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Krisenmanager, Kassenwart, Bankenzähmer

Peer Steinbrück hat in der Wirtschafts- und Finanzwelt schon deutliche Spuren hinterlassen. Vor allem sein resolutes Verhalten nach der Lehman-Pleite machten den Hanseaten zu einem der beliebtesten Politiker des Landes. Doch nicht jedes seiner Manöver war erfolgreich.

Von Theo Geers | 28.09.2012
    Seinen bislang größten Auftritt als Finanzpolitiker hatte Peer Steinbrück, als er im Hintergrund stand und den Vortritt einer anderen überlassen musste. Berlin, 5. Oktober 2008, heute vor fast vier Jahren:

    "Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind. Auch dafür steht die Bundesregierung ein."

    Peer Steinbrück sagte damals gar nichts. Jedenfalls nicht zu den Guthaben. Er, der SPD-Finanzminister, stand nur da, leicht versetzt hinter ihr, der Kanzlerin, die ihn eigentlich gar nicht dabei haben wollte. Peer Steinbrück hinter Angela Merkel – es ist dieser eine Auftritt, der sich den Menschen ins Gedächtnis gebrannt hat. Steinbrück ist zu diesem Zeitpunkt seit knapp drei Jahren Finanzminister der großen Koalition. Unverhofft war er in dieses Amt gekommen, im November 2005. Und fand ein Desaster vor.

    "Glaubwürdige Politik, meine Damen und Herren, muss sich den Realitäten stellen, das weiß ich. Und diese Realitäten heißen zum Beispiel, dass rund 20 Prozent des Haushaltes also insgesamt etwa 50 Mrd. Euro nicht durch nachhaltige Einnahmen gedeckt sind."

    Steinbrück muss und will Schulden abbauen. Überzeugt, der Bund habe vor allem ein Einnahmenproblem, steigert Steinbrück die Einnahmen, dreht an der Steuerschraube.

    In seinen ersten beiden Jahren als Finanzminister werden die Eigenheimzulage gestrichen oder die Mehrwertsteuer auf 19 Prozent erhöht. Das Ergebnis: die Neuverschuldung sinkt kontinuierlich. 2006 auf 27,6 Milliarden Euro, 10 Milliarden weniger als erwartet. 2011 will Steinbrück ohne neue Schulden auskommen. Die Finanzkrise macht ab 2008 all seine Planungen zunichte. Es beginnt mit der Krisenbank IKB, es setzt sich fort mit der Hypo Real Estate und es gipfelt in der Lehman-Pleite im September 2008. Aus dem Finanzminister wird ein Krisenmanager.

    "Ich glaube, es ist keine Übertreibung, wenn wir sagen, dass wir nicht nur in Deutschland sondern weltweit vor einer der größten finanzpolitischen Herausforderungen stehen, es ist Gefahr im Verzug."

    Also peitscht die Bundesregierung unter seiner Ägide in nur einer Woche ein Gesetz zur Einrichtung eines Bankenrettungsfonds durch Bundestag und Bundesrat. Im Gegenzug erhält der Staat Beteiligungen an diesen Banken und ihre Manager bekommen Auflagen aufgebrummt. Peer Steinbrück knallhart:

    " Diese Manager sollten pro Jahr nicht mehr als 500 000 Euro bekommen. Und keine Boni und keine Abfindungen."

    Steinbrück wird zu einem der beliebtesten Politiker des Landes. Immer wieder betont er damals: er helfe nicht den Bankern, sondern der Wirtschaft, für die der Geld – und Kreditkreislauf nicht unterbrochen werden dürfe. Im Gedächtnis hängen bleibt etwas anderes – Steinbrücks Kampf gegen Steuerhinterziehung. Vor allem die in der Schweiz.

    ""Die siebte Kavallerie in Fort Yuma – die man auch ausreiten lassen kann, aber die muss man nicht unbedingt ausreiten. Die Indianer müssen nur wissen, dass es sie gibt, und wenn das alleine schon Nervosität hervorruft, ja dann kommt da ja richtig Zug in den Kamin."

    Die siebte Kavallerie in Fort Yuma, die ausreiten könne, es aber nicht müsse, das war der große Auftritt, das war die Drohung, die Schweiz auf eine schwarze Liste von Steueroasen zu setzen. So groß wie die Empörung darüber in der Schweiz damals war, so groß die Sympathie damals für den Vorstoß hierzulande. Und im Kampf gegen die Steuerhinterziehung ist Steinbrück Überzeugungstäter geblieben. Bis heute. Das Steuerabkommen mit der Schweiz lehnt er ab.