Mittwoch, 24. April 2024

Archiv

"Künstliche Intelligenz"
Selbstlernende Analyse-Maschine "DeepMind"

Bisher war das Sammeln großer Datenmengen ein großes Thema für Universitäten und Unternehmen. Jetzt geht es vor allem um deren effiziente Analyse mit Hilfe "Künstlicher Intelligenz". Dabei spielt auch Google eine wichtige Rolle.

Von Marcus Schuler | 15.01.2019
    Eine Gruppe von Robotern blickt auf einen Bildschirm mit einem Roboter
    In Zukunft könnte "Künstliche Intelligenz" ganz ohne menschliche Unterstützung auskommen. (imago stock&people)
    Demis Hassabis ist ohne Frage ein Ausnahme-Wissenschaftler, ein Ausnahme-Schachspieler und ein Ausnahme-Game Designer. Kein Wunder also, dass sein 2010 gegründetes Unternehmen DeepMind bereits vier Jahre später vom Suchmaschinen-Unternehmen Google aufgekauft wurde.
    500 Millionen Dollar hat Google angeblich bezahlt. Dem 42 jährigen Briten Hassabis ist jedoch wichtig, dass seine Firma autonom bleibt, auch wenn das Londoner Unternehmen nun Mitarbeiter im Silicon Valley hat.
    Weg von den bisherigen Methoden
    "Traditionelle 'Künstliche Intelligenz' ist handgearbeitet. Die Entwickler haben die Maschine mit ihren Lösungen gefüttert und die Maschine hat nichts anderes gemacht, als ganz plump die Programme auszuführen. Sie hat nichts modifiziert, nichts gelernt. Solche Systeme sind sehr unflexibel und fragil. Wenn etwas Unvorhergesehenes passiert, weiß die Maschine nicht, was sie tun soll", sagt Hassabis.
    Was Hassabis da meint, sind Systeme wie der damalige IBM-Computer Deep Blue, dem es erstmals gelungen war, einen Schachweltmeister zu bezwingen. Solche Systeme wurden von Experten mit Millionen von Lösungen und Spielzügen gefüttert. Die nennt Neurowissenschaftler Hassabis "traditionelles KI".
    Selbstlernende "Künstliche Intelligenz"
    Bei DeepMind geht es um die nächste große Stufe von "Künstlicher Intelligenz" - dem tiefen Lernen, deep learning. Es basiert auf vielen Schichten künstlicher, neuronaler Netze. Die 700 Entwickler und Wissenschaftler bei DeepMind füttern die Maschine mit Beispielen, aus denen sie lernt und selbst Rückschlüsse zieht.
    Big Data, die Auswertung großer Datenmengen, sei für Unternehmen und Universitäten bis vor wenigen Jahren noch das große Thema gewesen, sagt Hassabis. Jetzt sei es "Künstliche Intelligenz", weil KI große Datenmengen effizient analysieren und auswerten kann.
    "KI kann helfen, Struktur in die unstrukturierten Datenmengen zu bringen. Es kann sie automatisieren. Mein persönlicher Traum ist es, KI-unterstützte Wissenschaft zu ermöglichen. Oder sogar einen KI-Forscher zu schaffen, der sein menschliches Gegenüber unterstützen kann."
    KI als Selfmade-Schachprofi
    Hassabis stützt seinen Optimismus auf einen Erfolg, den sein Unternehmen im Dezember bekannt gemacht hat: Sein KI-System Alpha Zero hat es geschafft, durch Schach oder Go-Spiele gegen sich selbst, diese bis zur Perfektion zu erlernen.
    Hassabis nennt ein anderes Beispiel: Das Computerspiel "Breakout", das in den 80er Jahren populär war. Man muss einen Ball solange gegen eine Wand aus Steinen schießen, bis alle weggeschossen sind.
    Nach insgesamt 500 Trainingseinheiten habe der DeepMind Computer das Spiel beherrscht, ohne dass es vom Menschen dafür trainiert worden sei, erzählt Hassabis.
    "Es hat dann zu unserer Überraschung, die Strategie entwickelt, auf der linken Seite einen Tunnel zu schießen und dann den Ball hinter die Wand zu spielen. So erhält es mehr Punkte und minimiert sein Risiko, um so die Regenbogen-Wand schneller abzubauen."
    Mehr als nur begabte Spieler
    Wenn Computersysteme nicht nur Schach oder Go oder Shogi-Spiele nur durch bloße Analysen erlernen können - zu was sind solche Systeme in vielleicht fünf oder zehn Jahren fähig? Genau das will man bei DeepMind in London und im Silicon Valley herausfinden.
    "Wir wollen die erste allgemeine Lernmaschine der Welt bauen. Die Schlüsselworte sind hier Lernen und Allgemein. All unsere Algorithmen bei DeepMind sind Lern-Algorithmen. Gemeint ist damit, dass sie spezielle Aufgaben lösen können, die sie aus rohen Informationen beziehen. Sie lernen selbst, wie sie Aufgaben lösen können.
    Genau solche Systeme sorgen in der Wissenschaftswelt für Aufsehen und lösen in der Welt der Politik eine Reihe ethischer Fragen aus. Hassabis sieht Deep-Learning-Technologie erst ganz am Anfang ihrer Entwicklung. Es werde noch mindestens fünf bis zehn Jahre dauern, bis sie einsatzreif für die reale Welt sei.
    "Es ist eine sehr mächtige Technologie. Ich beschäftige mich deshalb mit ihr, weil sie unsere Welt in technologischen und medizinischen Bereichen verbessern kann. Ich halte die Technologie für neutral. Es hängt davon ab, wie wir als Gesellschaft sie einsetzen wollen. Sie könnte für Waffen verwendet werden und das wäre natürlich schrecklich."