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Kronprinzessin und Kronprinz der CSU

Wenn das Rennen um Horst Seehofers Nachfolge beginnt, dann werden es wohl Ilse Aigner und Markus Söder unter sich ausmachen. Die Oberbayerin und der Franke stehen zumindest in den Startlöchern.

Von Michael Watzke | 05.09.2013
    Volksfest-Eröffnung in Nürnberg - und Markus Söder zieht Ilse Aigner zum Süßwarenstand:

    "Zuckerwatte! Komm, Ilse!" / "Ich will lieber Mandeln! Krieg ich Mandeln?" / "Zuckerwatte schaut besser aus!"

    Ilse Aigner will Mandeln, aber Zuckerwatte ist das schönere Motiv für die Fotografen:

    "Halt, halt! Bitte beide, beide! Jaaa!"

    Die Bundeslandwirtschaftsministerin und der bayerische Finanzminister strahlen sich gegenseitig an. Er, der Mittelfranke, hat ihr, der Oberbayerin, ein Lebkuchenherz umgehängt. "Franken ist am schönsten" steht darauf. Aber Aigner will jetzt Abenteuer:

    "Jetzt fahren wir wilde Maus." / "Ja, wilde Maus gibt’s auch, wenn Du die fahren willst? Die ist aber echt wild, die wilde Maus. Also ich weiß nicht." / "Wer den Agrar-Rat in Brüssel überstanden hat, wird das auch überstehen!"

    Ilse Aigner und Markus Söder sind Kronprinzessin und Kronprinz der CSU. Das sagt mittlerweile sogar Parteichef Seehofer. Er hält sich seine Nachfolge-Kandidaten wie einen Golfrasen: schön kurz, aber grün und saftig. Darin, sagt Seehofer, unterscheide er sich von CDU-Chefin Angela Merkel.

    "Ich bin ja für die CSU verantwortlich. Und da gilt der Grundsatz: Es ist besser, man spricht über viele Nachfolger als über die These, dass man keinen Nachfolger habe. Es ist besser, wenn die Partei ein personelles Wurzelgeflecht zur Verfügung habe, als wenn man blank dasteht und auf eine Person angewiesen ist."

    So wie die CDU auf Merkel, lässt Seehofer durchblicken. Wobei auch der CSU-Chef sofort mit dem Rasenmäher über die Wiese fährt, wenn einer seiner Kronprinzen den Kopf zu weit rausstreckt. Das bekam vor allem Markus Söder zu spüren. Der Franke neige zu Schmutzeleien, befand Seehofer, er sei vom Ehrgeiz zerfressen. Ins gleiche Horn stieß neulich auch Ilse Aigner in einer Fernseh-Talkshow:

    "Wollen Sie, dass Markus Söder bayerischer Ministerpräsident wird?" / "Er will es!" / Wollen Sie es auch? / "Schau’mer mal …"

    Markus Söder hat das Aigner-Interview nicht gefallen. Aber derzeit kann er sich keinen Streit mit Ilse Aigner leisten. Nur gemeinsam können die beiden dem unangefochtenen und unberechenbaren Horst Seehofer Paroli bieten. Deshalb lächelt der Markus nun die Ilse an.

    "Immer wenn wir zwei zusammengearbeitet haben, - das war in der JU so und im Landtag so - war es das Beste für Bayern! Stimmt’s?" / "So ist es!" / Und das wollen wir auch fortsetzen."

    Trotzdem kann sich der listige Söder ein paar kleine Boshaftigkeiten nicht verkneifen.

    "Und da der Ministerpräsident uns beide mag. Ich glaube, Dich ein bissel mehr – das ist aber auch okay. Ich mag Dich auch mehr als ihn. [Lachen.]" / "Also jetzt wird’s gefährlich …" / "Ist ja ganz normal! Sympathie natürlich nur."

    Natürlich nur Sympathie zwischen Horst und Ilse - das fränkische Schlitzohr Söder versteht es, zweideutige Anspielungen ganz nebenbei unterzubringen. Aigner revanchiert sich lächelnd, indem sie en passant erwähnt, dass sie in Oberbayern dem größten CSU-Bezirksverband vorsteht - im Gegensatz zu Söders kleinem Mittelfranken.

    "Wenn ich eines gelernt habe gerade auf der Brüsseler Ebene, dann dies: Wenn man aus dem größten Mitgliedsland kommt, muss man gerade mit den kleineren und mittleren Verbänden ganz eng zusammenarbeiten." / "Die Franken insgesamt sind so groß wie die Oberbayern. Dies nur mal von der Relation. Mittelfranken, Unterfranken, Oberfranken. Das habe ich schon in der JU propagiert. Dann sind das die beiden großen Blöcke, die zusammenstehen!"

    Diese beiden großen Blöcke entscheiden nach der Landtagswahl über einen wichtigen Posten: Wer wird der mächtigen CSU-Fraktion im bayerischen Landtag vorsitzen? Aigner oder Söder? Sollte Horst Seehofer einen grandiosen Wahlsieg erringen, kann er die Entscheidung treffen. Und würde wahrscheinlich Aigner wählen. Sie dürfte ihm weniger gefährlich werden. Aber würde Söder eine solche Entscheidung akzeptieren? Auch der Finanzminister hat viele Unterstützer in der Fraktion – und pflegt seine Freundschaften. Neulich lud er die neuen CSU-Wahlkreis-Abgeordneten zum Essen ins Hofbräuhaus ein. Sein Signal: Ich wäre ein starker, unabhängiger Fraktions-Chef und kein Büttel von Seehofers Gnaden. Vorerst allerdings gibt sich Söder als Mannschafts-Spieler:

    "Das Wichtigste, finde ich, ist: Die CSU darf nie mehr in eine Situation kommen wie 2007, mit Sturz-Optionen und dem ganzen Hin und Her. Sondern ich glaube, erwachsene, vernünftige Leute haben die Aufgabe, das Beste für das Land zu erreichen. Das gilt sowohl für die Zeit unmittelbar nach der Wahl als auch für die Zukunft. Und ich werde jedenfalls alles dafür tun, dass unsere Partei vernünftig, harmonisch und geschlossen agiert." / "So, und jetzt gehen wir schaukeln!"

    Schaukeln tun die beiden dann auf dem Top-Spin, einem Fahrgeschäft, das für seine wilden Überschläge bekannt ist. Allerdings lassen sich Söder und Aigner nur leicht schunkelnd im Topspin fotografieren. Bevor das Gerät richtig loslegen kann, sind die beiden schon wieder ausgestiegen. Das echte Kandidaten-Karussell – es muss noch warten.