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Kosten für Basiskonten
Verbraucher sind sich der Unterschiede nicht bewusst

Es gebe inzwischen zwar für jedermann ein Recht auf ein Girokonto, bei der Auswahl des richtigen Kontos müsse man sich aber im Vorhinein informieren und Preise vergleichen, sagte Verbraucherschützerin Annabel Oelmann im DLF. Denn die Spannbreite sei riesengroß: von kostenlosen bis zu sehr teuren Konten.

Annabel Oelmann im Gespräch mit Susanne Kuhlmann | 02.09.2016
    Ein Kugelschreiber liegt auf Kontounterlagen.
    Inzwische hat jeder einen Anspruch auf ein sogenanntes Basiskonto. (imago)
    Susanne Kuhlmann: Seit zweieinhalb Monaten hat jeder in der Europäischen Union Anspruch auf ein Basiskonto, auf ein Konto also, das es mindestens ermöglicht, Geld einzuzahlen und abzuheben und über das Lastschriften, Überweisungen, Daueraufträge und auch Kartenzahlungen abgewickelt werden können. Am Telefon in Bremen ist Dr. Annabel Oelmann, Vorstand der Verbraucherzentrale dort. Hallo, Frau Oelmann!
    Annabel Oelmann: Hallo!
    Kuhlmann: Sie haben der Bremischen Volksbank gerade für ihr Basiskonto-Angebot die Goldene Nase für besonders verbraucherunfreundliches Verhalten verliehen. Warum?
    Oelmann: Weil der Preis dort wirklich frech war. Wir haben mittlerweile eine Gestaltung am Markt - die Preise variieren ja sehr groß -, dass man entweder einen hohen Pauschalpreis zahlt, oder ein geringes Entgelt und dann viele Einzelposten. Bei der Bremer Volksbank war es wirklich eine Kombination aus beidem. Hier kann der Verbraucher im schlimmsten Fall bis zu 350 Euro für sein Konto pro Jahr zahlen.
    Kuhlmann: Zwischen welchen Polen bewegen sich die Kosten für ein Basiskonto denn generell, nicht nur in Bremen, sondern bundesweit?
    Oelmann: Bundesweit haben wir hier eine Riesenbandbreite, das heißt, von wirklich kostenlosen Angeboten - allerdings überwiegend natürlich im Online-Bereich, beispielsweise DKB, ING DiBa und andere Anbieter - bis hin zu einem sehr hohen Pauschalpreis plus einzelne Buchungen, die ich auch noch bezahlen muss. Das heißt, gerade für das Klientel, was ja häufig finanziell auch nicht gut aufgestellt ist, Sozialleistungen bezieht oder Ähnliches, ist es natürlich wichtig, dort auch Geld zu sparen, und der Vergleich lohnt sich.
    Kuhlmann: Warum ist es überhaupt so von Bedeutung, über eine Kontoverbindung zu verfügen?
    "Ohne Girokonto bin ich kaum existenzfähig"
    Oelmann: Als Mensch heutzutage in Deutschland ohne Konto wird das Leben wirklich schwer. Es beginnt wirklich bei Themen wie: Wie überweise ich die Miete meiner Wohnung? Wo kommt vielleicht auch mein Lohn, mein Gehalt an? Oder wo sollen meine Sozialleistungen hingezahlt werden? Für all diese Sachen brauche ich heutzutage wirklich ein Girokonto. Ohne bin ich kaum existenzfähig.
    Kuhlmann: Wie kommen denn Verbraucher ans günstigste Konto?
    Oelmann: Wichtig ist es einerseits, sich hier auch erst mal bewusst zu sein: Ich habe als Verbraucher wirklich Gott sei Dank jetzt endlich das Recht auf ein Basiskonto. Das heißt, ich habe auch das Recht, zu verschiedenen Anbietern zu gehen. Und wichtig ist es wie immer im Leben: Man muss sich im Vorhinein informieren, Preise vergleichen und dann für sich das Optimale heraussuchen. Es ist ja in Ordnung, wenn ich zum Beispiel sage, ich möchte eine Filialbank unbedingt haben, Online ist nicht ganz so mein Ding. Aber auch da gibt es wirklich Riesenpreisunterschiede und die sind gerade hier wichtig.
    Kuhlmann: Ist denn der Online-Zugang immer gegeben für die Menschen, an die sich dieses Basiskonto-Angebot richtet?
    Oelmann: Teils teils. Hier haben wir wirklich das Problem, dass ein Teil nicht unbedingt überhaupt einen Computer verfügt. Viele, aber auch wirklich das Klientel für ein Basiskonto verfügen mittlerweile über ein Smartphone oder ähnliche Ausstattungen, das heißt, sind auch Online-Banking-fähig. Aber das ist wie immer im Leben von bis. Wir haben alles dabei. Das heißt, es gibt nicht die richtige Lösung oder das eine richtige Konto. Ich muss je nachdem schauen, was für mich passt.
    Kuhlmann: Seit etwa Mitte Juni gibt es ja dieses Angebot. Sind bei Ihnen eigentlich schon viele Beschwerden von Leuten angekommen, die Ärger rund um dieses Basiskonto erlebt haben?
    "Ohne Personalausweis geht hier relativ wenig"
    Oelmann: Bisher wirklich kaum Beschwerden. Wir sammeln wirklich Beschwerden. Das heißt, auch jetzt würde ich gerne noch mal aufrufen: Basiskonto@Verbraucherzentrale-Bremen.de. Wenn Sie irgendetwas haben, vor Ort Probleme haben, schildern Sie es uns gerne. Aber es scheint wirklich im Moment so zu sein, wenn die Verbraucher zu den Banken gehen, dass sie dort auch das Basiskonto bekommen. Im Zweifel haben wir hier wirklich eher das Problem, dass sie sich über die unterschiedlichen Preise gar nicht bewusst sind und nicht vergleichen.
    Kuhlmann: Ganz kurz noch. Wie macht man es denn ganz praktisch, so ein Basiskonto einzurichten? Was braucht man an Unterlagen dafür?
    Oelmann: Das ist wie beim klassischen Girokonto. Ohne Personalausweis oder andere Ausweispapiere geht hier relativ wenig. Man muss sich legitimieren und das funktioniert natürlich einmal im Filialbereich so, dass Sie wirklich vor Ort hingehen und sagen, ich möchte ein Basiskonto und hier ist mein Ausweis und das sind meine anderen Daten. Im Online-Bereich ist es klassischerweise so, dass Sie einen Online-Antrag stellen und dann aber mit Ihrem Personalausweis zur Post vor Ort gehen, und dort findet das sogenannte Postident-Verfahren statt. Das heißt, die Post legitimiert: Ach, Sie sind Annabel Oelmann, das ist Ihr Personalausweis, wunderbar, Sie sind die richtige Person.
    Kuhlmann: Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale Bremen war das über die ersten Erfahrungen mit dem neuen Basiskonto. Danke schön!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.