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Kosmischer Klimawandel

Raumfahrt.- Die Venus erinnert irgendwie an die Hölle: Unter der dicken Wolkendecke herrschen Temperaturen von fast 500 Grad, die Atmosphäre besteht zu 97 Prozent aus Kohlendioxid und der Luftdruck ist 100 Mal so hoch wie auf der Erde. Dennoch könnte die Venus Informationen über den Klimawandel auf unserem Planeten liefern.

Von Guido Meyer | 17.05.2010
    Kein Punkt am Sternenhimmel ist so hell wie die Venus. Wir kennen sie als Morgenstern, je nach Jahreszeit auch als Abendstern, und Amerikaner, Europäer und Sowjets haben sie in den vergangenen Jahrzehnten mehrmals mit Raumsonden besucht. Nun ist Japan an der Reihe. Akatsuki nennt sich die erste Mission Nippons zum Schwesterplaneten der Erde. Ed Strickland von der amerikanischen National Space Society im texanischen Austin über die offenen Fragen rund um die Venus.

    "In der Geschichte der Venus-Erkundung haben wir uns bislang auf die unteren Schichten der Atmosphäre und die Oberfläche konzentriert. Die Meteorologie eines der merkwürdigsten Planeten unseres Sonnensystems haben wir bis heute vernachlässigt. Akatsuki ist eine kleine Sonde, die aus einer Umlaufbahn heraus klimatische Phänomene untersuchen wird."

    Die Venus ist größer als der Mars, fast so groß wie die Erde. Sie ist jedoch doppelt so nah an der Sonne wie der Mars und damit heißer. Auf der Oberfläche herrschen Temperaturen von fast 500 Grad, die Atmosphäre besteht fast nur aus Kohlendioxid, und der Luftdruck auf der Venus ist 100 Mal so hoch wie auf der Erde. Unter ihrer undurchsichtigen Wolkendecke herrscht ein Treibhauseffekt, der wahrscheinlich durch von Vulkanen freigesetztes CO2 verursacht wurde. Es hängt wie eine Glocke über der Oberfläche und sorgt gemeinsam mit der nahen Sonne dafür, dass die Venus einem Backofen gleicht.

    "Die Venus rotiert sehr langsam, in 243 Erdentagen einmal um die eigene Achse. Die höchsten Wolkenschichten, 60 Kilometer über der Oberfläche, rasen jedoch alle vier Tage einmal um den Planeten herum. Diese dynamischen Effekte können wir in Computermodellen kaum nachvollziehen. Wir wissen nicht, was die Zirkulation in der Atmosphäre antreibt."

    Auf diese Wolkenschichten sollen sich die Messungen der Sonde Akatsuki konzentrieren, die deswegen auch Venus Climate Orbiter heißt. Masato Nakamura, Projektmanager der Mission beim Institut für Weltraumwissenschaften (ISAS) der japanischen Weltraumagentur Jaxa:

    "Mit dieser Mission wollen wir die 'Super-Rotation' der Venus untersuchen. Die Wolken rasen mit der gesamten Atmosphäre um den Planeten herum. Wir wollen verstehen, wie sich dieser Schwung auf die Atmosphäre und die Wolken überträgt. Deshalb wird Akatsuki einen Wolkenfilm aufnehmen, auf dem wir die Bewegung der Wolken nachvollziehen können. Alle zwei Stunden soll unsere Sonde ein Foto der Wolkenschicht aufnehmen. Nach zwei Jahren, am Ende der Missionszeit, wissen wir dann hoffentlich, wie sich das Drehmomentum von einem Ort in der Atmosphäre zum nächsten überträgt."

    Erst im letzten Monat hatte Europas Sonde VenusExpress Anhaltspunkte für geologische Aktivitäten auf dem inneren Nachbarplaneten der Erde gefunden. Auch diese soll Japans Sonde nun untersuchen.

    "Wir werden überprüfen, ob es heute noch Vulkanismus auf der Venus gibt und ob es in ihrer Atmosphäre blitzt. Diese Phänomene gibt es zwar hier auf der Erde. Wir sind aber nicht sicher, ob es auch auf der Venus Gewitter und Vulkanausbrüche gibt."

    Neben der Venus-Sonde Akatsuki wird Japans Trägerrakete vom Typ H-IIA auch ein Sonnensegel namens IKAROS an Bord haben. Dieses Solarsail wird sich auf dem Weg zur Venus von der Rakete lösen und dann einen nur mit den Photonen der Sonne angetriebenen Flug durchs All demonstrieren.