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Krim-Referendum
Spielball der Mächte

Am Wochenende stimmen die Bewohner der Krim ab: zwischen Autonomie und einem Anschluss an Russland. Andere Möglichkeiten gibt es nicht. Viele Menschen haben noch keine Einladung zur Abstimmung bekommen, und eine unabhängige Wahlbeobachtung wird es nicht geben. Eine unübersichtliche Ausgangslage, in der historische Ängste und geschickte Propaganda aufeinandertreffen.

Von Florian Kellermann | 14.03.2014
    Ukrainer protestieren in Simferopol auf der Krim gegen das bevorstehende Referendum. Sie tragen die ukrainische Flagge über ihren Schultern.
    Ukrainer protestieren in Simferopol auf der Krim gegen das bevorstehende Referendum. (Pavlishak Alexei, dpa/picture-alliance)
    Ein feuchter Wind weht über die Strandpromenade von Jalta. Es ist kalt für die Jahreszeit, die Menschen gehen in Jacken und Schals an den Palmen entlang. Auch sonst ist manches anders in diesem Jahr: Kaum Urlaubsgäste sind unterwegs, und vor dem Lenin-Denkmal, das sich stolz gegen die hohen Berge im Hintergrund erhebt, steht ein rotes Zelt.
    Vor dem Zelt steht ein Rentner. Er sei hier, um das Denkmal zu verteidigen, sagt er. Denn Nationalisten aus der Westukraine wollten den Kommunistenführer auch hier in Jalta von seinem Sockel stürzen, wie schon in vielen anderen Städten der Ukraine.
    "Das sind Nationalisten. Sie warten nur auf den richtigen Moment, um uns von hier zu vertreiben. Ihre Losung heißt: Die Ukraine den Ukrainern. Sie wollen uns verbieten, auf Russisch zu schreiben, zu sprechen und zu denken."
    In der ukrainischen Hauptstadt Kiew hätten diese Nationalisten schon das Ruder an sich gerissen, so der Rentner - nach dem gewaltsamen Sturz des Ex-Präsidenten Viktor Janukowitsch. Nun seien die anderen Bezirke des Landes dran.
    Vorbereitung auf die Volksabstimmung
    Deshalb geht es ihm und den anderen hier nicht mehr nur um die Leninstatue. Sie wollen die Menschen von Jalta auch auf die Volksabstimmung am Sonntag vorbereiten. Bei dem Referendum soll die Bevölkerung entscheiden, ob die Krim sich von der Ukraine löst und sich Russland anschließt. Eine Frau im Pelzmantel, die sich als Hotel-Direktorin vorstellt, hat sich dazugestellt und nickt.
    "Ich bin Russin, meine Mutter ist Russin, und mein Vater ist Russe. Ich bin dafür, dass die Krim sich Russland anschließt. Als die Ukraine unabhängig wurde vor 23 Jahren, wurden wir einfach in zwei Hälften zerrissen. Unter meinen Angestellten sind viele, deren Verwandte in Russland wohnen, in St. Petersburg und anderen Städten. Wie konnte man uns nur von Russland trennen?"
    Plötzlich unabhängig
    Die Krim mit ihren gut zweieinhalb Millionen Einwohnern gehört erst seit 1954 zur Ukraine. Nikita Chruschtschow, Erster Sekretär der kommunistischen Staatspartei, schlug sie damals der ukrainischen Sowjetrepublik zu. Jahrzehntelang hatte das keine große Bedeutung. Doch mit dem Zerfall der Sowjetunion erklärte sich die Ukraine 1991 für unabhängig. Die russischen Krimbewohner, die heute rund 60 Prozent der Bevölkerung ausmachen, fanden sich plötzlich in einem ihnen fremden Staat wieder.
    Russland muss seitdem Pacht bezahlen dafür, dass es Militär auf der Halbinsel stationieren darf - vor allem seine Schwarzmeerflotte in Sewastopol. Die Krim habe der große Nachbar nie aus den Augen gelassen, sagt Dmytro Omeltschuk, Politologe an der Universität in der Krim-Hauptstadt Simferopol.
    "Russland hat deshalb immer darauf geachtet, die Stimmung auf der Krim zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Es braucht die Krim für seine geopolitischen Ziele. Zumindest will es seine Schwarzmeerflotte auf der Halbinsel behalten. Die strategisch günstige Lage hat dafür gesorgt, dass sie schon immer begehrt und umkämpft war."
