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Kriegsschäden in Afghanistan
Bundeswehr zahlt eine Million Dollar

Die Bundeswehr hat für die von ihr verursachten Kriegsschäden in Afghanistan mehr als eine Million US-Dollar gezahlt. Jetzt gibt es erstmals eine - wenn auch lückenhafte - Liste mit Beträgen und Einzelfällen. Mehr als die Hälfte des Gesamtbetrags entfällt auf einen Angriff, der in der Öffentlichkeit stand und im März wieder vor Gericht kommen soll.

25.01.2015
    Bundeswehr-Pioniere in der afghanischen Provinz Kunduz
    Bundeswehr-Pioniere in der afghanischen Provinz Kunduz (imago)
    Im Anti-Terror-Kampf in Afghanistan ist unter dem Kommando von Bundeswehr-Oberst Georg Klein eine fatale Fehlentscheidung getroffen worden. Er gab den Befehl, einen von Taliban-Kämpfern gekaperten Tankwagen in Kundus zu bombardieren. Dabei starben mindestens 137 Menschen - so viele wie noch nie im Krieg seit 2001. Die Bundeswehr hat den Hinterbliebenen Entschädigung gezahlt - auch in vielen anderen Angriffen. Jetzt gibt es erstmals eine Liste mit Beträgen und Einzelfällen. Die Liste war vom Verteidigungsministerium auf Anfrage des Linken-Bundestagsabgeordneten Jan van Aken zusammengestellt worden; sie liegt der Nachrichtenagentur dpa vor.
    Mehr als die Hälfte des Gesamtbetrags von 1,1 Millionen Dollar (momentan 996.000 Euro) entfällt mit 601.000 Dollar auf die Bombardierung in Kundus. Den Familien von 90 Opfern des Bombardements wurden jeweils 5.000 Dollar ausgezahlt. Hinzu kamen 135.000 Euro "Winterhilfe". Es handele sich in allen Zahlungen um freiwillige Kompensation, nicht um ein Schuldeingeständnis. Über die Höhe der Entschädigung der Opfer von Kundus läuft immer noch ein Rechtsstreit. Nachdem das Landgericht Bonn eine Schadenersatzklage im Dezember 2013 abgewiesen hatte, wird der Fall voraussichtlich im kommenden März vor dem Oberlandesgericht Köln verhandelt.
    Einzelfälle erst ab 2010 dokumentiert
    Bundeswehrsoldaten 2012 in Afghanistan
    Bundeswehrsoldaten 2012 in Afghanistan (imago stock&people)
    Neben dem Luftangriff in Kundus hat die Bundeswehr seit Anfang 2010 in vier weiteren Fällen Entschädigung gezahlt: zwischen 1.500 und 7.800 Dollar für Menschen, die durch Schüsse deutscher Soldaten verletzt oder getötet wurden.
    Die restlichen 503.000 Dollar entfielen auf getötete oder verletzte Tiere und Sachschäden - von der zerstörten Brücke bis zum abgebrannten Feld. Der größte einzelne Betrag wurde mit 78.000 Dollar für die bei der Operation "Halmasag" (Dari für Blitz) im Herbst 2010 zerstörten Felder gezahlt. Es war die größte Offensivoperation der Bundeswehr in Afghanistan.
    Für die Jahre 2010 bis 2014 sind 186 Einzelfälle angegeben, für die Zeit zwischen 2002 und 2009 nur Jahressummen.
    Weitere Aufklärung gefordert
    Der Linken-Außenpolitiker Van Aken forderte weitere Aufklärung. "Die Bundeswehr muss jetzt dringend erklären, wer eigentlich warum entschädigt wurde und wer nicht", sagte er. "Könnte es sein, dass die Bundeswehr Entschädigungen für zivile Opfer des Krieges auch mal verweigert hat, um die Bilanz zu schönen, um weiteren Ansprüchen und Klagen zu entgehen?"
    Der Rüstungsexperte der Partei Die Linke im Bundestag, Jan van Aken, gibt am 26.02.2010 in Berlin vor dem Fraktionssaal ein Statement zur der vorhergehenden Aktion während der Bundestagsdebatte über den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr ab.
    Jan van Aken, Linkspartei (dpa picture alliance / Robert Schlesinger)
    (sdö/tön)