Für Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan weitet sich der Skandal zu einer Regierungskrise aus: Die politische Elite der Türkei ist aufgeschreckt, die Finanzmärkte reagierten nervös.
    Erst nach Großrazzien und Festnahmen von zahlreichen Verdächtigen am 24. Dezember hatte die Regierung von den Korruptionsermittlungen erfahren. Daraufhin wurden zahlreiche Polizisten - darunter auch der Polizeichef von Istanbul - aus dem Amt entlassen, 400 mit den Ermittlungen befasste Polizisten wurden versetzt. Regierungskritische Medien sehen in der Reaktion eine Behinderung der laufenden Verfahren.
    Hinter der Affäre könnte ein Machtkampf zwischen Erdogan und den Anhängern des in den USA lebenden islamischen Predigers Fetullah Gülen stehen. Die Gülen-Bewegung gilt als besonders einflussreich in Justiz und Polizei. Bislang unterstützte sie die Regierung Erdogan. Nachdem diese aber angekündigt hatte, die von der Bewegung betriebenen Nachhilfeschulen schließen zu wollen, kam es zum Bruch.
    Udo Steinbach, früherer Leiter des Deutschen Orient-Instituts, sieht eine Erosion der Machtbasis des Ministerpräsidenten. "Die einen sagen, die Auseinandersetzung mit Gezi, aber vor allen Dingen jetzt mit Gülen, hat ihn stark beschädigt."