    Ein russisches Kriegsschiff passiert den Hafen von Sewastopol.
    Ein russisches Kriegsschiff passiert den Hafen von Sewastopol. (AFP / Filippo Monteforte)
    Tatsächlich ragt die Halbinsel weit in das Schwarze Meer hinein. Wer hier das Sagen hat, der kann im Konfliktfall auch die Häfen des ukrainischen Festlands kontrollieren. Außerdem sind es von der Südspitze nur gut 200 Kilometer zum NATO-Land Türkei auf der anderen Seite. Neben der politischen hat die Krim auch eine wirtschaftliche Bedeutung. Russland baut gerade an einer Gas-Pipeline mit Namen "South Stream", die in unmittelbarer Küstennähe am Meeresboden entlang führt. Und auch im Schwarzen Meer selbst gibt es erhebliche Gas-Vorkommen.
    Moskau will es nun schlicht ausnutzen, dass die ukrainische Regierung nach dem Umsturz so schwach ist wie noch nie. Die Schreckensmeldungen von ukrainischen Nationalisten, die unterwegs auf die Krim seien, werden dabei gezielt gestreut. Das ist leicht, denn viele Krimbewohner beziehen ihre Informationen aus russischen Medien.
    Quittung für Einheitsgedanken
    Aber auch Fehler verschiedener ukrainischer Regierungen spielten Moskau in die Hände, so der Politologe Omeltschuk.
    "Die Politiker in Kiew wollten erreichen, dass das ganze Land denkt, und sich verhält, wie die Ukrainischsprachigen in der Westukraine. Das ist aber gar nicht möglich in einem so multiethnischen Land. Am weitesten war der Ex-Präsident Viktor Juschtschenko gegangen: Eine Nation, ein Volk, eine Kirche – das war sein Motto. Tja, und dafür bekommen wir jetzt die Quittung."
    Der russische Präsident Wladimir Putin könnte die Angliederung der Krim im eigenen Land als großen Erfolg feiern. Schließlich lernen die Schüler dort, dass für die Halbinsel im Lauf der Geschichte viel russisches Blut floss. Außerdem ist seine Intervention auf der Krim Teil des Plans, die noch schwache neue Regierung in Kiew unter Druck zu setzen. Moskau erkennt sie nicht an und besteht darauf, der gestürzte Präsident Viktor Janukowitsch sei weiterhin legitimes Staatsoberhaupt des Nachbarlands. Auch das hat unter anderem innenpolitische Gründe: Der Umsturz in der Ukraine hatte in Moskau die Sorge ausgelöst, auch im eigenen Land könnte es über kurz oder lang zu massiven Protesten gegen die autoritäre Staatsmacht kommen.
    Parade mit Chor
    Wie schwach der ukrainische Staat derzeit ist, zeigt sich an seinen Militärbasen auf der Krim. Diese sind seit knapp zwei Wochen von russischen Soldaten umstellt und abgeriegelt, ohne dass sie sich dagegen wehren.
    Eine bizarre Szene, die sich dem Besucher dort bietet, etwa in Perewalnoje, 30 Kilometer südöstlich von Simferopol: Um den hohen Betonzaun herum marschieren Soldaten mit Maschinengewehren. Unter dem Helm haben sie Masken tief ins Gesicht gezogen. Die ukrainischen Soldaten schauen ungläubig und etwas verängstigt hinter dem Garnisonstor hervor. Der Kirchenchor des Dorfes ist gekommen, um ihnen Mut zu machen. Der Vize-Kommandant der Garnison Valerij Bojko tritt kurz vor das Tor und versucht, das Absurde einigermaßen normal klingen zu lassen.
    "Das Wort Kampfhandlungen will ich gar nicht in den Mund nehmen. Wir sind bereit, die militärischen Objekte und unsere Armee-Einheit zu verteidigen. Ich hoffe jedoch, dass es zu irgendeinem Kompromiss kommt. Einen Krieg wird es nicht geben, denke ich. Wir haben eine politische Führung in Kiew, die Verhandlungen führen und entsprechende Maßnahmen ergreifen sollte."
