Donnerstag, 25. April 2024

Archiv


Kreative Ansätze für die Hochschullandschaft

Ein Zukunftspakt soll die bisherigen Bund-Länder-Kooperationen für Hochschulen ablösen. Beide Seiten müssen sich dafür von ihren Standpunkten wegbewegen, fordert der Wissenschaftsrat. Neben ausreichender Finanzierung bräuchten Unis auch ein eigenes Profil.

Von Verena Herb | 15.07.2013
    Der Zukunftspakt soll die bestehenden Bund-Länder-Kooperationen ablösen – also den Hochschulpakt, den Pakt für Forschung und Innovation sowie die Exzellenzinitiative: Die bisherigen Vereinbarungen laufen in den nächsten Jahren aus. Im Zukunftspakt nun aufgeführt – ein Bündel von Maßnahmen. Dabei im Fokus: die künftige Finanzierung der Hochschulen in Deutschland.

    "Wir stellen uns vor, die Grundfinanzierung, die wirklich in den letzten Jahren im besten Fall – je nach Metrix – stagniert ist, in vielen Fällen deutlich zurückgegangen ist, die wollen wir erhöhen. Wir wollen sie erhöhen Inflationsrate plus x. Dieses plus x scheint uns notwendig zu sein, um Spielräume zu schaffen, die eine institutionelle Innovation in der Fläche ermöglichen,"

    erläutert der Vorsitzende des Wissenschaftsrates, Wolfgang Marquardt. Man könne nicht immer mehr von der Wissenschaft erwarten, ohne entsprechend zu investieren. Bund und Länder müssen sich dessen bewusst sein.

    "Der Bund muss, genau wie die Länder, in die Verantwortung genommen werden. Bildung und Wissenschaft ist eine eine nationale Aufgabe. Wir müssen eine vernünftige Arbeitsteilung finden im föderalen System. Und wir müssen die Hürden, die letztlich dabei entstehen, auch überwinden."
    Das Grundgesetz gibt diese Hürden vor. Der Bund kann momentan keine Einrichtungen fördern – womit sich seine Unterstützung allein auf einzelne Projektförderungen beschränkt. Auch seien Ländergrenzen manchmal im Weg, so Wissenschaftsvorsitzender Marquardt.

    "Also an der Stelle müssen wir die Hürden abbauen, um das funktional Richtige auch tun zu können. Und dafür müssen sich alle bewegen – der Bund und die Länder."
    Bundesforschungsministerin Johanna Wanka begrüßt grundsätzlich die Empfehlungen des Wissenschaftsrats. Es sei entscheidend, so die Ministerin, die erheblichen Mittel, die Bund und Länder gegenwärtig im Rahmen der großen Pakte ansetzen, auch weiter für Wissenschaft und Forschung einzusetzen. Sie schließt eine dafür nötige Grundgesetzänderung des Artikels 91b nicht aus:

    "Ich kämpfe für eine Grundgesetzänderung, engagiere mich dafür. Und finde es sehr bedauerlich, dass dort aus wahlkampftaktischen Gründen dies jetzt nicht möglich ist."
    Im Positionspapier des Wissenschaftsrats ist zu lesen: Die Umsetzung des Zukunftspakts erfordere eine politische Weichenstellung und finanzielle Prioritätensetzung. Ähnlich wie bereits 2008, als sich die Regierungen des Bundes und der Länder darauf einigten, den Anteil von Bildung und Forschung am Bruttoinlandsprodukt bis 2015 auf zehn Prozent zu steigern. Eine solche Zielsetzung sei auch im Rahmen des künftigen Zukunftspaktes wünschenswert.

    Bundesministerin Johanna Wanka erklärt gegenüber dem Hauptstadtstudio: Die Hochschulen müssen im internationalen Wettbewerb bestehen können – entsprechend müssen sie angemessen finanziert werden. Die Erhöhung der Grundsicherung sei aus Ihrer Sicht durchaus verhandelbar. Jedoch ist die Grundfinanzierung Sache der Bundesländer. Hier müssten Bund und Länder verhandeln.

    Bündnis 90/Die Grünen begrüßen die Empfehlungen des Wissenschaftsrats, vermissen jedoch konkrete Vorschläge, wie eine tragfähige Lastenverteilung zwischen Bund und Länder aussehen könne. Dies sei auch originäre Aufgabe der Politik, so der Grünen-Abgeordnete Kai Gehring, Sprecher für Hochschulpolitik. Der Bund müsse in der gemeinsamen Forschungsförderung eine größere Verantwortung übernehmen und die Länder müssen sich dafür bei der Grundfinanzierung ihrer Hochschulen stärker engagieren.

    Neben der Hauptaufgabe, der Finanzierung der Hochschullandschaft, drängt der Wissenschaftsrat auch darauf, dass die Hochschulen sich künftig verstärkt auf ihre Profilbildung konzentrieren. Stärken stärken – erklärt Wolfgang Marquardt und somit eine Differenzierung der Hochschulen erreichen:

    "Differenzierung bedeutet auch Ausprägung von Spitzen."

    Die Exzellenzinitiative wollte Spitzen in der Forschung ausprägen. Doch diese Spitzen dürften sich nicht alleine nur auf die Forschung beziehen, sondern auch auf die Lehre. Beispiel: Die Fachhochschulen.

    "Wir brauchen ein leistungsfähiges Hochschulsystem in der Breite. Es nützt gar nichts, wenn wir eine Handvoll Ivy League Hochschulen haben und der Rest der Landschaft darbt und ist nicht mehr in der Lage, die Qualitätsforderungen zu bedienen."
    Wolfgang Marquardt ist von den nötigen Neuerungen überzeugt, weiß aber auch um die Schwierigkeiten, diese umzusetzen. Größte Sorge bereitet ihm das föderale Miteinander.

    "Wir können vieles tun, wenn wir auf der strukturellen Ebene so weitermachen wie bisher. Das ist nicht, dass wir uns lähmen. Aber der Durchbruch, den wir brauchen, der braucht hier, glaube ich, kreative neue Ansätze."
    Kreative neue Ansätze für die Hochschullandschaft also – das fordert der deutsche Wissenschaftsrat.