Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Kritik an "Nazis raus"-Tweet von Dlf Kultur
"Was genau sind Rechte?"

Aus Solidarität mit einer ZDF-Journalistin haben wir auch in Angeboten des Deutschlandradio in Sozialen Medien "Nazis raus" geschrieben - und wurden dafür kritisiert. Man sei nicht präzise genug gewesen, räumt Dlf-Onlinechefin Nicola Balkenhol ein.

Nicola Balkenhol im Gespräch mit Sebastian Wellendorf | 09.01.2019
    Ein Demonstrant hält in Berlin ein Plakat mit der Aufschrift "Nazis raus!" hoch.
    "Nazis raus!" ist keine neue Forderung in der deutschen Nachkriegsgeschichte. (picture alliance / dpa / Hannibal Hanschke)
    Rund 8.000 mal "Gefällt mir" bislang, mehr als 2.400 Retweets – eine am Montag über den Twitter-Account von Deutschlandfunk Kultur verbreitete Kachel mit dem Spruch "Nazis raus" hat große Aufmerksamkeit erregt, aber auch viel Kritik. So stören sich viele User in inzwischen mehr als 800 Antworten an der Gleichsetzung von "Rechten" und "Nazis". Im Text zu der Kachel heißt es, "Ein Tweet für alle Trolle und Rechten".
    Auch Nicola Balkenhol, Leiterin des Bereichs Multmedia und Online im Deutschlandfunk, sieht diese Formulierung inzwischen kritisch. Zwar habe der öffentlich-rechtliche Rundfunk die Aufgabe, gesellschaftliche Diskussionen wie diese mitzuführen und der Deutschlandfunk würde auch wieder "Nazis raus" schreiben. Doch hätte man in dem Tweet "mehr differenzieren müssen" bei der Verwendung des Begriffs "Rechte". Mit der gewählten Formulierung habe man den Raum gegeben, zu sagen, "das ist die linke Keule".
    Kritik der SZ
    "Wer rechtsextrem ist, nutzt die Klage über die 'Keule' zur Selbstverharmlosung. Und wer vielleicht einfach nur nicht die liberale Migrationspolitik von Linken und Grünen unterstützt, hat das Gefühl, er werde vorschnell vom politischen Diskurs ausgeschlossen", heißt es in einem Kommentar der Süddeutschen Zeitung.
    Die Zeitung kritisiert, "dass auch etablierte und öffentlich-rechtliche Medieninstitutionen sich dem Narrativ von der Polarisierung kaum noch entziehen können, seit man sie 'Lügenpresse' schimpft". Aus #nazisraus spreche die "hilflose Sehnsucht nach klaren Grenzen und nach einem gesamtgesellschaftlichen Konsens, die seit ein paar Jahren verloren zu gehen drohen".
    Hintergrund der Debatte ist ein Tweet der ZDF-Reporterin Nicole Diekmann. Im Kurznachrichtendienst Twitter schrieb die Journalistin am Neujahrstag "Nazis raus". Für eine ironische Erwiderung in der Folge wurde Diekmann von vielen Usern beleidigt. Aus Solidarität entwickelte sich der Spruch zum Hashtag #nazisraus, der zahlreich geteilt wurde.