Freitag, 29. März 2024

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Kurier-Drohnen
Die elektronische Brieftaube

Nach Amazon testet nun auch DHL den Einsatz von Drohnen für die Postzustellung. Die größte technische Herausforderung sei derzeit, diese Kleinstdrohnen Hindernisse erkennen und automatisch umfliegen zu lassen, sagt Peter Vörsmann von der TU Braunschweig.

Peter Vörsmann im Gespräch mit Mario Dobovisek | 09.12.2013
    Mario Dobovisek: Aufhorchen ließen vergangene Woche die Pläne von Amazon und UPS: Der Internet-Händler und der Paketdienst wollen den Einsatz kleiner Drohnen für die Paketzustellung testen. Die Deutsche Post zieht nach. Von heute an will ihre Pakettochter DHL fünf Tage lang in Bonn Paket-Drohnen von einer Rheinseite zur anderen fliegen lassen und Erkältungsmedikamente ausliefern, allerdings nur an Postmitarbeiter. Am Telefon begrüße ich Peter Vörsmann, rund zehn Jahre lang erforschte er an der Technischen Universität in Braunschweig die Möglichkeiten unbemannter Fluggeräte. Seit Oktober ist er im Ruhestand und jetzt am Telefon. Guten Morgen, Herr Vörsmann!
    Peter Vörsmann: Schönen guten Morgen, Herr Dobovisek.
    Dobovisek: Amazon, UPS, DHL – alles nur PR, alles nur Werbung?
    Vörsmann: Ja da ist natürlich eine gehörige Portion Werbung dabei. Aber wir haben in der Vergangenheit schon eine Menge Herausforderungen gemeistert, um solche Drohnen, Kleinstdrohnen fliegen lassen zu können, und da wird noch eine Menge mehr kommen. Es gibt aber viele Fragen, die noch zu beantworten sind.
    Dobovisek: Wie realistisch ist es denn, dass künftig kleine ferngesteuerte oder gar vollautomatische Drohnen über unsere Köpfe hinwegfegen, fliegen und uns die Pakete vor die Tür legen?
    Vörsmann: Na schauen Sie mal, wir haben heute U-Bahnen, die fahren ohne Zugführer, und es gibt Drohnen, die sehr klein sind. Aber die Frage ist natürlich, in welchem Luftraum dürfen sie fliegen, können sie Hindernisse sehen, können sie Hindernisse umfliegen, wer darf solche Drohnen fliegen lassen? Da gibt es noch eine große Grauzone im rechtlichen Bereich.
    Dobovisek: Welche Hürde ist da größer, die technische oder die juristische?
    Vörsmann: Beide Hürden sind groß. Bei der technischen Hürde sehe ich zurzeit die große Herausforderung, Hindernisse zu erkennen und sie dann auch automatisch zu umfliegen. Wenn sie wirklich automatisch fliegen und nicht, wie heute gefordert, bei einem automatischen Flug noch ein Pilot am Boden ist, der jederzeit eingreifen kann.
    Dobovisek: Wie weit sind wir da? Wie weit ist die Forschung in dieser Automatisierung?
    Vörsmann: Die große Herausforderung vor zehn Jahren war, überhaupt einen Autopiloten zu entwickeln, der mit Kreiseln, Beschleunigungsmessern, Flugregelung bei solchen Drohnen heute 25 Gramm wiegt. Alleine das ist schon mal unvorstellbar. Das hat man aber gemeistert und jetzt kommt diese große Herausforderung. Man muss ja an Sicherheit denken. Die Luftfahrt ist groß geworden, weil sie wirklich eine Sicherheit erreicht hat, die für den normalen Bürger akzeptiert ist, aber technisch fast unvorstellbar war. Und diese Sicherheit, die muss man auch bei den Drohnen erreichen. Ausfallsicherheit, Zuverlässigkeit, und da ist noch eine Menge zu tun.
    Dobovisek: Ist das möglich? Wenn wir uns gerade den Euro-Hawk anschauen, da hapert es ja an der Sicherheit, obwohl es eine ziemlich große Drohne ist.
    Vörsmann: Ja, man muss bei der Systemauslegung, wenn man anfängt, natürlich das gleich mit berücksichtigen. Die Drohnen, die heute von Amazon oder anderen geflogen werden, sind "proof of concept", wie wir sagen, man kann eine Machbarkeit nachweisen. Aber um sie mit einer großen Ausfallsicherheit fliegen zu lassen, da ist noch eine Menge zu tun.
    Dobovisek: Für welche Bereiche wäre der Einsatz von solchen kleinen Drohnen interessant?
    Vörsmann: Wenn wir kommerziell denken – ich habe vor zehn Jahren schon gesagt, lasst uns doch mal eine elektronische Brieftaube entwickeln. So ein Brief, ein Standardbrief, wiegt ja maximal 20 Gramm. Den schiebe ich dann unter den Rumpf einer solchen Drohne und wenn ich an solche Leute denke wie Kuriere, Radfahrer, da kann man sicherlich das eine oder andere heute auch mit einer Drohne machen. Aber wie im Automobilbereich: Batterien sind auch dort ein Thema. Diese ganzen Drohnen, die Sie sehen, von Amazon oder wem auch immer, haben ja Elektromotoren und durch diese kleinen Elektromotoren, die heute auch möglich sind, brauche ich Batterien, und die sind verdammt schwer. Auch wenn Sie jetzt so etwas sagen: Ich fliege über den Rhein – das heißt, ich kann über den Rhein fliegen. Aber zustellen über 20 Kilometer mit diesen Batterien, die wir heute haben, und einem Paket halte ich noch für unrealistisch.
    Dobovisek: Der Weg für die automatischen Flugdrohnen für den Paketdienst, das ist noch ein weiter, sagen Sie. Professor Peter Vörsmann war das über die Drohnen-Versuche von DHL, Amazon und Co. Vielen Dank dafür!
    Vörsmann: Gerne!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.