    Dem ukrainischen Oberstleutnant ist die Erniedrigung anzumerken, dass eine fremde Streitmacht einfach in sein Land kommen und hier die Herrschaft an sich reißen kann. Der Forderung, sich der Krimregierung zu unterstellen, wollten er und seine Soldaten jedoch nicht nachkommen, sagt er.
    Offiziell geben sich die russischen Soldaten bis heute nicht zu erkennen - sie tragen keine Hoheitsabzeichen an ihren Uniformen. Die Krimbewohner nennen sie deshalb spöttisch einfach nur "grüne Männchen". Die Kennzeichen der Militärlastwagen jedoch verraten sie: Sie haben teilweise russische Nummernschilder.
    Inzwischen kontrollieren russische Einheiten praktisch die gesamte Halbinsel, verschiedenen Schätzungen zufolge sind 20.000 bis 30.000 vor Ort. Die Flughäfen sind ebenso in ihrer Hand wie die beiden Verbindungen zwischen dem Festland und der Halbinsel. Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, OSZE, versuchten deshalb mehrmals vergeblich, auf die Halbinsel zu gelangen.
    Auf diese Militärpräsenz stützt sich die neue, Moskau treue Regierung der Halbinsel. Es gehe ihm um mehr Autonomie für die Krim, behauptete Ministerpräsident Sergej Aksjonow zunächst. Doch schon bald ließ er die Katze aus dem Sack. Das für Sonntag angesetzte Referendum soll seinen politischen Kurs legitimieren.
    "Uns geht es dabei nur um die Meinung der Krimbewohner. Wir haben uns viel zu lange der Regierung in Kiew untergeordnet. Was hatten wir davon? Ein verrückter Präsident nach dem anderen kam an die Macht. Der eine versprach uns die Europäische Union, der andere den Beitritt zu einer Zollunion mit Russland. Keiner hat Wort gehalten. Wie die Krimbewohner am Sonntag entscheiden, so soll es sein."
    Propaganda vor dem Referendum
    Eine große Mehrheit im Parlament hatte Aksjonow gewählt, demokratisch war die Abstimmung aber sicher nicht. Immerhin befanden sich zu dem Zeitpunkt pro-russische Milizen, bewaffnet mit Maschinengewehren, im Parlamentsgebäude. Bis dahin hatte Aksjonow in der politischen Szene auf der Halbinsel eher eine Nebenrolle gespielt. Die Partei des 41-jährigen, "Russische Einheit", holte bei der letzten Wahl vor vier Jahren gerade einmal vier Prozent der Stimmen. Schon damals war sie für ein Bündnis mit Russland eingetreten.
    Vladimir Putin im Fernsehen
    Putin auf allen Kanälen - hier in Russland, doch das russische Fernsehen sendet mittlerweile verstärkt auf der Krim (dpa / picture alliance / Maxim Blinov)
    Doch inzwischen sei die Idee populärer, behauptet Vize-Ministerpräsident Rustam Temirgalijew.
    "Das Referendum wäre nur dann ungültig, wenn sich weniger als 50 Prozent der Wahlberechtigten beteiligen. Alle Umfragen zeigen jedoch, dass mehr als 80 Prozent ihre Stimme abgeben werden. Und von ihnen wollen wiederum 82 Prozent den Beitritt zur Russischen Föderation."
    Trotzdem hat die Krimregierung vorsichtshalber die Propagandamaschine angeworfen. Fünf ukrainische Fernsehsender können auf der Krim seit wenigen Tagen nicht mehr empfangen werden, auf ihren Frequenzen senden inzwischen russische Programme. Diese und das staatliche Krim-Fernsehen schwören die Menschen auf die Stimmabgabe ein.
    Ein Beispiel für die Abendnachrichten: Aksjonow empfängt eine Delegation aus einem russischen Bezirk, der Investitionen auf der Krim plant. Danach erklärt er Lehrern bei einer Feierstunde, dass sie künftig, in Russland, viermal so viel verdienen würden wie bisher. Schließlich tritt ein ukrainischer Schachspieler auf, der sich über die mangelnde Förderung in der Ukraine beklagt. "Kein Vergleich mit Russland", sagt er.
    Anti-russischer Protest
    Dabei gibt es sehr wohl auch kritische Stimmen. Täglich versammeln sich in Simferopol Menschen, die für einen Verbleib in der Ukraine demonstrieren, so Inessa Feodosidi, 40 Jahre alt.
