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Kulturpolitik
Museum zwischen Massenansturm und Finanznot

Vor allem kleine Museen leiden unter finanziellen Problemen, auch wenn die Zahl der Museumsbesucher insgesamt steigt. Gerade im regionalen Bereich seien Museen ein wichtiger Bildungsträger, meint der neue Präsident des Deutschen Museumsbundes, Eckart Köhne, und fordert von der Politik klare Schwerpunkte in der Kulturförderung.

Eckart Köhne im Gespräch mit Doris Schäfer-Noske | 18.05.2014
    Blick auf die Bundeskunsthalle in Bonn.
    Die Bundeskunsthalle in Bonn gehört zu den sogenannten "Leuchttürmen" in der Museumslandschaft. (Foto: Peter Oszvald; Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn)
    Doris Schäfer-Noske: Mit Sonderführungen, Workshops, Vorträgen und Festen ist heute der internationale Museumstag begangen worden. 1.750 von 6.400 Museen in Deutschland haben sich daran beteiligt. Der niedersächsische Ministerpräsident Weil eröffnete den Tag als amtierender Bundesratspräsident im Celler Schloss, wo zeitgleich die Schau "Reif für die Insel. Das Haus Braunschweig-Lüneburg auf dem Weg nach London" begonnen hat. In Berlin waren aber auch die Nacht zuvor schon viele Museen geöffnet - im Rahmen einer Museumsnacht. An solchen Aktionstagen sind die Museen ja erfahrungsgemäß gut besucht. Ich habe aber Eckart Köhne, den neuen Präsidenten des Deutschen Museumsbundes gefragt, wie es um die Besucherzahlen bestellt ist, wenn mal keine Aktionen stattfinden.
    Eckart Köhne: Die Besucherzahlen steigen weiter. Jedes Jahr ist ein kleiner Aufwachs zu verzeichnen. Aber es hängt sehr davon ab, wie aktiv die Museen sind, und diejenigen, die sich da um ihr Publikum bemühen, werden auch in der Regel belohnt.
    Schäfer-Noske: Vor zwei Jahren wurde pünktlich zum Museumstag ein Bericht über die Lage der Museen in Thüringen veröffentlicht. Der Museumsverband erklärte damals, die Lage der Museen abseits der Leuchttürme sei besonders dramatisch. Bei den Leuchttürmen, da werde noch saniert, da werde auch mal klimatisiert, während den Museen von Kommunen und Vereinen das Geld fehle. Hat sich denn da etwas verbessert?
    Köhne: Das ist nicht wirklich anders geworden. Das Problem ist, dass man im Zuge der Sparmaßnahmen mittlerweile auch versucht, beim Personal anzusetzen. Es ist ja so, dass Museen die Qualität ihrer Arbeit auch durch wissenschaftliches Personal erbringen müssen, und das ist besonders teures Personal, angeblich nicht mehr zu bezahlen, und da liegt ein Problem, dass diese Stellen runtergewertet werden und dass nicht wirklich mehr Wissenschaftler zum Beispiel Konzepte für Ausstellungen machen mit einer angemessenen Entlohnung, sondern dass tatsächlich hier versucht wird, da an der Geldschraube zu drehen. Das demotiviert! Man möchte ja auch, dass man anerkannt wird für das, was man tut. Bei den größeren Häusern ist es so: Die haben einen größeren Personalstamm, da kann man das eine oder andere ausgleichen. Aber auch da besteht natürlich die Gefahr, dass irgendwann dann die Substanz so aufgebraucht ist, dass man auch da dann nicht mehr wirklich adäquat arbeiten kann.
    Schäfer-Noske: Das Motto des Museumstages lautet ja "Sammeln verbindet". Aber Sie haben es ja schon ein bisschen angesprochen: Wie groß sind denn die regionalen Unterschiede bei den Museen in Deutschland?
    Köhne: Museen sind größte kulturelle Bildungseinheit
    Köhne: Das ist nicht so sehr ein regional großer Unterschied, sondern ein großer Unterschied vom Museumstyp her. Die Menge der Museen sind tatsächlich ehrenamtlich betriebene kleinere Museen, die auf der Basis von Vereinen arbeiten. Das können Heimatstuben sein, in der Volkskunde ist da besonders viel aktiv. Aber das Schöne ist, dass die Museen überall präsent sind. Ich sage immer, es ist die größte kulturelle Bildungseinrichtung, wenn man es auf die Fläche sieht. In manch einem Dorf ist der Supermarkt geschlossen, die Postfiliale ist eh schon lange weg, die Schule ist auch geschlossen worden, aber die Museen, die harren aus, um es mal so zu sagen, und das ist für die kulturelle Bildung und auch für die Identität in diesen Regionen enorm wichtig.
    Schäfer-Noske: Das heißt, es könnte jetzt keine Idee sein, die ja auch schon ab und zu mal aufgekommen ist? Da wurde gesagt, in Deutschland gibt es 6400 Museen, so viele wie in keinem anderen Land, es ist nicht genug Geld da. Da wurde auch schon mal die ketzerische Frage gestellt, ob man nicht vielleicht das eine oder andere dicht machen sollte.
    Köhne: Das hängt immer vom Einzelfall ab. Nicht jedes Museum ist so aufgestellt, dass es ohne Weiteres überleben kann. Aber ich sage noch mal: Die überwiegende Mehrzahl, wenn Sie jetzt auf diese Zahl 6.400 gehen, die werden ehrenamtlich betreut. Das ist bürgerschaftliches Engagement. Da zahlen die Städte oder Gemeinden oder Dörfer, die die beheimaten, sicherlich nicht mehr, als ein Gebäude zur Verfügung zu stellen, was sonst eh nicht genutzt würde. Die Mehrzahl der kleinen Museen werden durch ehrenamtliches Engagement getragen.
    Bei den Kommunen ist es so, oder bei den Landesmuseen: Da kommt man in eine Ebene, wo man wirklich mit dem Sparen vielleicht was erreichen würde jetzt auf dem Kassenzettel. Aber da ist es ja so, dass hier wirklich Werte von den Museen auch bewahrt und verwaltet werden. Museen bewahren das bewegliche kulturelle Erbe, und das zu bewahren ist eine Aufgabe, vor der sich kein öffentlicher Träger drücken sollte.
    Schäfer-Noske: Was müsste denn aus Ihrer Sicht passieren, damit es den Museen in Deutschland wieder besser geht?
    Köhne: Klare Schwerpunkte zur Finanzierung der Kultur erforderlich
    Köhne: Ich glaube, es wäre gut, wenn man in der Politik klare Schwerpunkte setzen würde. Nicht jedes Museum – wir hatten davon gesprochen – wird vielleicht überlebensfähig sein, aber auch nicht jede andere kulturelle Institution. Und man sollte eine klare Meinung haben, wo die Steuergelder hingehen. Schwierig wird es dann, wenn man versucht, alle zufriedenzustellen und jedem ein bisschen zu geben, denn ich glaube, mit diesem System kommt man recht bald an einen Punkt, wo alle zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel haben. Es müssen nur klare Entscheidungen sein, dann wissen nämlich alle, woran sie sind.
    Schäfer-Noske: Das war Eckart Köhne, der neue Präsident des Deutschen Museumsbundes, zum Internationalen Museumstag.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.