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Kritik an Bundespresseamt
"Missverständnisse, die in der Öffentlichkeit diskutiert werden"

Laut einem Bericht des "Stern" hatte es zwischen Bundespresseamt und Innenministerium Streit bei der Vergabe von Media-Etats gegeben. Es geht um 60 Millionen Euro für die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung. Im Dlf widersprach Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer der Berichterstattung.

Ulrike Demmer im Gespräch mit Bettina Köster | 04.01.2018
    Portrait Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer
    Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer (picture alliance / dpa / Sophia Kembowski)
    Bettina Köster: Es geht um viel Geld für Anzeigen und TV Spots, schreibt der "Stern" heute – nämlich um 100 Millionen Euro, die die Bundesregierung für Eigenwerbung ausgeben darf. Aber es geht nicht nur um die vielen Millionen, sondern auch um die damit verbundene Auftragsvergabe, über die Innenministerium und Bundespresseamt gestritten haben sollen, heißt es in dem Bericht.
    Vier Tage vor Weihnachten habe Regierungssprecher Seibert die Vergabe eines Auftrags an die Wiesbadener Agentur Carat, die schon allein 60 Millionen bekommt.
    Sie soll sich in den kommenden zwei Jahren um das Schalten von Anzeigen, Plakaten und TV-Spots kümmern.
    Nach den Recherchen des Stern-Magazins musste das Bundespresseamt die Ausschreibung selbst organisieren, weil es zu Differenzen mit dem Beschaffungsamt des Innenministeriums gekommen sei, die sonst die Ausschreibung übernehmen.
    Was ist denn da nun dran, an der Berichterstattung? Das wollten wir genauer wissen.
    Ich habe Ulrike Demmer stellvertretende Regierungssprecherin gefragt, ob das so stimmt, was der Stern heute schreibt.
    Ulrike Demmer: Nein. Also, vielleicht zum Ersten zu den Unstimmigkeiten mit dem BMI, dem das Beschaffungsamt ja unterstellt ist. Das Bundespresseamt hat im vergangenen August schon, also vor der Bundestagswahl die Leistung Mediaplanung, Mediaeinkauf ausgeschrieben und diese Ausschreibung dann in eigener Regie durchgeführt, weil aufgrund spezieller Rahmenbedingungen und fachlicher Anforderungen das Beschaffungsamt selbst, das in der Tat solche Ausschreibungen üblicherweise übernimmt im Sommer 2016 schon vorgeschlagen hat, dass die Zuständigkeit in diesem Fall für die Neuausschreibung auf das Bundespresseamt übergeht. Trotzdem sind natürlich sämtliche fachlichen Details im gesamten Ressortkreis abgestimmt worden.
    Köster: Das heißt, es gibt keinen Streit zwischen dem Beschaffungsamt des Innenministeriums und dem Bundespresseamt?
    Demmer: Nein, überhaupt nicht.
    40 Behörden und Ministerien sind Nutznießer
    Köster: Jetzt gibt es ja auch noch den Vorwurf, der auch noch im Raum steht in der Berichterstattung des Stern, dass die Hürden in dem Vergabeverfahren zu hoch gesteckt worden seien. Bewerber brauchen einen jährlichen Mindestumsatz von 200 Millionen Euro, um überhaupt teilnehmen zu können, schreibt der Stern. Da sind natürlich wirklich kleinere Agenturen automatisch ausgeschlossen, oder?
    Demmer: Nein. Erstmal muss man - glaube ich - noch mal erklären: wir haben zum ersten Mal Mediaplanung und Mediaeinkauf getrennt voneinander ausgeschrieben, d.h. zum ersten mal, was bisher eine Agentur gemacht hat, wird jetzt auf vier Agenturen verteilt, weil die Mediaplanung auf drei verschiedene Agenturen und mit drei verschiedenen Losen ausgeschrieben worden ist. Die 200-Millionen-Euro-Umsatzhürde galt nur für den Mediaeinkauf. Da hat der öffentliche Auftraggeber im Hinblick auf die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit der Bewerber und Bieter einfach Anforderungen gestellt, die sicherstellen, dass der Bewerber auch überhaupt über erforderlichen wirtschaftlichen und finanziellen Kapazitäten für die Ausführung dieses Auftrages verfügen. Sie müssen sich vorstellen: da sind 40 Behörden und Ministerien Nutznießer dieses Vertrages. Es geht also um ein beträchtliches Volumen. Da ist eben auch ein angemessenes Umsatzvolumen unseres Vertragspartners im Mediaeinkauf wichtig, auch um vorteilhaftere Konditionen für die Bundesregierung aushandeln zu können.
    Keine Unstimmigkeiten zwischen BMI und BPA
    Köster: Im Bundestag regt sich bereits Kritik wegen dieser aktuellen Vergabepraxis. Wird sich möglicherweise noch etwas ändern an der Entscheidung des Bundespresseamtes?
    Demmer: Nein, ich glaube, das liegt wirklich an Missverständnissen, die da in der Öffentlichkeit diskutiert worden sind. Die Ausschreibung war völlig korrekt. Wir haben uns für die wirtschaftlichsten Angebote entschieden. Es gab insgesamt 19 Bewerbungen und jetzt haben zum ersten Mal vier Agenturen den Zuschlag erhalten. Es gibt keine Unstimmigkeiten zwischen BMI und BPA, sondern in Übereinstimmung zwischen Beschaffungsamt und Bundespresseamt ist das Vergabeverfahren selbstständig vom Bundespresseamt übernommen worden. Das Beschaffungsamt hatte dann dem Bundespresseamt noch mal angeboten, zu unterstützen. Darauf haben wir dann gar nicht zurückgegriffen, weil wir gute Experten im Haus haben.
    Köster: Also, alles gelogen vom Stern?
    Demmer: Das ist jetzt Ihre Analyse. Das möchte ich nicht kommentieren.
    Vier Bieter erhalten den Zuschlag
    Köster: Die Kritik an der Vergabepraxis der Werbeaufträge des Bundespresseamtes ist ja nicht ganz neu. Unter Bundeskanzler Schröder rügte bereits der Bundesrechnungshof im Jahr 2002 die Vergabe von Werbeaufträgen an eine Agentur, die von Schröder bevorzugt worden sei. Hängt dieser Schatten vielleicht noch ein bisschen über dem Bundespresseamt?
    Demmer: Nein, das glaube ich nicht. Wie gesagt, wir haben uns bei allen vier Losen für das wirtschaftlichste Angebot entschieden. Es ist inzwischen ein enorm großes Paket, weil mehr als 40 Ministerien und Behörden Nutznießer dieser Verträge sind. Aber gleichzeitig - dadurch dass wir es zum ersten Mal auf vier Lose verteilt haben - dass also die Planung auf drei verschiedene Mediaagenturen verteilt worden ist - weil wir eben Crossmedial, Digital und Außenwerbung voneinander getrennt haben, konnten vier Bieter den Zuschlag erhalten. Es gab 19 Bewerber - deutlich mehr, als noch bei der letzten Ausschreibung. Da waren es nur acht, so dass da ganz sicher keiner benachteiligt oder bevorzugt worden ist.
    Köster: Die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer hat uns erklärt, wie und an wen Aufträge für die Regierungswerbung vergeben werden.