    "Ich ziehe meine drei Söhne groß. Und ich will nicht, dass die russische Armee auch sie in grüne Uniformen steckt und als Besatzer in fremde Länder schickt. In mir ist alles angespannt, ich weiß nicht, wie es weitergehen soll. Sicher würden viel mehr Menschen zu Protesten kommen, wenn sie nicht so viel Angst hätten. Schließlich sind in der Stadt pro-russische Milizen mit Maschinengewehren unterwegs."
    Am größten ist der Widerstand unter den rund 300.000 Krimtataren der Halbinsel. Die Volksgruppe war noch im Zweiten Weltkrieg, unter Stalin, deportiert worden, die meisten nach Usbekistan. Viele Tausende kamen bei den Transporten um. Als in der Sowjetunion in den 1980er Jahren die Perestroika begann, durften sie zurückkehren. Sie rechnen der Ukraine an, dass dieses Land sie aufnahm und unterstützte. In Russland sehen sie den Nachfolgestaat der Sowjetunion, die ihnen so großes Leid zufügte.
    Anfangs kam es zu Spannungen mit der slawischen Bevölkerung. Die Krimtataren besetzten Land, um sich Häuser zu bauen, so entstanden südlich von Simferopol große, wild gewachsene Siedlungen. Doch in den vergangenen Jahren lernten die verschiedenen Nationen, sich gegenseitig zu achten und friedlich zusammenzuleben.
    Diese Koexistenz ist nun wieder in Gefahr. Unter den Krimtataren gehe die Angst um, sagt Safure Kadschametowa, Vorsitzende der krimtatarischen Lehrervereinigung. Sie selbst machte vor wenigen Tagen eine erschreckende Entdeckung: Jemand hatte nachts ein Dreieck in die Eingangstür zu ihrem Haus geritzt.
    "Zuerst haben wir uns nichts dabei gedacht. Mein Mann hat das merkwürdige Zeichen mit Schmirgelpapier entfernt. Aber dann kamen Nachrichten über solche Kennzeichnungen auch aus anderen Städten der Krim. Da haben wir erst verstanden: Das ist wie vor 25 Jahren in Usbekistan. Damals wurden die Häuser von Mescheten, einem Turkvolk, so markiert, danach gab es ein Pogrom gegen diese Volksgruppe. Wir leben jetzt in Angst, dass uns das Gleiche passiert."
    In den Siedlungen, wo hauptsächlich Krimtataren leben, haben die Bewohner Bürgerwehren gegründet. Sie patrouillieren jede Nacht, so in der Siedlung "Fontanny 5" im Süden von Simferopol. Remzi Kafadar, Abgeordneter des dortigen Dorfrats, steht wie viele Männer jede Nacht Wache.
    "Gut, dass alle Wege beleuchtet sind, da sehen wir genau, was vor sich geht. Da drüben haben wir ein Blechfass hingestellt, da zünden wir in der Nacht Holz an, wenn es kalt wird."
    In der Siedlung wohnen 125 Familien, davon nur fünf slawische Familien. Eigentlich verstünden sie sich ja ganz gut mit den russischen und den ukrainischen Nachbarn, sagt Remzi. Aber es gebe eben auch viele radikale Russen auf der Halbinsel.
    "Wir haben schon kurz daran gedacht, unsere Frauen und unsere Kinder wegzubringen, zu Freunden auf das ukrainische Festland. Aber schließlich wollen wir nicht noch einmal fliehen, nicht schon wieder!"
    Abstraktes Russland
    Wie viele Krimbewohner tatsächlich für eine Abspaltung der Halbinsel von der Ukraine sind, ist unklar. Bei einer Befragung im vergangenen Jahr sprachen sich nur 26 Prozent dafür aus - das war allerdings, bevor die russischen Medien ihre anti-ukrainische Kampagne begannen. Aber selbst viele derer, die auf den Straßen lautstark "Russland, Russland" skandieren, seien nicht unbedingt für eine Abspaltung. Sie meinten dies oft vor allem als Protest gegen die Regierung in Kiew, sagt die Journalistin Jana Waskowskaja aus Sewastopol.
