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Krebserregende Kräutermischungen

Kräutertee gilt als Inbegriff von Gesundheit. Doch nun hat das Bundesinstitut für Risikobewertung teilweise hohe Konzentrationen von krebserregenden Substanzen in Teemischungen gefunden. Die deutsche Teeindustrie will jetzt herausfinden, wie die Giftstoffe in den Tee gelangen, um sie zu minimieren.

Von Philip Banse | 16.07.2013
    Pyrrolizidinalkaloide sind Gifte, die Pflanzen erzeugen, um sich gegen Tiere zu verteidigen, die diese Pflanzen fressen wollen, sagt Professor Alfonso Lampen vom Bundesinstitut für Risikobewertung.

    "Diese Pyrrolizidinalkaloide haben auch toxische Effekte für Menschen, und zwar sind diese Substanzen gentoxis, das heißt, sie können in Abhängigkeit der Konzentration Mutationen auslösen und das Erbgut verändern und sind im Verdacht, krebserregend zu sein."

    In Afghanistan hätten diese Gifte auch zu Leberschäden bei Menschen geführt. Allerdings sei die dort eingenommene Menge tausendfach höher gewesen, als das, was das Bundesinstitut für Risikobewertung jetzt in Tees in Deutschland gefunden hat. Es wurden 220 Teeproben untersucht, die Analyse ist nicht repräsentativ, spiegelt also nicht den Deutschen Tee Markt wieder, auch könne das BfR keine Marken oder Firmen nennen, weil die Giftwerte im Tee stark schwankten - auch innerhalb ein und desselben Produkts.

    Dennoch seien einige Werte relativ hoch: Im Kamillentee etwa hat das BfR 500 Mikrogramm pro Kilogramm gefunden, in schwarzen Tees 100 Mikrogramm pro Kilogramm. Ist das viel? Nun: Für krebserregende Stoffe gebe es keine Grenzwerte, ab wann sie Krebs erzeugen, sagt Professor Lampen. Diese Stoffe müssten schlicht, soweit es geht, raus aus Lebensmitteln.

    Und das sei durchaus möglich, sagt der staatliche Lebensmittelexperte Lampen. Denn Pyrrolizidinalkaloide kommen nicht in den Teepflanzen selber vor, sondern in Pflanzen, die auf den Teeplantagen wachsen. Bei der Ernte, bei der Teeverarbeitung, kämen diese Pflanzen mit dem Gift dann offenbar in die Teemischung. Das allerdings lasse sich verhindern, so Lampen:

    "Beispielsweise, dass die Erntemethoden so verfeinert werden, dass nur die Kamillepflanze verarbeitet wird, und auch in Geräten verarbeitet wird, die ausschließlich für die Kamille beispielsweise benutzt werden sollen, damit nicht weitere Kontaminationen erfolgen können."

    Doch das wird wohl noch etwas dauern. Der Deutsche Teeverband, eine Interessenvereinigung der Teehersteller und -Verkäufer sagt:

    "Wir haben durch die Veröffentlichung des BfR auch erst von diesen Gehalten erfahren. Es war vorher nicht möglich, diese Stoffe in Kräutertees und Tees so zu analysieren."

    Sagt die Geschäftsführerin des Deutschen Teeverbands, Monika Beutgen. Die deutsche Teeindustrie wolle mit der neuen Analysemethode herausfinden, wo Pyrrolizidinalkaloide in den Tee gelangen. Dann sollten die Verarbeitungsprozesse verbessert werden:

    "Wir werden allerdings dafür einige Zeit brauchen, das muss man sehen. Sobald wir die Ursachen kennen, werden wir eine Minimierung fahren. Es muss aber festgehalten werden, dass niemand - auch nicht das BfR - gesagt hat, wir werden das auf Null bekommen. Das Ziel ist eine Minimierung so weit wie möglich."

    Doch auch heute gilt schon: Wir können weiter Tee trinken. Das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt allerdings, nicht immer nur einen Tee zu trinken.

    "Das können wir nur verhindern, indem wir auch ab und an die Teemarke wechseln, andere Tees trinken, mal zwischendurch andere Getränke nehmen und nicht immer bei der gleichen Kamillenteesorte jeden Tag fünf bis zehn Beutel nehmen, sondern einfach ein bisschen mehr wechseln.

    Dann sind sie völlig aus dieser möglichen Zone, wo eine Gesundheitsgefährdung existiert, raus. Und dann kann man auch ganz beruhigt weiter Tee trinken. Ich habe heute Morgen auch einen schwarzen Tee getrunken. Durch dieses Wechseln kann man das eigentlich auch schon sehr gut als Konsument regulieren."