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Krebsimpfstoff
Starre Proteine als Ausgang für die therapeutische Impfung

Das Ziel von Impfungen gegen Krebs ist es, das körpereigene Immunsystem gegen den Tumor einzusetzen. Doch bisher ist es schwierig, passende Impfstoffe zu entwickeln - Forscher haben jetzt eine Möglichkeit gefunden.

Von Magdalena Schmude | 22.09.2014
    Pramod Srivastava ist Arzt und Immunologe am Comprehensive Cancer Center der Universität Connecticut. Er arbeitet seit fast 30 Jahren an der Entwicklung von Krebsimpfstoffen.
    "Was wir vorhaben, ist eine therapeutische Impfung. Das bedeutet, dass Krebspatienten, die bereits eine Chemotherapie oder Operation hinter sich haben und jetzt tumorfrei sind, eine Impfungen erhalten, die das Auftreten eines neuen Tumors verzögert oder ganz verhindert. Eine therapeutische Impfung ist anders als eine prophylaktische und viel schwieriger. Bisher gibt es nicht viele erfolgreiche Beispiele dafür."
    Für eine wirksame Impfung muss das Immunsystem gezielt auf die Krebszellen ausgerichtet werden. Die Immunabwehr kann die veränderten Zellen nur erkennen, wenn sie weiß, wodurch sie sich von normalen Körperzellen unterscheiden. Bei Tumorzellen gibt es dafür einen Ansatzpunkt: Da sich mit den Mutationen in den Genen meist auch der Bauplan der entsprechenden Proteine verändert, tragen die Krebszellen hunderte tumorspezifische Proteine auf ihrer Außenhülle, die sich als Erkennungsmerkmale anbieten. Pramod Srivastava und seine Kollegen suchen mithilfe von gentechnischen Screeningverfahren systematisch nach solchen Proteinen.
    "Wir nehmen einen einzelnen Tumor, lesen seine Gensequenz und vergleichen sie mit der Gensequenz des gesunden Gewebes des selben Patienten. Durch diesen Vergleich können wir die Unterschiede zwischen dem Tumor und dem normalen Gewebe finden. Diese Veränderungen sind bei jedem Patienten anders. Und auf der Basis dieser charakteristischen Veränderungen wollen wir eine spezifische Impfung für jeden Patienten entwickeln."
    Für den Impfstoff werden kleine Teile der veränderten Proteine synthetisch hergestellt. Diese Impfpeptide reichen theoretisch aus, um das Immunsystem zu aktivieren. Das Problem: Bisher ist es schwierig, vorherzusagen, welches von den hunderten strukturell veränderter Oberflächenproteine sich überhaupt als Vorlage für ein Impfpeptid eignet. Denn nicht alle werden von den Immunzellen gleich gut erkannt. Und von denen, die erkannt werden, lösen nur wenige tatsächlich eine Immunantwort aus.
    Die Forscher suchten deshalb nach charakteristischen Eigenschaften, die die Wirkung eines Impfpeptids vorhersagen könnten. Dabei stießen sie darauf, dass sich die veränderten Proteine unterschiedlich stark von ihrem Ursprungsbauplan unterscheiden.
    "Das Kriterium ist sehr einfach: Wie sehr unterscheidet sich eine mutierte Form vom Normalzustand. Diesen Unterschied haben wir berechnet, die Proteine danach sortiert. Und dann die 20 Proteine getestet, bei denen die Differenz zwischen normaler und veränderter Form am Größten war."
    Damit hatte sich zwar die Zahl der möglichen Kandidaten stark reduziert, doch auch von diesen Peptiden schützte in Impfversuchen mit Mäusen nur etwa jedes dritte vor der Entstehung eines Tumors.
    Als die Forscher deshalb nach einem zusätzlichen Merkmal suchten, um geeignete Peptide zu erkennen, fiel ihnen auf, dass die wirksamen eine weitere Gemeinsamkeit haben: Sie alle besitzen eine besonders starre Struktur.
    "Wenn ein Peptid schlaff und nicht starr ist, hat es weniger Chancen mit den Immunzellen zu interagieren. Es wackelt einfach in der Gegend herum. Wenn es starr ist, sind die Chancen höher, selbst wenn es schlecht bindet."
    Diese Erkenntnis erwies sich als entscheidend. Als die Forscher von den stark veränderten Peptiden nur noch die einsetzten, die außerdem besonders starr sind, konnten sie eine konstant gute Schutzwirkung auslösen.