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Krawalle in Rostock
Ultras die Rote Karte zeigen

Die Randale am Rande des Pokalspiels zwischen Hansa Rostock und Hertha BSC hat die ohnehin angeheizte Diskussion um gewaltbereite Ultra-Gruppierungen verschärft. Die Gewalt unter Ultras habe zugenommen, es müsse über drastische Maßnahmen nachgedacht werden, fordert Dietmar Schilff von der Gewerkschaft der Polizei.

Von Carsten Upadek | 15.08.2017
    Rostocker Hooligans zünden Stadionsitze und einen Banner der Berliner an.
    Eskalierte Gewalt in Rostock: Hansa-Hooligans zünden Stadionsitze und einen Banner der Berliner an. (dpa/ Axel Heimken)
    Erst feuerten Hertha-Fans Feuerwerkskörper und Raketen Richtung Rostocker Zuschauer. Dann verbrannten Hansa-Ultras provokativ ein zuvor gestohlenes 30 Meter langes Hertha-Banner und Stadionsitze. Nach den Randalen wirkten die Vertreter beider Vereine ratlos. Niemand wolle so etwas sehen, so Hertha-Manager Michael Preetz nach dem Abpfiff. Und Robert Marien, Vorstandsvorsitzender von Hansa Rostock:
    "Man muss es so sagen: Manchen geistig minderbemittelten Menschen ist es irgendwie wichtiger, das eigene Wohnzimmer abzufackeln, anstatt die Mannschaft weiter zu supporten. Fällt mir nichts zu ein, den eigenen Fans nicht mal. Wir haben ja gesehen, wie die Reaktion war. Sorry, da sind 20 Einfache, die von der Tapete bis zur Wand denken können, nicht weiter."
    Wurde Polizei durch Hansa-Offizielle informiert?
    Hansa Rostock kündigte in einer Stellungnahme "der Schwere der Verfehlungen angemessene Konsequenzen" und "entsprechende Sanktionen" an. Pikantes Detail jedoch: Laut Rostocker Polizei sei sie durch Hansa-Offizielle vor dem Spiel informiert worden, dass sich das besagte Hertha-Banner im Stadion befinde. Eine Suchaktion blieb aber erfolglos. Es liege "die Vermutung nahe, dass das Banner über vereinseigene Strukturen und mit Wissen von Vereinsoffiziellen ins Stadion gelangen konnte", so die Polizei.
    "Gestern die Vorkommnisse in Rostock haben dazu geführt, dass sich die Politik damit beschäftigen muss", sagte Dietmar Schilff, stellvertetender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, dem Dlf. Die Gewalt unter Ultra-Gruppen habe zugenommen, es müsste über drastische Maßnahmen nachgedacht werden: "Wir sagen eindeutig, dass man jetzt denjenigen, denen es nicht um Fußball geht, sondern um Gewalt, die Rote Karte zeigen muss und aus dem Stadion fernhalten muss."
    Keine Gespräche zwischen Polizei und Ultras möglich
    Das sollte laut Schilff durch Meldeauflagen geschehen. "Das bedeutet, dass diejenigen, die bekannt sind, nicht mehr zu Auswärtsspielen dürfen und müssen sich auf einer Polizeidienststelle melden." Der Versuch, mit Ultra-Gruppen ins Gespräch zu kommen, sei gescheitert.
    Der Fanforscher Jonas Gabler erklärte vor Kurzem hier im Programm, die Ultraszene habe sich ausdifferenziert- und ein Teil radikalisiert. Gründe dafür seien bei Maßnahmen und Beschränkungen der Vereine und Verbände zu suchen, aber auch Kampagnen wie die der Bild-Zeitung in den letzten Wochen, die Ultras vor der neuen Saison als Feindbild ausgemacht hätten:
    "Und ihr wollt Hansa Rostock sein?!"
    "Dieser Druck hat dazu geführt, dass die Kritikfähigkeit in die eigene Szene, in die eigene Kultur hinein immer geringer geworden ist. Und sozusagen so eine Art Widerstandhaltung eingenommen wurde und alles, was von außen kam als bedrohlich wahrgenommen wurde. Und die einzige Antwort von einigen war eine größere Gewaltbereitschaft – wenn die uns so sehen, dann sind wir halt so."
    Auf die Gewalt einiger Ultras beim Pokalspiel reagierte gestern die große Mehrheit der Hansa-Fans. Sie sangen deutlich hörbar: "Und ihr wollt Hansa Rostock sein?!" Offenkundig waren viele Anhänger nicht einverstanden mit dem Verhalten einiger Radikaler in ihren Reihen.