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Kupfer verstopft Fischnasen

In Gewässern vorkommendes Kupfer blockiert die Nervenzellen des Riechsystems von Fischen. Das haben kanadische Forscher herausgefunden. Ihre Ergebnisse haben sie auf der Jahrestagung der Society for Experimental Biology in Valencia präsentiert. Viele Beutefische können so ihre Jäger nicht mehr wahrnehmen.

Von Michael Stang | 05.07.2013
    Bill Dew ist in den Weiten Kanadas aufgewachsen, unendliche Wälder und viele Seen, an denen man an freien Tagen zum Angeln fahren kann. Seit einigen Jahren interessiert sich der Biologe von der University of Lethbridge in Alberta auch beruflich für Fische.

    "Bei diesem Projekt untersuche ich, wie Fische riechen und damit ihre Umwelt wahrnehmen. Die große Frage ist: Wenn das Wasser einen bestimmten Stoff enthält, etwa Kupfer oder Nickel, wie verändert sich dann diese Wahrnehmung?"
    Diese Metalle sind reichlich in den Flüssen und Seen Kanadas vorhanden. Etwa vom Bremsstaub der PKW und LKW gelangen Kupfer und Nickel über das Regenwasser in den Boden und später auch in die Gewässer. Um zu testen, ob und wie einerseits Raubfische und andererseits Beutefische auf diese Verunreinigungen im Wasser reagieren, hat Bill Dew zunächst Amerikanische Flussbarsche und Goldritzen untersucht, später kamen noch andere Fischspezies zum Einsatz.

    "Bislang sind die Leute davon ausgegangen, dass ein Stoff entweder nichts bewirkt oder gleich das ganze Riechsystem außer Kraft setzt. Wir konnten jedoch zeigen, dass das sehr vielfältig ist und bestimmte Riechzellen nur auf bestimmte Stoffe reagieren. Und so konnten wir verschiedene Klassen dieser Zellen ausmachen."

    Das olfaktorische System der Fische sei viel komplizierter als bislang angenommen, so Bill Dew. Nachdem er dieses Riechsystem erforscht hatte, untersuchte er, bei welcher Konzentration der Stoffe im Wasser die Nervenzellen überhaupt beeinträchtigt werden. Das Ergebnis: Diese Neuronen sind sehr sensibel. Bei Kupfer lag die Schwelle bereits bei zwei Mikrogramm pro Liter. Die Grenze, bis zu der die kanadische Regierung eine Kupferkonzentration im Wasser für unbedenklich hält, liegt hingegen bei fünf Mikrogramm pro Liter. Ähnliches konnte der Wissenschaftler bei Nickel feststellen. Ab 25 Mikrogramm pro Liter wurden einige Riechzellen bereits blockiert, für unbedenklich hält die Regierung das Vierfache. Am meisten hätten ihn aber Auswirkungen der blockierten Sinneswahrnehmung überrascht:

    "Zusammengefasst heißt das, dass einige Stoffe die Fische beeinträchtigen können, andere hingegen kaum. Und ich konnte zeigen, dass Kupfer die Nervenzellen im Riechsystem der Fische blockiert, die den sogenannten Schreckstoff wahrnehmen. Dabei handelt es sich um eine Aminosäure, die Raubfische an ihrer Haut absondern. Normalerweise fliehen Beutefische sofort, wenn sie diesen Soff wahrnehmen. Ist das Wasser aber mit Kupfer kontaminiert, blockiert das Metall diese Nervenzellen im Riechsystem."

    Dies hat zur Folge, dass Beutefische in kupferkontaminiertem Wasser ihre Feinde nicht mehr frühzeitig entdecken können. Und egal, bei welcher Fischart Bill Dew diese Untersuchungen machte, das Ergebnis war stets das gleiche. Diese Tiere konnten die Raubfische nicht mehr entdecken und somit auch keinen Fluchtversuch starten. Damit dürfte sich in belasteten Gewässern zeitnah die Zusammensetzung von Jägern und Gejagten erheblich zum Beispiel zugunsten der Flussbarsche verschieben, denn die Raubfische sind davon nicht direkt betroffen: Die Jäger spüren ihre Beute überwiegend visuell auf. Und da Kupfer die Wahrnehmung von Aminosäuren blockiert, könnte diese Unfähigkeit des Riechens durch verunreinigtes Wasser weitere, bislang ungeahnte Folgen haben. Daher will Bill Dew als nächstens herausfinden, ob die Tiere in kontaminiertem Wasser auch bei der Nahrungssuche eingeschränkt sind. Sollte dies der Fall sein, werden Goldritzen in kupferbelasteten Gewässern entweder bald verhungern oder vorher aufgefressen.

    Bei diesem Projekt untersuche ich, wie Fische riechen und damit ihre Umwelt wahrnehmen. Die große Frage ist: Wenn das Wasser einen bestimmten Stoff enthält, etwa Kupfer oder Nickel, wie verändert sich dann diese Wahrnehmung?

    "Bislang sind die Leute davon ausgegangen, dass ein Stoff entweder nichts bewirkt oder gleich das ganze Riechsystem außer Kraft setzt. Wir konnten jedoch zeigen, dass das sehr vielfältig ist und bestimmte Riechzellen nur auf bestimmte Stoffe reagieren. Und so konnten wir verschiedene Klassen dieser Zellen ausmachen. Zusammengefasst heißt das, dass einige Stoffe die Fische beeinträchtigen können, andere hingegen kaum. Und ich konnte zeigen, dass Kupfer die Nervenzellen im Riechsystem der Fische blockiert, die den sogenannten Schreckstoff wahrnehmen. Dabei handelt es sich um eine Aminosäure, die Raubfische an ihrer Haut absondern. Normalerweise fliehen Beutefische sofort, wenn sie diesen Soff wahrnehmen. Ist das Wasser aber mit Kupfer kontaminiert, blockiert das Metall diese Nervenzellen im Riechsystem."