    Plakate in Sevastopol rufen zur Teilnahme am Referendum auf. Ein Mann geht darunter vorbei.
    Plakate in Sevastopol rufen zur Teilnahme am Referendum auf. (Zurab Kurtsikidze, dpa/picture-alliance)
    "Russland bedeutet für viele: Freiheit, Gerechtigkeit - es ist fast wie ein abstrakter Begriff. Wenn in Kiew Politiker aus der Ostukraine regieren würden, dann wollen plötzlich viel weniger Menschen eine Abspaltung von der Ukraine. Die Menschen können sich ja gar nicht so richtig vorstellen, wie ein Leben in Russland aussieht, welche Probleme da auf sie zukommen. Sie sind sich eigentlich bewusst, dass ihre Vorstellung von Russland eine Traumvorstellung ist."
    Fest steht: Das Referendum am Sonntag wird keinen Aufschluss über die Stimmung im Volk geben. Die Abstimmung erfüllt nicht im entferntesten demokratische Standards. So haben viele Wahlberechtigte bis heute keine persönliche Einladung erhalten. Es gibt noch nicht einmal ein vollständiges und fehlerfreies Wählerverzeichnis, weil die Zentrale Wahlkommission in Kiew nicht kooperiert.
    Umstrittene Wahlbeobachtung
    Auch eine unabhängige internationale Beobachtung der Abstimmung wird es nicht geben. Nachdem die Militärbeobachter der OSZE nicht einreisen konnten, lehnte die Organisation ihrerseits die Einladung ab, als Wahlbeobachter zu fungieren. Schließlich widerspreche das Referendum der ukrainischen Verfassung.
    Dennoch erklärte die Krim-Regierung, es würden Beobachter aus 21 Ländern kommen, darunter aus Deutschland. Welchen Organisationen sie angehören, ist unbekannt. Ausrichten könnten sie ohnehin wenig, sagt der Politologe Omeltschuk. Denn in den Wahlkommissionen sitzen fast ausschließlich Mitglieder der "Partei der Regionen", die auf der Krim komplett zur separatistischen Bewegung übergelaufen sind.
    "Die Beobachter werden das, worauf es ankommt, gar nicht sehen: die Auszählung der Stimmen. Da passiert die Fälschung. Die Wahlkommissionen füllen die Protokolle so aus, wie sie es wollen, egal, wie viele Zettel auf dem Häufchen A oder dem Häufchen B liegen. Das kann niemand überprüfen und niemand anfechten. Denn die Staatsmacht hat auch die Gerichte auf ihrer Seite."
    Ganz abgesehen davon ist schon die Fragestellung des Referendums höchst zweifelhaft. Die Wähler haben nur die Möglichkeit, zwischen einer weitgehenden Autonomie und dem Anschluss an Russland zu wählen. Wer den Status quo und damit die enge Bindung an Kiew beibehalten will, kann gar nichts ankreuzen. Die meisten Gegner des Referendums werden deshalb gar nicht erst zur Abstimmung erscheinen.
    Zweimal hat die Krimregierung den Termin für das Referendum vorverlegt, zunächst sollte es am 25. Mai stattfinden, dann wurde es auf den 30. März und nun auf den 16. März angesetzt. Moskau und Simferopol wollen möglichst schnell Fakten schaffen. Daher werde auch der technische Ablauf einer Angliederung der Krim an Russland mit Hochdruck vorbereitet, sagt Vize-Ministerpräsident Temirgalijew.
    "Zunächst werden sowohl der russische Rubel als auch die ukrainische Hrywnja als Zahlungsmittel gelten. Das ist nicht unüblich, es gibt viele Länder mit zwei oder mehr Währungen. Die ukrainischen Banken hier werden sich allerdings als Auslandsbanken registrieren lassen müssen, wenn die Krim ein Teil der Russischen Föderation wird."
    Am Montag will die Krimregierung das offizielle Ergebnis des Referendums bekanntgeben. Schon kurz darauf wird die Entscheidung aus Moskau erwartet, dass die Krim Teil der Russischen Föderation werden kann. Bis Ende März soll der Anschluss vollzogen sein. Das Tauziehen um die Halbinsel wird damit aber noch lange nicht enden. Schließlich hat der Westen klargemacht, dass all diese Vorgänge nach internationalem Recht null und nichtig sind.