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Kubanische Wirtschaft
Ein Land, drei Währungen

Weil die US-Sanktionen immer spürbarer werden, hat der kubanische Präsident Diaz-Canel die Kubaner auf harte Zeiten eingeschworen. Schon jetzt ist die Lage schwierig - auch dadurch verursacht, dass drei verschiedene Währungen nebeneinander existieren.

Von Burkhard Birke | 23.12.2019
Freiluft-Friseur auf Kuba
Schwieriges Überleben auf Kuba (Deutschlandfunk / Burkhard Birke)
Manolo arbeitet als Taxifahrer. Heute fährt er ein Almendron – so werden die mandelförmigen Oldtimer aus den 1950iger-Jahren genannt. An dem grünen Chevrolet sind wohl nur noch die Form und ein paar Karosserieteile original.
Unter der Haube steckt ein stinkender Dieselmotor, das Lenkrad ist von Peugeot. Der baufällige Ami-Schlitten fungiert als Sammeltaxi. Je nach Entfernung kostet die Fahrt zwischen 10 und 25 CUP, nationale Pesos – gezahlt werden kann aber auch in CUC, dem konvertierbaren Peso. Umrechnungskurs 1:25! Eine Fahrt kostet also maximal ein CUC oder einen Dollar! Akzeptiert werden beide Währungen, freilich nicht überall und erst seit ein paar Jahren.
"Es dürfte nur eine Währung auf Kuba geben. Die Tatsache, dass praktisch drei Währungen im Umlauf sind: CUP, nationaler Peso, CUC, konvertierbarer, und Dollar trifft uns. Der Lohn wird in nationalen Pesos gezahlt, wir müssen aber viele Leistungen in konvertierbaren Pesos oder Dollar bezahlen. Deshalb müssen wir ständig improvisieren."
So klagt Ariel Perez Lago, Direktor beim Staatsrundfunk, sein Leid. Er verdient für kubanische Verhältnisse extrem gut: Über 2000 nationale Pesos, umgerechnet 80 Dollar.
Überleben, wenn der Lohn einfach nicht reicht
Taxifahrer Manolo freilich arbeitet nur jeden zweiten Tag, zahlt 25 Dollar Lizenz und den Sprit pro Tag, am Ende des Monats geht er mit 400 Dollar umgerechnet heim und hat sein Auskommen. Ein Arbeiter oder Rentner muss mit 260 nationalen Pesos, 10,50 Dollar umgerechnet, auskommen, ein Lkw-Fahrer wie Juan verdient das Doppelte. Wie kann man da überleben?
"Improvisieren, Stehlen, illegale Geschäfte machen. Der Lohn reicht hinten und vorne nicht."
Denn mit der Libreta, der Karte, die die Kubaner zum Einkauf subventionierter Lebensmittel berechtigt, kann man allenfalls für zehn Tage Reis, Bohnen und ein wenig Öl kaufen. Längst ist Kuba zu einer Zwei-, oder streng genommen Drei-Klassen-Gesellschaft geworden:
"Wer als Selbstständiger arbeitet, lebt besser als ein Angestellter, der nur seinen Lohn bekommt. Es gibt deshalb drei Klassen: Die Selbstständigen, die Arbeiter und die von der Regierung, denen es natürlich am besten geht", sagt Emilio. Wer ein Taxi, ein Restaurant, ein kleines Privatgeschäft hat oder im Tourismus arbeitet und an konvertierbare Pesos kommt, dem geht es eindeutig besser, zumal es dem Staat bislang kaum gelingt, vom Gewinn der Selbstständigen die nötigen Steuern abzuschöpfen.
Die Versorgungslage in Kuba ist extrem angespannt
In letzter Zeit tun sich freilich auch die Cuenta Propistas genannten Selbstständigen schwer. Die Versorgungslage ist mangels Öllieferungen aus Venezuela extrem angespannt, bestimmte Produkte sind auch gegen Devisen kaum zu bekommen. Das Anlegeverbot US-amerikanischer Kreuzfahrtschiffe hat den Tourismus um ein Fünftel einbrechen lassen. Der devisenträchtige Export von kubanischen Ärzten und Krankenschwestern nach Venezuela, Brasilien und andere Länder ist infolge der Krisen und politischen Umwälzungen eingebrochen. Die US-Regierung hat die Überweisungen der Exilkubaner an ihre Verwandte auf die Insel auf 1000 Dollar pro Trimester begrenzt. Damit veröden drei wichtige Einnahmequellen für Kuba.
Angeblich mehr als vier Milliarden Dollar kosten diese und andere Maßnahmen des US Handelsembargos die Insel pro Jahr.
"Wir sind eine offene Wirtschaft, deren Entwicklung noch von ausländischem Geld abhängt", erläutert der frühere stellvertretende Außenminister Oscar Osmara.
An allen Ecken und Enden fehlen Devisen
Und eine Wirtschaft, die einen Großteil der Nahrungsmittel einführen muss. Dafür werden Devisen benötigt. Um die Überweisungen der Exilkubaner besser abzuschöpfen, wurden jetzt Haushaltswarengeschäfte eröffnet, in denen der Dollar Zahlungsmittel ist – getauscht mit dem üblichen zehnprozentigen Strafabschlag, versteht sich. Somit zirkulieren drei Währungen im Land, obwohl laut Parteitagsbeschluss von 2011 die beiden offiziellen Landeswährungen fusionieren sollten. Dann müsste der Staat aber Löhne zahlen, von denen man leben kann. Vor allem aber muss die Produktivität im Land gesteigert werden. Was wäre ein Lösungsansatz?
"Das ist die Öffnung der Wirtschaft, aber nicht nur für ausländische Investitionen, sondern auch hier selber im Lande. Dass die Leute kleine Privatunternehmen eröffnen können, dass die Bauern eigene Genossenschaften bilden mit der Unterstützung vom Staat, mit Krediten für Traktoren und so weiter. Das wäre vielleicht die Lösung."
Das glaubt Roberto Diaz, der im Tourismus arbeitet und früher in Deutschland gelebt hat.