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Krankenhausreform
Kritiker sprechen von Etikettenschwindel

Die Bundesregierung will die deutsche Krankenhauslandschaft reformieren. Diese Erneuerung soll vor allem die Versorgung der Patienten verbessern und die Finanzierung der Einrichtungen sichern. Kritiker sprechen jedoch von einem Etikettenschwindel. Die Opposition nimmt gar das Wort "Abwrackprämie" in den Mund.

Von Stefan Maas | 10.06.2015
    Die Vorbereitung sowie die Anästhesie in einem OP.
    Krankenhäuser sollen für außerordentlich gute Leistungen bei Operationen mehr Geld bekommen. Bei schlechten dafür weniger. (picture-alliance / dpa / Klaus Rose)
    Mit der Reform, die zum 1. Januar 2016 in Kraft treten soll, will Gesundheitsminister Hermann Gröhe erreichen, dass Krankenhäuser für außerordentlich gute Leistungen bei Operationen und Patientenversorgung mehr Geld bekommen. Bei schlechten Leistungen dafür weniger, sagte der CDU-Politiker bei n-tv: "Dabei muss es stets darum gehen, den unterschiedliche Risiken gerecht zu werden. Es kann nicht so sein, dass nachher sich Krankenhäuser nur um leicht erkrankte Fälle bemühen. Aber das ist eine Debatte, die längst in der Wissenschaft begonnen hat, die wir auch durch unser unabhängiges Qualitätsinstitut in Zukunft sicherlich intensiv begleiten werden."
    Fallen Krankenhäuser durch anhaltend schlechte Qualität auf, laufen sie Gefahr, dass einzelne betroffene Abteilungen geschlossen werden. Oder sogar das gesamte Krankenhaus.
    Dieses neue System soll dazu führen, dass sich Kliniken spezialisieren. Dadurch soll die Patientensicherheit erhöht und auch die Zahl unnötiger Operationen eingedämmt werden. Gleichzeitig soll die Versorgung im ländlichen Raum verbessert werden: "Diesen Krankenhäuser, wenn sie denn unverzichtbar für die Versorgung in einem Raum sind, wollen wir in Zukunft durch besser ausgestattete Sicherstellungszuschläge helfen. Da, wo es schnell gehen muss, muss Versorgung auch weiterhin gut erreichbar sein. Aber bei den vielen planbaren Eingriffen, die spezalisiertes Wissen und besondere Technik verlangen, muss gelten, nicht alles kann in gleicher Qualität überall geleistet werden."
    Strukturfonds geplant
    Um die Reform zu finanzieren soll ein Strukturfonds mit einem Volumen von bis zu einer Milliarde Euro geschaffen werden. Dafür sollen 500 Millionen Euro aus dem Gesundheitsfonds kommen, die Länder müssen die andere Hälfte beisteuern. Johann-Magnus von Stackelberg, Vizechef des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen, begrüßt die Reformpläne im Grundsatz, auch wenn sie ihm nicht weit genug gehen. Der Strukturfonds aber sei sinnvoll, sagt von Stackelberg: "Was wir wollen ist eine Strukturbereinigung. Es ist nicht nur eine Aussage vieler Krankenkassen, sondern überhaupt der gesamten Fachwelt. Wir haben zu viele Krankenhäuser in Deutschland. Dann ist es auch kein Wunder, dass überflüssige Krankenhäuser rote Zahlen schreiben. Hier bedarf es dringend einer Strukturbereinigung. Deswegen ist der von der Regierung vorgesehene Strukturfonds, dessen Höhe recht überschuabr ist, aber ein vernünftiger und richtiger Weg des Einstiegs, die Krankenhausstruktur zu bereinigen."
    Der Linkenpolitiker Harald Weinberg kritisiert, grundsätzlich würden die Länder finanziell nicht mit in die Pflicht genommen. Nur beim Strukturfonds. Und der sei eher eine Abwrackprämie: "Und da geht es ja darum, dass in übersorgten Gebieten, Einrichtungen, wie Krankenhäuser umgewidmet werden sollen in Reha-Einrichtungen, Altepflegeeinrichtungen und ähnliches. Und das dafür Mittel zur Verfügung gestellt werden sollen. Eine halbe Milliarde vom Bund. Und das Land, dass das sozusagen machen möchte mit einer Einrichtung, soll nochmal die gleiche Summe, die sie aus dem Strukturfonds bezieht, oben drauflegen. Da werden die Länder schon ein Stück weit in die Verpflichtung genommen. Dabei geht es aber nicht um Investitionen, sondern im Deinvestionen, um den Abbau von Investitionen."
    Krankenhausgesellschaft beklagt Etikettenschwindel
    Die deutsche Krankenhausgesellschaft sieht in der geplanten Reform einen Etikettenschwindel. Wo Hilfe draufstehe, seien neue Belastungen drin, erklärte der Präsident der Krankenhausgesellschaft, Thomas Reumann. Durch die Reform werde weder die Versorgung der Patienten verbessert, noch die Finanzierung der Krankenhäuser gesichert. Der beschlossene Gesetzentwurf entziehe den Krankenhäusern allein im Jahr 2017 Mittel in Höhe von einer Milliarde Euro. Das sei weit mehr als das Personalförderprogramm für die Neueinstellung zur Verfügung stelle. Eine Finanzierung der steigenden Betriebskosten, etwa durch Tarifabschlüsse für Pflegekräfte oder Ärzte sei im Reformentwurf nicht vorgesehen.