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Kürzungen im italienischen Kulturhaushalt
Das Blaue vom Himmel

Italiens Kulturschaffende erleben ein böses Erwachen: Statt der versprochenen zusätzlichen Gelder sieht das Haushaltsgesetz der neuen Regierung Kürzungen im Kulturbereich vor. Die Politik spricht von Umverteilungen. Sie erschwert zudem durch ein neues Gesetz Orchestern die Arbeit.

Von Thomas Migge | 08.01.2019
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    Auch das Nationalmuseum für zeitgenössische Kunst MAXXI muss sich auf Kürzungen einstellen (imago stock&people)
    Im vergangenen Juni ließ ein Versprechen des neuen italienischen Kulturministers, Alberto Bonisoli, Italiens Kunstszene aufhorchen:
    "Unsere Kulturgüter und unsere kulturellen Aktivitäten benötigen viel mehr Finanzmittel. Wir werden deshalb mehr Geld als die vorherigen Regierungen ausgeben: für Musik, für die Theater und die anderen Kulturbereiche."
    Kürzungen und Umverteilungen
    Doch eingehalten hat Bonisoli sein Versprechen nicht. Tatsache ist, dass das neue Haushaltsgesetz für 2019 die Finanzmittel für den Kulturbereich sowohl kürzt als auch umverteilt. Und zwar so stark kürzt und umverteilt, dass bedeutende Kulturinstitutionen deutlich weniger Geld als bisher haben werden und jetzt nicht mehr wissen, wie sie ihre bereits geplanten Projekte realisieren sollen. Betroffen ist unter anderem das MAXXI, das Nationalmuseum für zeitgenössische Kunst in Rom. Die ehemalige sozialdemokratische Kulturministerin Giovanna Melandri ist mittlerweile Präsidentin des MAXXI. Angesichts der Politik des amtierenden Kulturministers schüttelt sie mit dem Kopf:
    "Schauen Sie sich doch bitte die Bilanz der vergangenen fünf Jahre an! Immer mehr Menschen besuchen unsere Museen. Wir verzeichnen einen Anstieg an privaten Sponsorengeldern. Wir haben im Ausland einen ausgezeichneten Ruf und haben immer mehr Kooperationen auf internationaler Ebene."
    In diesem Jahr erhält das MAXXI anstatt wie bisher zwei Millionen Euro nur noch 500.000 Euro aus dem so genannten "Plan für die zeitgenössische Kunst", kurz PAC. Das ist der Sondertopf des Kulturministeriums für öffentliche Einrichtungen, die sich um zeitgenössische Kunst kümmern.
    Viele Unklarheiten
    Offiziell heißt es aus dem Kulturministerium, dass die auf diese Weise eingesparten Gelder anderweitig eingesetzt würden - und zwar zur Förderung der italienischen zeitgenössischen Kunst im Ausland. Was das genau bedeutet, ist allerdings unklar.
    Auch wenn Roms Bürgermeisterin Virginia Raggi, genau wie Kulturminister Bonisoli von der populistischen Fünf-Sterne-Partei, gegen die beschlossenen Kürzungen und Umverteilungen zögerlich aufbegehrte, verteidigt sie letztendlich doch den neuen Kurs:
    "Wenn man die Dinge grundlegend verändern will, wie wir das wollen in Rom und ganz Italien, dann muss man sich in Geduld üben und abwarten, bis die positiven Auswirkungen unserer Politik sichtbar werden."
    "Gesetz zur Würde der Arbeit"
    Die Verantwortlichen des MAXXI und anderer betroffener Kultureinrichtungen sind angesichts einer solchen Argumentation sprachlos. Und sprachlos sind auch Kulturschaffende im Bereich der klassischen Musik. Ihnen macht ein anderes von der Regierung beschlossenes Gesetz zu schaffen: Das sogenannte "Gesetz zur Würde der Arbeit" sieht vor, dass Freiberufler im Kulturbereich nicht mehrfach hintereinander mit Zeitverträgen beschäftigt werden dürfen. Dabei ist dieses Modell in Italiens Kulturinstitutionen weit verbreitet. Doch nach der neuen Regelung muss ein Arbeitgeber nach zwölf Monaten Zeitvertrag einen Beschäftigten fest anstellen oder aber ein handfestes Argument für seine Nichtanstellung liefern. Der römische Musikkritiker Franco Soda meint dazu:
    "Das bedeutet, dass Hunderte von Musikern mit Zeitverträgen über kurz oder lang ihre Arbeit in Orchestern verlieren werden, weil sich kein Theater und kein Orchester angesichts der ohnehin schon dramatischen Finanzsituation neue Festanstellungen erlauben kann."
    Italiens Musiktheater und Orchester hoffen, dass sie den Kulturminister dazu bewegen können, auf eine Gesetzesänderung hinzuwirken. Doch bislang hat Minister Bonasoli in dieser Richtung nichts unternommen.