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Krisenwährung Euro

Die Europäische Währungsunion ist in der Dauerkrise und so hat auch der Euro inzwischen erheblich an Attraktivität verloren. Potenzielle Beitrittskandidaten wenden sich ab - etwa Polen. Das Land will vorerst an der eigenen Währung festhalten.

Von Michael Braun | 25.11.2011
    Polen will nicht überheblich sein. Aber das Land, das den Euro immer wollte, weil es sich immer zu Westeuropa zugehörig fühlte, das Land zuckt nun zurück. Die niedrigen Zinsen und der Wegfall der Wechselkursrisiken, das reizt immer noch in einem Land, das ein Viertel seines Außenhandels allein mit Deutschland abwickelt.

    Aber diese Vorteile machen nicht blind für die Nachteile. Und mahnt Andrzef Raczko, ein Vorstandsmitglied der polnischen Nationalbank, Euroland müsse sich wandeln, wenn es für Polen attraktiv bleiben wolle.

    "Wir brauchen sehr viel mehr Zusammenarbeit der Euroländer mit dem Ziel, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Und es muss eine wirklich seriöse Finanzpolitik her. Denn bisher, keine Frage, war das kein Club von Gentlemen."

    Wenn ein polnischer Nationalbanker so redet, dann weil er weiß, was möglich ist. Auch Polen hat Subventionen der EU bekommen, zwischen 2007 und 2013 werden es 67 Milliarden Euro sein.
    Das Geld floss und fließt als Dreingabe auf eigene polnische Ausgaben. Polen hat dafür Straßen und Flughäfen und Universitäten mit ingenieurwissenschaftlichen Fakultäten gebaut, hat es nicht konsumiert.
    Deshalb kommen gerne Unternehmen aus dem Ausland. Mittlerweile investieren sie nicht mehr nur der niedrigeren Löhne wegen, sondern stecken Geld in Erweiterungsinvestitionen, weil die Nachfrage aus Polen selbst mit seinen 38 Millionen Einwohnern steigt.

    So geriet Polen in der jüngsten Krise zur "grünen Insel". Hier wuchs auch im Krisenjahr 2009 die gesamtwirtschaftliche Leistung um immerhin 1,7 Prozent. Im Euro-Raum waren es minus 4,1 Prozent.

    Das macht Polen zu einem Partner, gerade von südeuropäischen Euroländern Strukturreformen zu verlangen. Und solange davon wenig umgesetzt ist, wolle man warten mit dem Beitritt zur Währungsunion, meint auch der Staatssekretär im Finanzministerium, Ludwik Kotecki. Seine Devise:

    "We wait and see."

    Soll heißen:

    "Gut, wir wollen der Eurozone noch beitreten. Zuvor wollen wir aber selbst alle Maastrichtkriterien erfüllen. Aber wir wollen auch, dass Euroland seine Spielregeln optimiert und einhält."

    Polen hat dafür schon seit 1996 ein Instrument entwickelt, eine in der Verfassung festgeschriebene Schuldenbremse von 60 Prozent der gesamtwirtschaftlichen Leistung. Krzysztof Kalicki hat sie damals umgesetzt. Der jetzige Chef der Deutschen Bank Polska arbeitete damals als Staatssekretär im Finanzministerium und ist mit dieser Schuldenbremse sehr zufrieden:

    "Ich glaube, das hat uns alle diese 20 Jahre viel geholfen, dass die Politiker mussten das in Betracht nehmen und die Haushalte entsprechend gestalten. Also deswegen: Polen ist heutzutage nicht so verschuldet wie viele andere Länder."

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    Sammelportal dradio.de: Euro in der Krise