Donnerstag, 18. April 2024

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Kunst zu Mauerfall und Teilung
Gefühlte Grenzen nach der Wende

Die Teilung Deutschlands ist Geschichte. Die gefühlte Trennung ist Gegenwart. Die Ausstellung "Durch Mauern gehen" im Berliner Gropius Bau zeigt Arbeiten von 28 Künstlern zur Erfahrung, getrennt zu sein. Es geht um sichtbare und unsichtbare Grenzen sowie ihre Überwindung.

Carsten Probst im Gespräch mit Änne Seidel | 11.09.2019
Ein junger Mann fotografiert das Gemälde "Beach of Plenty" des Künstlers Michael Kvium in der Ausstellung "Durch Mauern gehen" zum 30. Jahrestag des Falls der Berliner Mauer im Martin-Gropius-Bau. Die Ausstellung läuft vom 12.09.2019 bis 19.01.2020
Das Gemälde "Beach of Plenty" des Künstlers Michael Kvium in der Ausstellung "Durch Mauern gehen" (dpa-Zentralbild / dpa / Britta Pedersen)
Vor 30 Jahren fiel die Berliner Mauer - nun beschäftigt sich die Ausstellung "Durch Mauern gehen" im Berliner Gropius Bau mit den Spaltungen und der Erfahrung, getrennt zu sein. Sie zeigt Arbeiten von 28 Künstlern, etwa Installationen, Gemälde oder auch ein Video der Performancekünstler Marina Abramovic und ihres Partners Ulay. Die "Berliner Mauer ist der Anlass", sagt Kunstkritiker Carsten Probst, "die Ausstellung will den Blick weiten auf historische Grenzen, unsichtbare Grenzen, auf gesellschaftlichen Ein- und Ausschluss." Die Berliner Grenze sie weg, aber die Flüchtlingsdebatte aktuell.
Trennung und Abstand
Es sei nicht wichtig gewesen, eine "geografische Checkliste aller Mauern auf dieser Welt" zu entwickeln, sagte einer der Kuratoren. Stattdessen wollten sie Besuchern ermöglichen, emotional in die Erfahrung des Getrenntseins einzutauchen. So zeigt ein Werk des dänischen Malers Michael Kvium Strandurlauber unmittelbar neben einem Flüchtlingsboot. Von der Fotografin Sibylle Bergemann sind Bilder aus der Zeit nach dem Mauerfall von 1989 zu sehen. Und die Spanierin Dora García bietet eine Performance: Zwei Menschen wahren den gleichen Abstand zueinander. Bewegt sich einer, muss der andere auch Abstand wahren.
Gespaltene Gesellschaft
Thema der Ausstellung seien auch die Mauern, die derzeit wieder in der Gesellschaft errichtet würden, sagte Direktorin Stephanie Rosenthal im Vorfeld der Ausstellung. Der Martin-Gropius-Bau in Berlin liegt direkt auf dem ehemaligen Mauerstreifen in der Umgebung des Potsdamer Platzes. Ein altes Stück der Berliner Mauer grenzt noch direkt an das Haus, ebenso wie die Gedenkstätte "Topografie des Terrors" auf dem Gelände des ehemaligen Gestapo-Gefängnisses aus der Zeit des Nationalsozialismus.
Für Kritiker Carsten Probst verfällt die Ausstellung "nicht in Wendenostalgie, sondern bemüht sich um aktuelle Bezüge." Sie kranke nur "ein wenig daran, dass die Beispiele weit hergeholt wirken."