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Kritik an Ungarn
Faymann: "Das ist doch keine Politik"

Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann hat sich empört darüber geäußert, dass Ungarn gestern hunderten Flüchtlingen die Weiterreise per Zug nach Österreich erlaubt hat. Für viele von ihnen ging die Reise dann nach München und Rosenheim.

01.09.2015
    Zahlreiche Flüchtlinge aus Afghanistan, Syrien und Pakistan kommen in München mit einem Zug aus der ungarischen Hauptstadt an. Die Polizei nahm die Menschen in Empfang und führte sie zur Registrierung in eine Nebenhalle.
    Flüchtlinge aus Afghanistan, Syrien und Pakistan am Münchner Hauptbahnhof. (picture alliance / dpa / Sven Hoppe)
    Faymann forderte den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban auf, dafür zu sorgen, dass in Ungarn Gesetze eingehalten und die Flüchtlinge kontrolliert würden. "Dass die in Budapest einfach einsteigen [...] und man schaut, dass die zum Nachbarn fahren - das ist doch keine Politik", schimpfte Faymann gestern Abend im ORF-Fernsehen. Er appellierte an Orban, europäisches Recht zu wahren. "Wo ist denn der starke Regierungschef, der immer auffällt durch besonders undemokratische Maßnahmen?"
    Auch die EU-Kommission hatte die ungarische Regierung bereits gemahnt, ankommende Flüchtlinge ordnungsgemäß zu registrieren. Die Behörden in Budapest hatten die Flüchtlinge gestern plötzlich nicht mehr wie bisher daran gehindert, mit der Eisenbahn nach Österreich und Deutschland weiterzureisen. Darauf kam es zu einem Massenandrang auf die Züge.
    Mehrere Züge erreichen Bayern
    Zahlreiche Flüchtlinge erreichten im Laufe des gestrigen Tages den Westbahnhof in Wien. Viele fuhren weiter nach Deutschland - Korrespondentenberichten zufolge ebenfalls ohne Kontrolle. Zwei Züge mit jeweils 200 bis 300 Menschen erreichten am Abend den Münchner Hauptbahnhof und wurden auf Unterkünfte in ganz Bayern verteilt. Knapp 200 weitere aus Ungarn kommende Flüchtlinge trafen in Rosenheim ein.
    In Bayern wird heute das bundesweit erste Aufnahmezentrum speziell für Flüchtlinge vom Balkan eröffnet. In einer Kaserne bei Ingolstadt sollen bis zu 500 Migranten untergebracht werden. Zwei weitere solche Standorte sind in Planung. An den drei Stellen sollen Vertreter aller zuständigen Behörden zusammenarbeiten, um die Verfahren schneller als bisher bearbeiten und die Flüchtlinge zügiger abschieben zu können. Flüchtlinge aus Südosteuropa haben in Deutschland nur geringe Chancen auf Asyl.
    Es wird erwartet, dass sich zur Flüchtlingskrise heute auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy äußern werden. Sie treffen sich am Vormittag im Kanzleramt. Zudem befasst sich der sächsische Landtag mit den steigenden Flüchtlingszahlen. Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) wird sich in einer Sondersitzung auch zu den Ereignissen in Heidenau äußern. Rechtsradikale hatten dort vor zehn Tagen zwei Nächte in Folge vor einer Flüchtlingsunterkunft randaliert.
    (am/jcs)