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Kurz erklärt
Das Eurozonen-Budget

Der Euro führt zu einer wachsenden Divergenz bei der Wohlstandsentwicklung im Euroraum, anders als gedacht. Das Eurozonen-Budget, das auf eine Idee des französischen Staatschefs Emmanuel Macron zurückgeht, soll diese Unterschiede ausgleichen. Doch es gibt Widerstand gegen diese Idee.

Von Peter Kapern | 13.06.2019
Eine Hand hält mehrere 500-Euro-Scheine.
Die Finanzminister der EU-Mitglieder beschäftigen sich mit dem Eurozonen-Budget (APA/Barbara Gindl/picture alliance )
Warum wird ein eigenes Budget für die Eurozone eigentlich benötigt?
Als Emmanuel Macron im Herbst 2017 seine Idee eines eigenen Haushalts für die Eurozone vorstellte, machte er auf eine Tatsache aufmerksam, die seit dem Beginn der Währungsunion immer deutlicher zutage tritt. Der Euro führt, anders als gedacht, nicht dazu, dass die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den Euroländern immer kleiner werden. Ganz im Gegenteil: Statt zu einer Konvergenz führt die Gemeinschaftswährung zu einer wachsenden Divergenz, zu einem Auseinanderlaufen bei der Wohlstandsentwicklung. Diese größer werdende Diskrepanz soll durch den Einsatz der Mittel aus dem Eurozonen-Budget verringert werden.
Warum gibt es bis heute Widerstand gegen diese Idee?
Weil ein Teil der Euroländer der Auffassung ist, die diejenigen Länder, die seit der Euro-Einführung an Boden verloren haben, selbst für diese Entwicklung verantwortlich sind. Insbesondere die Niederlande, aber auch andere nord- und osteuropäische Länder, stehen der Idee eines Eurozonenbudgets deshalb skeptisch gegenüber, auch wenn sie dessen Einführung mittlerweile prinzipiell zugestimmt haben. Sie argumentieren, dass die wirtschaftlichen Verlierer der letzten Jahre allein durch die Einhaltung der in der Eurozone geltenden Regeln und durch Strukturreformen zurück auf den Erfolgsweg geführt werden können.
Was soll mit den Mittel aus dem Eurozonen-Haushalt finanziert werden?
Das ist eine der Fragen, die bis zum EU-Gipfel der nächsten Woche noch geklärt werden müssen. Das Geld aus dem Eurozonenhaushalt soll einerseits für öffentliche Investitionen in die Infrastruktur wirtschaftlich abgehängter Regionen verwendet werden. Andererseits sollen mit dem Geld Länder unterstützt werden, die Strukturreformen umsetzen. Frankreich hatte darüber hinaus gefordert, dass ein Eurozonenbudget auch Geld bereithalten müsse für Länder, die unverschuldet in wirtschaftliche Nöte kommen. Etwa durch einen externen Schock. Mit Geldern aus dem Eurozonenbudget, so das Argument, könne ein externer Schock abgefedert werden, ohne dass die betroffenen Länder die Krise durch Sparprogramme noch verschärfen müssten. Für diese Idee gibt es im Kreis der Euroländer aber keine ausreichende Zustimmung. Der Eurozonenhaushalt wird deshalb wohl nicht mit einer Stabilisierungsfunktion ausgestattet, die diesen Namen verdienen würde.
Woher kommt das Geld?
Auch diese Frage ist noch nicht abschließend geklärt. Fest steht: Das Eurozonen-Budget wird aus den allgemeinen Mitteln finanziert, die der EU zur Verfügung stehen. Da dies zu Verteilungskämpfen führt, dürfte das Eurozonenbudget durchaus überschaubar ausfallen. Außerdem gibt es die Überlegung, der EU neue Geldquellen zu erschließen, wie die geplante Finanztransaktionssteuer. Und schließlich gibt es die Idee, das Budget aus Mittelzuweisungen aus den Euroländern aufzustocken.
Wie groß wird das Eurozonen-Budget sein?
Eine weitere, noch offene Frage. Spätestens im nächsten Jahr wird die EU ihre mittelfristige Finanzplanung für die Fünfjahresperiode ab 2021 beschließen. In diesem Zusammenhang wird dann auch die Größe des Eurozonen-Budgets ausgehandelt. Derzeit deutet manches darauf hin, dass dieser Haushalt zunächst mit einer sehr überschaubaren Summe ausgestattet sein wird: Von rund 20 Milliarden Euro für fünf Jahre ist die Rede. Eine Öffnungsklausel für zusätzliche Einzahlungen der Mitgliedstaaten könnte den Haushalt allerdings in der Zukunft anders dastehen lassen. Wir fangen klein an, sagte gerade ein EU-Diplomat, aber wir können wachsen!
Wer entscheidet, wofür das Geld ausgegeben wird?
Die ursprüngliche Idee Emmanuel Macrons: Der Geldtopf soll von einem Eurozonen-Finanzminister und einem Eurozonen-Parlament kontrolliert werden. Dagegen gab es massiven Widerstand. Von vielen Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, die eine Spaltung der EU in Euro- und Nicht-Euroländer keinesfalls vertiefen wollten. Und von Seiten der EU-Kommission und des Europaparlaments, die fürchteten, dass die Gemeinschaftsinstitutionen durch das Eurozonen-Budget geschwächt werden könnten zugunsten der Regierungschefs. Von Macrons Forderungen ist deshalb nicht viel übrig geblieben. Da das Eurozonen-Budget Teil des EU-Haushalts sein soll, wird es unter der Kontrolle der Kommission und des Europaparlaments stehen. Und eine Spaltung der EU in Euroländer und Nicht-Euroländer soll dadurch verhindert werden, dass vom Eurozonen-Budget auch jene Mitgliedstaaten profitieren, die zwar noch nicht den Euro eingeführt haben, sich aber darauf vorbereiten.