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Kuhhorn-Präparate und Bildekräfteforschung

An der Universität Kassel gibt es jetzt den ersten Professor für biologisch-dynamische Landwirtschaft in Europa. Auf den Lehrstuhl wurde der 48jährige Niederländer Ton Baars berufen, der jetzt auf der hessischen Staatsdomäne in Frankenhausen vor den Toren Kassels die bio-dynamische Landwirtschaft erforscht. Diese Form der Bewirtschaftung wurde 1924 von Rudolf Steiner begründet. Mittlerweile gibt es in 50 Ländern über 3500 Höfe, die biologisch-dynamisch wirtschaften. Der größte Anbauverband in Deutschland ist der Demeter Verband.

Von Carolin Hoffrogge | 06.06.2005
    Ton Baars kommt dynamisch und salopp daher. Mit senfgelbem Hemd und dunkelblauem Leinenanzug. Dem 48-Jährigen sieht man an, das er auch zupacken kann. Trecker fahren, Stall ausmisten, Kühe melken, dafür ist sich der Niederländer nicht zu schade. Auf der alten, herrschaftlichen hessischen Staatsdomäne in Frankenhausen fühlt er sich dann auch schon fast zu Hause. Aber als Chef vom Ganzen versteht er sich nicht:

    " Nee, nee, nee. Ich bin nicht der Chef vom Ganzen. Ich bin die neue Professur für biologisch-dynamische Landwirtschaft."

    An der Universität in Kassel lehren 17 Professoren den ökologischen Landbau. Damit bieten sie weltweit den ersten und einzigen Universitätsstudiengang Ökologische Landwirtschaft an. Der neue Lehrstuhl für biologisch-dynamische Landwirtschaft kam durch das Engagement von Studenten zu Stande. Sie wollten mehr über diese Wirtschaftsweise wissen, die 1924 von dem Anthroposophen Rudolf Steiner begründet wurde.

    " Für mich ist das mehr eine Art und Weise von Leben. Es ist viel mehr als nur die Landwirtschaft. Innerhalb der Anthroposophie findet man auch in der Wirtschaft neue Impulse, in der medizinische Sache neue Impulse, in der künstlerischen Sache findet man neue Impulse, also hat es viel mehr zu tun mit dem Leben insgesamt."

    Die biologisch-dynamischen Landwirte teilen sich ihre Arbeit nach dem Mondkalender ein. Neben Eggen, Pflügen und Ernten arbeiten sie im Herbst und Frühjahr mit so genannten Präparaten. Diese Präparate aus Dung oder Mineralien werden in Kuhhörner gefüllt und in der Erde vergraben. Das ist keine Zauberei, sondern erhöht die Bodenfruchtbarkeit ernorm. Professor Ton Baars:

    " Es sind ziemlich unterschiedliche Sachen, die man da nutzt. Einerseits von der Kuh aus den Dung, der durch den Stoffwechsel hindurch gegangen ist. Und andererseits so das Lichte, das so in den Kristallen ist, vom Bergkristall zum Beispiel. Und es gibt viele Forschungsergebnisse in diese Richtung, die eigentlich zeigen, dass die Pflanzen sich dann viel besser entwickeln in die Richtung, das die Eigenheit des Pflanzentyps, der Rasse, das wird viel besser bestimmt. Es gibt auch Qualitätsforschung, Geschmack, aber auch Bildekräfteforschung, die zeigen, dass es bestimmte Wirkungen gibt von diesen Präparaten."

    Ohne Rindviecher geht in der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise gar nichts. Und weil er sich mit Rindern besonders gut auskennt, an seinem ehemaligen Forschungsstandort im holländischen Driebergen, dem Louis Bolk Institut seit zehn Jahren zu ihrer Haltung und Gesundheit geforscht hat, schlägt Ton Baars Herz auch für die 150 Rinder auf der Staatsdomäne gleich höher.

    " Die Universität hat sich entschieden mit einer bedrohten Tierrasse anzufangen. Das ist das schwarzbunte Niederungsrind. Das ist ein Doppelnutzungsrind. Wir erwarten da eine längere Lebensleistung, es braucht viel weniger Kraftfutter, es bringt Fleisch und Milch, von den verschiedenen Gesichtspunkten passt es viel besser in den ökologischen und biologisch-dynamischen Betrieb."
    An der Kassler Universität plant Baars jetzt eine ganz neue Form der Mutterkuhhaltung. Nicht für die Fleisch-, sondern die Milchproduktion. Das heißt, die Kälber laufen nach der Geburt nicht neben ihrer Mutter her, um sich saftiges Fleisch anzufressen, sondern um die Hälfte der Milch zu trinken. Die andere Hälfte der Milch geht dann an die Verbraucher. Neben dieser besonderen "Milchvieh-Mutterkuhhaltung" will Ton Baars außerdem eine erste Zuchtstation für das vom Aussterben bedrohte Niederungsrind auf der Staatsdomäne in Frankenhausen aufbauen.

    " Da hinten gibt es jetzt Ställe für Abkalbungen und auch eine Stierbox. Aber wir haben Pläne um dort sechs Stierboxen zu machen. Und wir wollen auch eigentlich eine Art von Familienzucht hier auf dem Hof anfangen, das heißt das wir selbstständig sind und nur die Tiere, die es hier gut machen, da werden neue Bullen herausgenommen und die werden in die Herde zurückgebracht. Das ist ein System das könnte man Familienzucht nennen. Das System gibt es schon in Holland und ich will das nicht kopieren, aber weiterentwickeln."

    Ton Baars neuer Arbeitsplatz an der Universität Kassel, seine Professur für biologisch-dynamische Landwirtschaft ist eine reine Stiftungsprofessur. Für sechs Jahre zahlen verschiedene alternative Wirtschaftsunternehmen und Stiftungen 1,1 Millionen Euro. Der Bund oder das Land Hessen zahlen für Europas erste Professur für biologisch-dynamische Landwirtschaft bisher gar nichts.