Freitag, 19. April 2024

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Kritikergespräch
Von Abstürzen und Höhenflügen

Aus Krankheit, Tod und Übermut - das ist der Stoff für Literatur. Vorgestellt werden im Kritikergespräch die skurrile Poesie des demenzkranken Vaters und das Lamento des toten Überfliegers in den neuen Büchern von David Wagner ("Der vergessliche Riese") und Sibylle Lewitscharoff ("Von Oben").

Katharina Teutsch und Tobias Lehmkuhl im Gespräch mit Hubert Winkels | 27.12.2019
David Wagner (r.) und Sibylle Lewitscharoff (l.)
David Wagner (r.) und Sibylle Lewitscharoff (l.) (Foto Wagner: Deutschlandradio/Jelina Berzkalns, Foto Lewitscharoff: dpa/Uwe Zucchi)
Kein Roman, ein Bericht sei das Buch von David Wagner über seinen demenzkranken Vater, konstatiert der Kritiker Tobias Lehmkuhl zu Beginn der Diskussion mit Katharina Teutsch. In deren Verlauf verwandelt sich das Buch dann doch in einen Roman, da die verborgenen Zeichen, die unterschwellige Strömung in ein dramaturgisch und ästhetisches geschlossener Gebiet führen, dessen strenge Konstruktionsbedingungen offen gelegt werden können. Das kritische Urteil verändert sich ein wenig, bleibt allerdings freundlich ambivalent.
David Wagner: "Der vergessliche Riese"
Rowohlt Verlag, Hamburg. 272 Seiten, 22 Euro.
Anders ist dies im Fall von Sibylle Lewitscharoffs Romans "Von oben", der von einem toten Intellektuellen in seinen Flügen über Berlin erzählt, bzw. dessen Gedanken wiedergibt. Die beiden Berliner Kritiker attestieren dem Roman doch eine allzu saloppe Nonchalance. Lewitscharoffs Lieblingsthemen, die Sehnsucht nach Metaphysik in postmetaphysischen Zeiten und ihre skurrilen Folgen würden eher lieblos durchgenudelt als seriös durchgespielt in einer kohärenten Erzählung.
Sibylle Lewitscharoff: "Von Oben"
Suhrkamp Verlag, Berlin. 240 Seiten, 24 Euro.