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Kranke Wildfauna bedroht Mensch und Nutztier

Tollwut, Hühner- oder Schweinegrippe – das sind nur einige Beispiele für Krankheiten, die vom Tier ausgehen und Menschen anstecken können. Die erste Weltkonferenz zur Gesundheitsvorsorge in der Wildfauna begann in Paris.

Von Suzanne Krause | 24.02.2011
    Fledermäuse übertragen Viren wie Ebola oder Nipah, Insekten das Westnile-Fieber. Tödliche Erreger für den Menschen, aber auch für das Wirtstier selbst. Dies wird häufig ebenso vergessen wie einer der Nebenwirkungen des Raubbaus an der Natur - mit der stetigen Ausweitung der Weide- und Ackerflächen und dem rasanten Wachstum der Städte schrumpft der Lebensraum des Wildtierbestands. Damit aber gerät das erste Ziel der Milleniums-Erklärung der Vereinten Nationen in Gefahr: den Hunger in der Welt abzuschaffen, sagt Modibo Traoré, stellvertretender Generaldirektor der Welternährungsorganisation FAO.

    "Der Wildtierbestand bedeutet für die ärmsten Bevölkerungsteile unserer Welt die einzige Quelle tierischer Proteine. Die aber sind für eine ausgewogene Ernährung unersetzlich, speziell bei Heranwachsenden. In manchen Regionen liefern wilde Tiere 30 bis 80 Prozent aller Proteine, die die Armen dort zu sich nehmen."

    1994 schon hat die Weltorganisation für Tiergesundheit eine ständige Arbeitsgruppe zur Überwachung der Gesundheit der Wildfauna einberufen. Ein schwieriges Unterfangen, das jedoch immer dringlicher wird: Der Welthandel mit Tieren und Fleisch nimmt zu, die Bevölkerung wird mobiler, der Klimawandel sorgt dafür, dass Krankheitserreger neue Territorien erobern. Nie zuvor standen Nutztiere und der Mensch in solch engem Kontakt mit Tieren aus der freien Wildbahn, sagt Bernard Vallat. Der Generaldirektor der Weltorganisation für Tiergesundheit setzt nun auf politische Richtlinien zur gesundheitlichen Überwachung der Wildfauna weltweit, auf verstärkten Einsatz der Tierärzte und auf neue Partnerschaften im Kampf gegen Tierseuchen, etwa mit den Jägern.

    "Bei der Hühnergrippe-Epidemie waren die Jäger häufig die ersten, die tote Wildenten fanden. Diese Funde belegten, dass der Virus mit den Zugvögeln hierher vorgedrungen war. Und immer wieder wurde unmittelbar nach den toten Wildenten auch infiziertes Geflügel in einer benachbarten Zuchtfarm entdeckt. Die Beobachtungen der Jäger halfen, auf der Hut zu sein und sofort handeln zu können, um die Seuchenverbreitung bei den Tieren zu stoppen."

    Wilhelm von Trott zu Solz, Mitglied der deutschen Delegation des Jägerweltverbands "Internationaler Rat zum Erhalt der Wildnis", begrüsst den Wunsch der Tiergesundheits-Weltorganisation zur verstärkten Zusammenarbeit ausdrücklich.

    "Es gibt schon sehr gute Beispiele für die Zusammenarbeit. Wenn sie an die Tollwutbekämpfung denken in Europa, wo über Impfaktionen die Tollwut in den letzten 15 Jahren so gut wie eigentlich ausgerottet worden ist. Dazu haben die Jäger im Wesentlichen beigetragen, die diese mit Impfstoff präparierten Hühnerköpfe an die Füchse gegeben haben. Das ist schon mal eine große Errungenschaft. Solche Art Projekte sollten weitergehen."

    Längst nicht immer lassen sich Krankheiten in der freien Wildbahn so direkt bekämpfen wie bei der Tollwut. Eine Umweltschutzorganisation probiert in Bolivien erfolgreich eine andere Methode aus: In einigen Dörfern schulte sie Mitarbeiter in tierärztlichen Grundlagen, sorgte für bessere hygienische Verhältnisse bei der Nutztierzucht und verringerte damit auch das Ansteckungsrisiko für Wildtiere. Mittlerweile gibt die Organisation den Dorfbewohnern gleichfalls Mittel an die Hand, beim Jagdwild erste Anzeichen von Krankheiten zu erkennen und zu melden. Solche Beispiele sollen Mut machen, denn in einer neuen Studie halten amerikanische Wissenschaftler fest: Je niedriger die Artenvielfalt irgendwo ist, desto mehr verbreiten sich dort ansteckende Krankheiten.