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Kurs der SPD
Keine Abstimmung über GroKo bei Parteitag

Niemand hat die Absicht, eine GroKo zu verlassen. Die designierten Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans rudern zurück. Keine Ultimaten an die Union, keine Deadlines - so scheint die Marschrichtung vor dem Bundesparteitag der SPD zu lauten.

Von Frank Capellan | 05.12.2019
Das Foto zeigt ein Pult mit Logo der SPD im Willy-Brandt-Haus in Berlin.
Das Foto zeigt ein Pult mit Logo der SPD im Willy-Brandt-Haus in Berlin. (imago / IPON)
Er ist so klein. Sigmar Gabriel. Der Ex-Chef. Der Ex-Außenminister. Nicht, weil er nichts mehr ist in seiner SPD. Nein, einfach nur weil er da neben einem ganz Großen steht. Gestern Abend in Berlin. Einem aus dem Sport: Dirk Nowitzki. Ex-Basketballer. 1,78 gegen 2 Meter 13 das ist schon mal eine Marke.
"Es gibt Zahlen, die Dirk Nowitzki ganz gut beschreiben, die lauten 41, 21, 1, sagen die Ihnen was? – Ich hoffe, dass das nicht die Tendenz der Prozentzahlen meiner Partei ist…"
Ein wenig müsste ihm diese Sorge ja genommen worden sein. Denn niemand hat die Absicht, eine GroKo zu verlassen. Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans rudern zurück. Der Druck aus der alten Spitze, so scheint es, war zu groß. Verbales Abrüsten ist angesagt. Keine Ultimaten, keine allzu konkreten Forderungen an die Union, keine Deadlines. Der Groko-Showdown ist abgewendet.
Kühnert: "Moinsen aus dem Willy Brandt Haus. Ich bin Kevin!"
Ausgerechnet der Juso-Chef
Und Kevin Kühnert mischt sich ein ins Spiel. Wer eine Koalition verlässt, gibt einen Teil der Kontrolle aus der Hand, warnt der Juso-Chef, ausgerechnet er, der doch immer gegen die Groko war.
"Ich dachte, es wäre sinnvoll, sich hier mal zu melden, weil es ging ja ganz schön was ab heute Morgen."
Kühnert ein Umfaller, so will er nicht da stehen, der Unterstützer der beiden Novizen an der SPD-Spitze. Nein bekräftigt der Mann, der morgen zum Vize gewählt werden möchte. Ich wollte den Delegierten nur sagen darüber nachzudenken, wohin ihre Entscheidung führen kann. Mehr habe ich nicht gemeint.
"Und ich maße mir überhaupt nicht an, den Delegierten irgendwelche Empfehlungen zu geben oder gar sie zu warnen. Und ich habe auch keine Angst, mit der SPD in den nächsten drei Monaten – wenn es sein muss – in den Bundestagswahlkampf zu ziehen, an mir soll es nicht scheitern!"
Niemand hat jemals vorgehabt, einen Koalitionsvertrag neu zu verhandeln sagt er noch - das allerdings war irgendwie anders angekommen. Investitionspaket, Schluss mit der Schwarzen Null, zwölf Euro Mindestlohn. Hatte nicht Saskia Esken Bedingungen formuliert für den Verbleib in der Koalition?
"Am Nikolaus ist GroKo-Aus" hatten die Jusos schon frohlockt, weil Esken eine Frage zu einer entscheidenden machte für die Delegierten: "Glauben wir als Parteitag, wir können mit der Union diese wichtigen Zukunftsfragen ja oder nein? – Das hängt jetzt davon ab, ob noch Nachverhandlungen zugelassen werden oder nicht? - Ganz genau! - Das heißt, wenn die Union nicht Nachverhandlungen zulässt, dann sagen Sie auf dem Parteitag, jetzt ist Schluss?! – Ja, das ist meine Empfehlung!"
Eine Groko-Abstimmung soll es nicht geben
Jetzt wird anderes empfohlen. Der Leitantrag hat die Sache entschärft. Eine Groko-Abstimmung soll es nicht geben. Weder Deadlines noch Daten, die die Union allzu sehr bedrängen, Gespräche statt Nachverhandlungen. Keine Forderungen, die den eigenen Finanzminister und Vizekanzler in den Rücktritt treiben könnten. Esken und Walter-Borjans wurden offensichtlich zur Raison gebracht. Läuft! Scheint sich Generalsekretär Lars Klingbeil zu denken, der möchte, dass seine Sozis im Groko-Team bleiben
Klingbeil: "Und ich habe immer deutlich gemacht. Ich will, dass dieser Weg weitergeht. Und ich stehe dafür auch zur Verfügung."
Dass Esken und Walter-Borjans ihn zur Wiederwahl vorschlagen bedeutet auch schon etwas Kontinuität. Klara Geywitz, die Unterlegene, soll als Parteivize eingebunden werden, Hubertus Heil wäre auch noch einer, der dafür sorgen könnte, dass nicht doch noch jemand auf die Idee kommt eine Koalition zu verlassen… Die Partei rauft sich zusammen, Teamplay ist vonnöten würde der Sportler sagen.
"Man muss sich respektieren, man muss zusammen arbeiten können. Man muss zusammen Spaß haben können und man muss füreinander kämpfen können. - Was kann die SPD davon lernen? - Dirk Nowitzki folgen!"
"Make SPD great again" - wie Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans das anstellen wollen, bleibt am Tag vor dem Parteitag vielen rätselhaft.