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Kriminelle Einwanderer in Schweden
Polizist provoziert mit Facebook-Posts

Erpressung, Mord, Misshandlung: Auf seiner Facebook-Seite beschreibt ein schwedischer Polizist die angeblichen Taten krimineller Einwanderer. Von Rechten bekommt er Beifall für die Posts, doch er muss auch viel Kritik einstecken. Der Fall zeigt, wie zerrissen Schweden in Bezug auf die Einwanderungspolitik ist.

Von Carsten Schmiester | 14.02.2017
    Ein schwedischer Polizist mit Flüchtlingen am Bahnhof Hyllie in der Nähe von Malmoe.
    Polizist Peter Springare behauptet, dass kriminelle Einwanderer in seinem Arbeitsalltag deutlich überrepräsentiert seien. (picture alliance / dpa / Johan Nilsson)
    Vor gut einem Jahr berichtete die Zeitung "Dagens Nyheter", dass Verbrechen, bei denen Einwanderer die Tatverdächtigen, Täter oder Opfer sind, von der Polizei unter dem Code "291" zentral erfasst, aber nicht veröffentlicht werden. Bisher ist nur durchgesickert, dass in den ersten Monaten unter Code "291" etwa 5.000 Kriminalfälle registriert worden sind und dass die im Vergleich etwa ein Prozent aller Straftaten ausmachen – sollen.
    Zumindest bei schweren Verbrechen sieht es anders aus, behauptet Peter Springare, ein Fahnder aus Örebro, kurz vor der Rente und die derzeit lauteste provozierende Stimme im Land. Auf seiner Facebook-Seite will er wöchentlich über die Arbeit berichten. Ein Auszug aus dem ersten Eintrag:
    "Ich bin es so leid. Was ich schreibe, kann eine Karriere beenden. Aber darauf pfeife ich. Montag bis Freitag: Vergewaltigungen, schwere Körperverletzung, Erpressung, Widerstand gegen die Polizei, Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz, Misshandlung, Mordversuch. Und die Verdächtigen? Sie heißen Ali, Mohammed, Mahmoud, noch ein Ali, und Christoffer. Ist das wahr? Ja, ein schwedischer Name hat sich eingeschlichen am Rande eines Drogendelikts."*
    Beifall und Kritik für Facebook-Berichte
    Dann liefert er eine Liste der Herkunftsländer mutmaßlicher Täter: Unter anderem Irak, Syrien, Afghanistan oder Somalia. Und Schweden weiß nicht, wie es damit umgehen soll. Auf Springares Facebook-Seite viel Beifall, auch von Rechtsaußen. In der öffentlichen Debatte – Kritik. Denn er beklagt den Verfall des Landes, das aus seiner Sicht chaotische Schulsystem, die Verarmung der Rentner, das Versagen der Krankenhäuser, den "Totalzusammenbruch" der Polizei. Dagegen wetterte Jerzy Sarnecki, Professor für Kriminologie an der Stockholmer Universität, im Rundfunk:
    "Mich empören vor allem die verallgemeinernden und falschen Aussagen über die schwedische Gesellschaft. Hier wird angedeutet, dass wir eine Katastrophe im Gesundheitswesen oder in der Altenpflege zu erwarten haben und dass kriminelle Einwanderer der Grund dafür sind."
    Springare wehrte sich:
    "Ich spreche über kriminelle Einwanderer, aber nicht über Einwanderer im Allgemeinen und dass diese krimineller wären als andere. Es gibt auch kriminelle Schweden, die schwere Verbrechen begehen. Das Problem liegt darin, dass kriminelle Einwanderer derart deutlich überrepräsentiert sind und ihre Verbrechen so viel härter sind, als alles, was wir bislang kannten."
    Und er wies den Vorwurf zurück, das er aus politischen Motiven handle. Nicht jeder, der unbequeme Dinge anspreche, sei automatisch ein Rechtsextremer.
    "Dass kriminelle Einwanderer deutlich überrepräsentiert sind, ist eine Tatsache in meinem Arbeitsalltag. Schaut man sich jetzt die Kommentare auf Facebook an, wird mein Beitrag plötzlich mit Rassismus gleichgesetzt. Als ob ich Einwanderer generell als Kriminelle an den Pranger stellen würde. So ist es aber nicht."
    Vorgesetzte bleiben noch gelassen
    Bei Facebook präsentiert er sich aber als verbitterter Mann, der nach fast 50 Jahren in der Polizei restlos die Nase voll hat von dem, was er täglich in seiner Arbeit wahrnimmt. Man hört solche Stimmen öfter hier und das begründet auch den Wirbel um Springare. Er zeigt, wie zerrissen das Land ist zwischen alten Idealen von Toleranz und Offenheit und seiner neuen Wirklichkeit voller Misstrauen und Wut. Noch lassen ihn die Vorgesetzten machen. Auch wenn längst gegen ihn ermittelt wird wegen des Verdachts ausländerfeindlicher Hetze. Reichspolizeichef Dan Eliasson bleibt betont sachlich:
    "In seiner professionellen Rolle als Polizist sollte er die Frage der Herkunft Verdächtiger extrem vorsichtig behandeln. Wenn er aber in seiner Freizeit über Kriminalität unter Einwanderern reden möchte, dann hat er das gleiche Recht zur freien Meinungsäußerung wie alle anderen."
    *In einer früheren Version des Zitates hieß es fälschlicherweise "Sie heißen Ali, Mohammed, Mahmoud, noch ein Ali, aber kein Christopher, nicht einer." Dies haben wir ebenso korrigiert wie die falsche Übersetzung des Wortes "våldtäkt", das anstatt "Körperverletzung" "Vergewaltigung" bedeutet.