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Kulinarisches aus dem Kosovo

Klaus Dünnhaupt, Vorsitzender von AGEF, einer Berliner Gesellschaft für Entwicklungszusammenarbeit, fährt regelmäßig in den Kosovo. Seine Organisation unterstützt gezielt Landwirtschaftsbetriebe in der Balkanprovinz, auch, um dort für rückkehrwillige Flüchtlinge Arbeitsplätze zu schaffen. Manche der landwirtschaftlichen Produkte, so schwärmt der Mikrobiologe Klaus Dünnhaupt, seien um ein Vielfaches besser als alles, was hierzulande erhältlich ist:

Von Dieter Wulf | 24.01.2003
    Ich könnte Ihnen Adressen sagen von Bauern, das ist Wahnsinn. Dagegen ist jeder Biobauer in Deutschland jemand, der mit der chemischen Keule arbeitet. Weil die Leute haben kein Geld, um sich große Chemie zu kaufen. Die haben keine Möglichkeit, Kraftfutter oder ähnliche Dinge zu verfüttern, sondern die Tiere sind im besten Sinne auf bestem Weideland, was auch seit Jahrzehnten eben wegen des Geldmangels nicht mit irgend welchem Kunstdünger bearbeitet worden ist, weiden diese Tiere dort das ganze Jahr draußen. Und so etwas gibt es nirgends in Deutschland.

    Doch Biofleisch aus dem Kosovo wird man trotz allerbester Qualität auch in absehbarer Zeit in keinem der EU-Länder kaufen können, so Klaus Dünnhaupt:

    Es ist also im Augenblick schlicht und ergreifend nicht möglich, für Fleischproduzenten aus Kosova überhaupt hier auf den deutschen Markt zu kommen. Sie können nicht mal an die deutschen KFOR Truppen liefern, weil die Hygienevorschriften der Bundeswehr und auch der anderen dort stationierten Truppenteile von KFOR verbieten, dass Lebensmittel an die Soldaten ausgegeben werden, die nicht nach EU-Standard hergestellt werden. Das heißt mit anderen Worten, jedes Stück Wurst und jedes Stück Fleisch, das unsere Soldaten im Kosovo essen kommt aus dem Bereich der EU.

    Nicht das Fleisch, sondern die Verarbeitung ist das Problem. Keiner der Schlachthöfe im Kosovo erfüllt bisher die für den EU-Import nötigen Standards. Da nützt auch das beste Fleisch nichts. Und das ist nur eines von vielen Beispielen, warum aus der Agrarprovinz Kosovo auch knapp vier Jahre nach Ende des Krieges so gut wie nichts exportiert wird. Und sogar der größte Teil der Lebensmittel für den eigenen Bedarf wird weiterhin importiert. Eine geradezu absurde Situation, findet auch Karin Lutze von AGEF:

    Auch heute noch sind die Importe immer noch viel zu hoch. Sie haben also viele Produkte, von denen sie eigentlich sicher sein können, die könnte Kosovo selbst herstellen. Käse beispielsweise oder so etwas wird immer noch in größeren Mengen aus dem Ausland importiert.

    Das Problem sind fehlende Rahmenbedingungen, die das Entstehen einer eigenen Landwirtschaft unterstützt. Statt dessen, so Klaus Dünnhaupt, wird der Markt mit allen möglichen fragwürdigen Produkten überschwemmt:

    Zum Teil kommen Produkte auch sehr preiswert aus bestimmten Regionen. Es gibt Leute, die behaupten, dass Milch aus der Ukraine aus bestimmten Gegenden, die nicht 100 Prozent radioaktiv freie Weiden haben, dass die Milch von solchen Weiden in anderen Ländern verarbeitet wird und die Milch dann als H-Milch nach dem Kosovo oder nach Bosnien oder so was preiswert importiert wird und damit das Entstehen einer Milchwirtschaft vor Ort eben auch blockiert. Denn solange der Markt abgesättigt ist, wird es kaum jemanden von den lokalen Unternehmern geben, der sich traut, gegen diese Konkurrenz anzugehen.

    Um Landwirten und Unternehmern aus dem Kosovo vorzuführen, wie die internationale Agrarwirtschaft funktioniert, brachte die Berliner Organisation AGEF erstmals rund siebzig albanische Bauern und Handelsvertreter aus der Balkanprovinz zur Grünen Woche nach Berlin. Schließlich bieten die Messehallen ihnen unzählige Fallbeispiele, wie man sein Produkt verpackt, vermarktet und verkauft. Trotz aller Schwierigkeiten hoffen einige der Kosovaren auf die Möglichkeit zum Export. So zum Beispiel Avni Shabani, dessen Firma Pilze verarbeitet:

    Überall im Kosovo haben wir Sammelpunkte und in Podojevo ein Zentrum zur Verarbeitung. Es geht um Halbfertigprodukte. Wir produzieren ganz nach dem Wunsch der Käufer.

    Doch im Gegensatz zu den sonst meist üblichen Zuchtpilzen, hat seine Firma sich auf Waldpilze spezialisiert. Hunderte von Mitarbeitern sammeln während der Saison in der gesamten Provinz jährlich bis zu 400 Tonnen der für ihr Aroma besonders beliebten Pilze. Eines der wenigen Produkte, das schon jetzt in der EU erhältlich ist. Für den Käufer allerdings nicht erkennbar:

    Die größte Schwierigkeit besteht darin, dass wir bisher unsere Produkte nicht selber vermarkten können, weil unser politischer Status immer noch ungeklärt ist. Und das führt dazu, dass wir unsere Produkte immer noch nicht als Kosovo eigene Produkte anbieten können. Daher werden unsere Pilze momentan in Italien verpackt und gehen als italienisches Produkt über die Ladentheke.